St. Leonhard in Passeier. Hinnerk Smolka hat sich den Ruf als Aufstiegsgarant erworben. Warum der Hamburger trotzdem nichts versprechen will.

Als sein letzter Schuss die Latte des Minitores verfehlte, stand fest, dass Hinnerk Smolka den kleinen Wettbewerb vor dem Vormittagstraining gegen Torwart Nikola Vasilj verloren hatte und fortan das mit dem Wort „Hähnchen“ beschriftete Leibchen tragen musste. Für den seit rund drei Wochen tätigen Teamcoach des FC St. Pauli war diese „Strafe“ kein Problem, schließlich sieht er es als einen Teil seines Jobs an, bei solchen Spaßaktionen der Mannschaft und des Funktionsteams mitzumachen.

Darüber, was eigentlich genau seine Aufgabe im Gefüge des Zweitligateams ist, sprach der 40 Jahre alte Smolka jetzt im Trainingslager des FC St. Pauli in Südtirol zum ersten Mal öffentlich. Und diese ist, um es vorwegzunehmen, vielschichtig und nicht so einfach zu benennen, wie etwa das, was ein Athletiktrainer in der Arbeit mit den Spielern zu tun hat.

Der FC St. Pauli setzt erstmals auf einen Teamcoach

„Was ich mache, ist ein relativ neues Feld im Profisport. Meine Aufgabe besteht grundsätzlich darin, einen Zusammenhalt herzustellen, der im Stress Bestand hat. Es geht um professionelle zwischenmenschliche Beziehungen, damit man im Wettkampfstress zueinander findet statt voneinander weg“, sagt er und meint bestimmte Situationen wie etwa bei Gegentoren.

Im Trainingslager gibt er nahezu täglich ein Teamcoaching für die gesamte Mannschaft, das jeweils auf rund 45 Minuten angesetzt ist, aber auch schon mal länger dauern kann, wenn die Spieler Bedarf anmelden. „Ich bin ein Dienstleister, also ein Externer, der sehr nah am Team ist und gleichzeitig Abstand halten muss. Ich möchte das ganze System reflektieren, Coaches bis Spieler, dementsprechend ist dies ein Balanceakt für mich“, beschreibt er sein Handeln. „Der erste Bereich ist, dass ich das System lese und Vertrauen aufbaue. Das dauert sehr lange. Gefühlt bin ich jeden Tag da. Ich schaue mir alles an und jedem über die Schulter“, sagt er.

"Balanceakt" zwischen Nähe und Distanz zum Team

Bereits seit rund 15 Jahren ist Hinnerk Smolka in diesem Bereich tätig. Gemeinsam mit seinem Onkel, dem Unternehmensberater Jörg Smolka (70), betreibt er die in Hamburg-Eppendorf ansässige Firma „Smolka Teamcoaching“ und hat neben diversen Sportteams mehrere namhafte Firmen auf seiner Kundenliste.

„Die meisten fangen zu spät an, über Stressmechanismen zu sprechen, nämlich erst dann, wenn der Konflikt eskaliert. Wir machen das frühzeitig“, sagt er und vergleicht seine Tätigkeit mit einem Spurhalte-Assistenten im Auto. „Der sagt einem auch: ,Pass auf, du fährst gerade ein bisschen zu weit nach rechts oder links.‘ Die Hauptaufgabe besteht darin, das Team zu befähigen, miteinander zu sprechen.“

Vier Teams schafften mit Smolkas Hilfe den Aufstieg

Mittlerweile eilt Hinnerk Smolka der Ruf eines Aufstiegsgaranten voraus. Im Basketball schaffte Rist Wedel den Sprung in die Zweite Liga Pro B, und den Veolia Towers Hamburg glückte 2019 der Bundesligaaufstieg, nachdem sie seine Dienste in Anspruch genommen hatten.

Im Fußball waren es die A-Junioren des Eimsbütteler TV, die in die Bundesliga stürmten, und zuletzt die ersten ETV-Herren, die nur ein Jahr nach dem Oberliga-Aufstieg auch in die Regionalliga aufrückten. Hier kam auch der Kontakt zu St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler zustande, der gelegentlich selbst im Team gespielt hatte, ehe er St. Paulis Cheftrainer wurde.

„Ich verspreche gar nichts“, stellt Smolka selbst klar auf die Frage nach einer Aufstiegsgarantie für den FC St. Pauli. „Am Ende müssen alle Beteiligten die Arbeit machen. Ich bin nur derjenige, der hilft.“

Basketballer Hollatz: "Er war immer für einen da"

Einer, der die Arbeit von Hinnerk Smolka unmittelbar erlebt hat, ist Basketball-Nationalspieler Justus Hollatz. Der 22-Jährige spielte bis 2022 bei den Towers und gehörte zum Aufstiegsteam. „Seine Übungen hat er mit uns immer auf eine sehr interessante Art und Weise gestaltet, um so klar wie möglich zu machen, dass man als Team deutlich stärker ist“, sagte der Point Guard dem Abendblatt.

Und weiter: „Aber auch, wenn man privat Pro­bleme hatte, war er immer für einen da und konnte einem weiterhelfen. Ich denke, es ist immer wichtig, eine Vertrauensperson zu haben, die gar nicht so sehr aus dem jeweiligen Sport kommt, noch mal anders auf alle Dinge guckt und die mentale Seite genau kennt.“