Dunfermline/Hamburg. Die Hamburger überzeugen in Schottland. Doch in der Offensive gibt es auch nach der Albers-Verpflichtung noch viel Potenzial.
The Wakes ließen es richtig krachen. Bis Mitternacht schüttelte die Rockband Fans und Funktionäre des FC St. Pauli im Alhambra-Theater in Dunfermline zum Abschluss des dreitägigen Schottland-Trips durch.
Präsident Oke Göttlich, ein Musik-Connaisseur, tanzte mit, Sicherheitschef Sven Brux ließ sich gar erst in der Nacht auf Sonnabend vom Frontmann der Wakes zurück ins Teamhotel nach Motherwell fahren. Wo die Mannschaft, die nur kurz beim Konzert vorbeischaute, längst artig schlief.
Zwei Stürmertore von St. Pauli
Sie hatte es ja auch zuvor schon krachen lassen. Beim 3:0-Sieg durch Tore von Johannes Eggestein, Hauke Wahl und David Otto im ersten Vorbereitungstest beim schottischen Zweitligaaufsteiger Dunfermline Athletic FC mit dem, was zählt.
Aber und vor allem auch mit dem, was nicht zählt. Nämlich dem Lattenkracher per traumhaften Fallrückzieher von Etienne Amenyido sowie gleicher spektakulärer Aktion, einem Flugkopfball und Hackentrick durch den neu in den Kader gerückten, 19 Jahre alten Bennet Winter.
Ist Albers die Lösung?
Sodass – obwohl zur ganzen Wahrheit auch zwei Stürmertore gehören – direkt wieder Fragen über den Angriff, in der abgelaufenen Saison einer der wenigen Schwachpunkte der Hamburger, aufkamen. Soll deren Antwort der am Freitag vom Zweitligaabsteiger SSV Jahn Regensburg verpflichtete Andreas Albers geben?
Jein! Es ist zu erwarten, dass der 33 Jahre alte Däne durch bessere Mitspieler am Millerntor als in der Oberpfalz zu mehr als sechs Saisontreffern in der Lage sein sollte. Doch niemand erwartet vom zweifachen Vater, zum zweiten Robert Glatzel zu mutieren. „Er läuft extrem geschickt an, ist gut und präsent in der Box, auch um Bälle festzumachen“, sagt St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler über Albers.
Spielraum für weitere Verpflichtung
Die bisherige Transferpolitik der ablösefreien Verpflichtungen lässt, sofern die Notwendigkeit gesehen wird, clevererweise Spielraum für den Kauf eines Offensivknallers. Angesichts von St. Paulis Spielidee ist dies aber nicht zwingend erforderlich. Hürzeler, der in Schottland eine Viererkette testete, stellt andere Voraussetzungen an seine Stürmer.
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„Ich erwarte primär von ihnen, dass sie die Ersten sind, die anlaufen, und defensiv gut arbeiten“, sagte der 30-Jährige, der auch daher von einem Spiel sprach, dass „im Großen und Ganzen in Ordnung“ gewesen sei, weil „wir nichts zugelassen haben und bei den Kontern gut gestaffelt waren“.
Sturm tief besetzt
Allerdings sah auch Hürzeler gegen die für deutsche Verhältnisse bestenfalls drittklassigen Schotten die offenkundigsten Defizite seiner Mannschaft, die zugegebenermaßen erst seit einer Woche wieder trainiert, was die Erkenntnislage überschaubar macht. „Wir haben in der ersten Hälfte die Breite des Platzes nicht voll ausgenutzt und müssen generell dahinkommen, dass wir mehr Chancen kreieren und viel torgefährlicher werden“, sagte der Coach.
Fakt ist, dass St. Pauli im Sturm mit Albers, Eggestein, Otto, Amenyido, Maurides und Winter tief besetzt ist. Die beiden Letztgenannten dürften sich hintanstellen. Maurides erholt sich noch von seiner Meniskus-OP und muss körperlich erst in Form kommen.
Winter zeigt gute Ansätze
Zumal Albers’ Fähigkeiten, vor allem staturbedingt, sich mit denen des Brasilianers teilweise decken, obwohl Hürzeler die Unterschiede beider betont: „Das sind andere Spielertypen, wenn man auf die fußballerischen Daten schaut. Zumal Andreas im Gegensatz zu Mauri die Zweite Liga sehr gut kennt.“
Dass ambitionierte Zweitligahoffnungen nicht auf den Schultern eines Teenagers ruhen können, lernte St. Pauli am Beispiel Igor Matanovic zuletzt direkt kennen. Dies wiederum dürfte Winter, der mit fortgeschrittener Physis beeindruckt, vorerst ausbremsen.
Smith: "Wir Skandinavier sind top"
Der aus Hemeringen im Landkreis Hameln-Pyrmont stammende Youngster bringt aber zumindest einiges mit, um mittelfristig zum Sturmkracher zu avancieren. „Am besten an ihm gefällt mir, wie gut er zuhört, wie wissbegierig er ist. Für sein Alter besitzt Bennet eine reife Spielanlage, kann den Ball festmachen und gute Tiefenläufe ansetzen“, sagt Hürzeler.
Eine kurzfristige Perspektive dürfte Winter, der in Schottland sehr gefiel, dennoch nicht haben. „Wir wollen bei St. Pauli junge Spieler entwickeln, werden uns aber genau anschauen, ob wir das Profil von Bennet schon im Kader haben oder noch benötigen“, sagt Hürzeler.
Eric Smith ist dagegen überzeugt, den Kracher in Albers bereits gefunden zu haben. „Er ist Skandinavier, also was erwartet ihr?“, fragte der Schwede. „Wir sind fußballerisch und menschlich top.“