Kiel/Hamburg. Auch nach dem Ende des Aufstiegstraumes sind die Kiezkicker noch ehrgeizig. Was Spieler und Verantwortliche jetzt antreibt.

Nein, eine Belohnung seien die beiden freien Tage am Wochenende nicht, betonte Fabian Hürzeler nach dem wilden 4:3 (1:1)-Auswärtssieg seiner Mannschaft des FC St. Pauli beim Nordrivalen Holsten Kiel am Freitagabend. Vielmehr sollten die Spieler frisch und auf demselben Belastungsniveau in den ungeliebten Laktattest gehen, der an diesem Montag für die Braun-Weißen auf dem Programm steht.

Diese Belastungsprüfung ist praktisch schon ein Vorgriff auf die kommende Saison, denn auch anhand der dabei ermittelten Laktatwerte erhalten die einzelnen Spieler ihre Pläne für ein individuelles Training in dem am Pfingstmontag beginnenden, gut dreiwöchigen Sommerurlaub.

FC St. Pauli: Spieler müssen Laktattest absolvieren

Bei aller Notwendigkeit der Regeneration nach einer intensiven und aufreibenden Saison soll ein gewisser Fitnesslevel gehalten werden, um auf ansprechendem körperlichen Niveau in die Vorbereitung auf die neue Spielzeit einsteigen zu können. Zeiten, in denen sich Spieler im Sommerurlaub vier Kilo und mehr an Übergewicht zulegten, sind weitestgehend vorbei.

Vorbei ist seit Sonnabendabend für die St. Paulianer auch der letzte kleine Hauch von Chance darauf, den HSV noch von Platz drei verdrängen zu können, der nach dem eigenen 4:3-Sieg in Kiel für rund 26 Stunden bestand, ehe der Stadtrivale Fürth mit 2:1 bezwang und damit in der Tabelle seinen Sechs-Punkte-Vorsprung wiederherstellte.

Rückrundenrekorde sind noch möglich

Dennoch besitzt das letzte Saisonspiel am Pfingstsonntag zur Erstliga-Anstoßzeit 15.30 Uhr noch einiges an sportlicher Bedeutung. Da sind zum einen die beiden Zweitliga-Rekorde, die mit einem Sieg gegen den Karlsruher SC erreicht werden können. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 hat noch nie eine Mannschaft 43 Punkte in einer Halbserie gesammelt. Und auch 14 Siege in den 17 Spielen einer halben Saison hat noch keiner geschafft.

„Ich bin kein Fan von irgendwelchen Statistiken und Rekorden. Wenn wir gewinnen, bin ich froh, wenn wir verlieren, bin ich sauer und enttäuscht. Und wenn es dann Rekorde sind, dann ist es so“, betonte Hürzeler nach dem auch schon siebten Auswärtssieg unter seiner Regie. Dem 30-Jährigen dürfte dennoch sehr bewusst sein, dass er in seiner Amtszeit seit dem vergangenen Dezember eine überaus starke Duftmarke im Verein und auch in der gesamten Liga gesetzt hat. Sein Ehrgeiz ist, Rekorde hin oder her, ungebrochen.

Hürzeler kritisierte sein Team trotz des Sieges

Nach dem Spiel in Kiel kritisierte er seine Mannschaft trotz des Sieges und der vier Tore für den Auftritt in der ersten Halbzeit und in der hektischen Schlussphase. „Es waren nur phasenweise 100 Prozent von uns, aber nicht über 90 Minuten. Deshalb hoffen wir, dass wir das dann im letzten Spiel hinkriegen“, sagte Hürzeler und demonstrierte ein weiteres Mal seinen unbestreitbaren Hang zur Perfektion.

Auch Co-Kapitän Leart Paqarada bestritt, die beiden noch erreichbaren Liga-Rekorde im Blick zu haben, sagte andererseits aber auch: „13 Siege bei nur zwei Niederlagen sind schon eine große Sache. Das macht riesig Spaß. Es geht für die Mannschaft jetzt darum, das ein bisschen zu genießen und trotzdem diese Bayern-Mentalität zu haben und zu sagen, wir haben jetzt 13 Siege, jetzt wollen wir auch den 14.“ Dabei konnte er nicht ahnen, dass dem FC Bayern tags darauf eben diese Qualität abhanden kommen würde.

Paqarada spricht von „Bayern-Mentalität“

Grundsätzlich pflichtete auch Stürmer Lukas Daschner, der sich mit seinem Tor zum 3:1 und nun neun Saisontreffern allein an die Spitze der teaminternen Torjägerliste setzte, Paqarada bei. „Wenn man so eine Serie hatte wie wir mit den zehn Siegen am Stück, dann will man auch die beiden letzten Spiele gewinnen. Wir hatten es unter der Woche angesprochen, dass das unser großes Ziel ist, und dafür arbeiten wir auch jetzt Tag für Tag bis zum Sonntag.“

Fehlen wird beim Saisonfinale gegen Karlsruhe zwangsweise Außenstürmer Oladapo Afolayan, der in Kiel mit dem Tor zum 1:1 und der Vorlage zur 3:1-Führung erheblichen Anteil am Sieg hatte. Warum er von Schiedsrichter Robert Kampka mit Gelb-Rot vom Platz gestellt wurde, konnte der Engländer, der nach einer Behandlung wieder auf das Spielfeld gerannt war, nicht begreifen. „Er hat mir das Zeichen gegeben, dass ich zurück auf den Platz kommen soll. Und dann wirft er mich hinaus. Ich weiß nicht, wen er sonst gemeint habe könnte. Das stand kein anderer“, beteuerte Afolayan.

Unterdessen schien Trainer Hürzeler auch nach dem Spiel in Kiel schon weit über das Finale am kommenden Sonntag hinaus in Richtung neuer Saison zu denken, als er sagte: „Wir können darauf aufbauen, was wir in der starken Phase der zweiten Halbzeit, als wir verdient 4:1 in Führung gegangen sind, gezeigt haben. Wir wissen aber auch, dass es noch viele Dinge gibt, die wir verbessern können.“ Das klang doch sehr danach, dass er sich noch eine Menge mit dem FC St. Pauli vorgenommen hat.

St. Pauli lädt Fans zur Abschlussparty ein

Auch wenn noch nicht feststeht, ob das letzte Saisonspiel am Pfingstsonntag Anlass zur Freude gibt, so hat der Verein die Fans danach zur Saisonabschlussparty am „Knust“ (Neuer Kamp) eingeladen. Es wird auch für alle Spieler der letzte Termin einer denkwürdigen Saison sein.