Hamburg. Trainer Hürzeler wechselt nur sehr selten, aber Ersatzspieler wie Eggestein oder Ritzka ziehen trotzdem voll mit
Johannes Eggestein haut sich in jedem Training des FC St. Pauli voll rein. Er schuftet, er kämpft um seine Chance. Mit fünf Toren war der 24-Jährige bester Torschütze der Kiezkicker in der Hinrunde, kam in 15 Spielen zum Einsatz. Aber seit Fabian Hürzeler mit Beginn der Rückserie als Cheftrainer die Verantwortung für die Mannschaft hat, ist der Sommerzugang außen vor: Nur sieben Minuten Einsatzzeit im Spiel gegen Hannover 96 stehen zu Buche. Sonst nichts. „Jojos“ Stammplatz ist die Ersatzbank.
„Wir wissen alle, was wir an Jojo haben, der ist super professionell und lässt sich nicht hängen. Dabei ist die Situation für ihn schwer, auch für den Kopf“, lobt Trainer Fabian Hürzeler seinen Edel-Reservisten. „Die Spieler, die im Moment auf dem Platz sind und auf seiner Position spielen, machen das einfach sehr gut.“
Statt Eggestein agiert der gelernte Mittelfeldspieler Lukas Daschner (24) vorne im Zentrum, ist beweglich, läuft aggressiv an, hat bereits drei Treffer zur Erfolgsserie beigetragen und zuletzt gegen Greuther Fürth die spielentscheidende Rote Karte für Gideon Jung provoziert. Es gibt für den Trainer keinen Grund für irgendwelche Änderungen, solange (fast) alle Spieler fit sind.
Hürzeler lobt St. Paulis Reservisten
Fünfmal in sieben Partien bot Hürzeler dieselbe Startelf auf – und ein Freund von vielen Wechseln ist er auch nicht. Nicht einmal hat er bisher das volle Kontingent von fünf Wechseln ausgeschöpft. Gerade deswegen muss der junge Trainer versuchen, die Profis mit geringen Einsatzzeiten bei Laune zu halten – „sehr viele Gespräche“, sagt er, gehören dazu: „Die Spieler, die vermeintlich in der B-Elf sind, sind bei mir eigentlich die wichtigsten. Weil sie dann die anderen immer auch wieder im Training fordern.“
Neben Johannes Eggestein sind insbesondere die Verteidiger Lars Ritzka (24) und Adam Dzwigala (27) sowie Mittelfeldspieler Carlo Boukhalfa (23) die Profis, die praktisch bei jeder Partie auf der Bank sitzen, aber kaum über das Warmlaufen hinauskommen. Dzwigala ist ein „Opfer“ des im Winter verpflichteten Karol Mets (29), der sich als Volltreffer erwiesen hat.
Berater von St.-Pauli-Profi macht Druck
Schwer ist die Situation auch für Ritzka. Er ist der Ersatzmann für Leart Paqarada, der in den vergangenen beiden Jahren der beste linke Außenverteidiger der Zweiten Liga war. Paqarada ist zudem praktisch nie verletzt oder gesperrt. Ritzka ist sich seiner Situation wohl bewusst, er steht bereit, wenn er doch einmal gebraucht werden sollte, und macht keinerlei Theater. So kam er in dieser Saison erst zu fünf Einsätzen, stand nur zweimal in der Startelf.
Für ihn wird nun entscheidend, wie seine Perspektive in der kommenden Saison ist, wenn Paqarada zum 1. FC Köln in die Bundesliga gewechselt ist. Ritzka steht noch eine weitere Spielzeit bis 2024 beim FC St. Pauli unter Vertrag. Berater Gunther Neuhaus wird demnächst das Gespräch mit Sportchef Andreas Bornemann suchen.
„Die Frage wird sein, wie der Club plant. Wird ein neuer Linksverteidiger verpflichtet?“, sagt Neuhaus. „Lars sollte eine Perspektive für mehr Spielpraxis erhalten.“ Bislang erst insgesamt 16 Spiele in zwei Saisons soll und kann nicht der Maßstab für Ritzka sein.
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St. Paulis Hürzeler hat „Qual der Wahl“
Noch hat es Hürzeler geschafft, alle Spieler mitzunehmen, auch Boukhalfa dessen Streichung aus dem Kader zuletzt der Trainer als „Härtefall“ bezeichnet hat. „Wir haben im Moment einen großen Kader. Es sind fast alle fit. Das ist gut so, und ich habe die Qual der Wahl“, meint der Coach.
Für das intensive Training mit vielen Spielern auf engem Raum ist ein großer Kader wichtig – und dass alle mitziehen, ist ein Grund für den Erfolg, glaubt Hürzeler: „Die Spieler müssen um Kaderplätze kämpfen, das hält die Intensität im Training hoch, niemand kann sich ausruhen. Davon profitieren natürlich auch die, die im Spiel auf dem Platz stehen.