Hamburg. Für den kretischen Fanclub FC St. Pauli Chania Club ist der Grieche ein Idol. Auch in der Bundesliga könnte er bald zum Thema werden.

Die vielleicht, nur vielleicht, wichtigsten Personen im Fußballkosmos von Manolis Saliakas sitzen nicht in der Geschäftsstelle des FC St. Pauli und auch nicht in den Büroräumen seiner Düsseldorfer Beratungsagentur „feel soccer“, sondern in Chania im Nordwesten Kretas.

Und die waren am Wochenende so richtig stolz, nachdem der Grieche seine nächste Topleistung für den Kiezclub mit einem Tor gegen Greuther Fürth krönte. Denn einen kleinen Anteil am Wechsel des 26-Jährigen nach Hamburg können sich Nikos und seine Mitstreiter vom „FC St. Pauli Chania Club“ zuschreiben.

FC St. Pauli: Kretischer Fanclub ermutigte Saliakas nach Hamburg zu gehen

Als wir im vergangenen Sommer von der Möglichkeit erfahren haben, dass Manos zu St. Pauli gehen könnte, haben wir uns direkt bei ihm gemeldet und erklärt, was dieser Verein repräsentiert, welche Bedeutung er in Deutschland hat, wie lebenswert Hamburg ist“, sagt Nikos, der sich mit zwölf weiteren Fanclubmitgliedern vor zwei Wochen anlässlich des Heimspiels gegen Hansa Rostock selbst von der Lebenswürdigkeit Hamburgs überzeugen konnte.

Dass Saliakas für Nikos und Co. mittlerweile der wichtigste griechische Fußballer geworden ist, hat nichts damit zu tun, dass er ebenfalls von Kreta, genauer gesagt der größten Stadt Iraklion, stammt oder bei St. Pauli spielt. „Sondern, weil er jemand ist, der auch unsere Werte lebt, einfach ein richtig guter Mensch ist“, sagt Nikos, der vor Stolz fast platzte, als er nach dem Rostock-Spiel Saliakas’ Originaltrikot für das Vereinsheim erhielt.

Kretischer Käse wird dem Spieler als Stärkung zugeschickt

Der Kontakt zwischen dem kretischen Fanclub und ihrem Idol ist regelmäßig. „Wir gratulieren ihm nach guten Spielen, muntern ihn nach schlechten auf und schicken ihm Käse, den es in Deutschland nicht gibt, der gibt ihm Kraft“, sagt Nikos.

Die wichtigste Person in Saliakas’ St.-Pauli-Kosmos ist Eva Mountsaki. Eigentlich ist die Deutsch-Griechin Senior Partnership Managerin im Verein, also verantwortlich für die Betreuung der Sponsoren. Im konkreten Fall managt Mountsaki als Dolmetscherin aber die Partnerschaft zwischen Saliakas und den Medien, half ihm auch beim Einleben in Hamburg.

Mittlerweile hat sich Saliakas in eine kleine griechische Gemeinschaft integriert. Deutsch lernt er zwar, spricht es aber noch nicht sicher genug, sein Englisch ist gebrochen. „Wartet, ich muss noch Eva holen“, sagt der Abwehrspieler daher mit einer fast kindlichen Schüchternheit, bevor in der Mixed Zone des Millerntor-Stadions ein Interview ansteht.

Saliakas ist kein Mann großer Worte, spielt dafür umso besser

Diese Zurückhaltung legt er im Gespräch nicht ab. Saliakas ist kein Mann großer Worte. Wer des Griechischen nicht mächtig ist, weiß zwar nicht genau, ob der Rechtsverteidiger Mountsaki tatsächlich artig Floskel für Floskel diktiert, oder ob die sympathische Übersetzerin dessen Aussagen etwas glättet. Aber die zurückhaltende Körperhaltung mit leicht hängenden Schultern suggeriert genau das.

„Es ist von großer Bedeutung, dass wir sieben Siege in Serie gefeiert haben. Nun schauen wir von Spiel zu Spiel, wie wir unsere Fehler verbessern können“, gab Saliakas beispielsweise nach dem Sieg gegen Fürth zu Protokoll. Darf’s ein bisschen mehr sein? „Wir glauben daran, dass wir noch besser spielen können.“ Nun denn.

Saliakas ist stattdessen ein Mann der Tat. Auf dem Platz legt er jegliche Reserviertheit ab, kann hart verteidigen, noch härter schießen und wahrscheinlich die härtesten Flanken der Zweiten Liga schlagen. Nach seinem Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 gegen Fürth rannte er unaufhaltsam zur Südtribüne, um dort wie entfesselt mit den Ultras zu feiern.

Saliakas spielt für die Fans – und gibt immer sein Bestes

Nach Erfolgen legt er für die vereinseigenen Kameras Siegestänzchen hin. Die Beziehung zwischen Saliakas und dem Kiez ist ehrlich und beruht auf Gegenseitigkeit. Da wächst etwas zusammen.

„Es freut mich sehr, diese Liebe von den Fans zu empfangen. Ich bin jemand, der immer für sie spielt“, sagt Saliakas – und ergänzt noch brav: „Es spielt aber keine Rolle, vor welcher Tribüne ich jubele, mir gefallen beide Seiten gut und ich gebe immer mein Bestes.“ Nikos hat keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage. „Manos hängt sich immer rein, zumal es ihm sehr gut in Hamburg gefällt. Er lebt und liebt das, was der Verein darstellt.“

Daher waren nicht nur die St.-Pauli-Fans aus Chania kurzzeitig besorgt, über das, was das griechische Onlineportal „Sportime“ am Sonntag vermeldete. Demnach soll Werder Bremen Saliakas auf dem Zettel haben. Einerseits: Nicht ungewöhnlich, dass Bundesligisten die stärksten Zweitligaakteure beobachten. Andererseits steht Saliakas bis Ende der Saison 2024/25 unter Vertrag und würde in diesem Sommer wohl nicht weniger als zwei Millionen Euro kosten.

In der Bundesliga könnte der Spieler zum Gesprächsthema werden

Letztlich: sowieso alles egal. Saliakas’ Berateragentur sagte auf Abendblatt-Anfrage, „erstmalig davon zu hören“, und auch der gut unterrichtete Werder-Blog „Deichstube“ schrieb, dass Saliakas kein Thema in Bremen sei. Aufatmen auf St. Pauli wie auf Kreta.

Was dennoch bleibt: In der Bundesliga wird Saliakas ein Thema werden, wenn seine Leistungen anhalten. Am nötigen Niveau kratzt er als einer der besten Rechtsverteidiger der Zweiten Liga bereits. Mit Wechselgedanken befasst sich St. Paulis Flankengott derzeit nicht. „Ich freue mich Tag für Tag über meinen Wechsel zu St. Pauli und werde mich hier weiter von meiner besten Seite zeigen“, sagt er.

FC St. Pauli: Manolis Saliakas ist auch die Nationalmannschaft wichtig

Die ist dem griechischen Nationaltrainer Gustavo Poyet nicht verborgen geblieben. Allerdings werden vom griechischen Verband in der Regel nur Erstligaspieler nominiert. Doch Poyet dürfte nur schwierig am Kreter vorbeikommen, der in griechischen Medien regelmäßig im Fokus steht. Die „Sportime“ schreibt gar, dass er „die ultimative Renaissance“ erlebe.

Saliakas, der 2021 in zwei Freundschaftsspielen für Griechenland zum Einsatz kam, ärgert sich darüber, seitdem nicht mehr berücksichtigt worden zu sein. „Die Nationalmannschaft ist ihm wichtig“, sagt Nikos, dem die Nationalmannschaft nicht wichtig ist. „Wir unterstützen das Fifa-System nicht, aber wir unterstützen Manos und sind stolz auf ihn.“