Benidorm. Mit dem Verteidiger aus Estland sind im Kader des FC St. Pauli jetzt zwölf internationale Heimatländer vertreten.
Ein Alleinstellungsmerkmal kann Karol Mets schon jetzt für sich in Anspruch nehmen, obwohl er erst seit Donnerstag dem FC St. Pauli angehört. Noch nie zuvor gab es im Profikader des Kiezclubs einen Spieler aus Estland. Das ist auch nicht so verwunderlich, schließlich ist der baltische Staat erst seit 1991 wieder unabhängig und zählt mit 1,3 Millionen Einwohnenden fast ein Drittel weniger als Hamburg. Und auch wenn Fußball in der Hauptstadt Tallinn und drum herum heute die Sportart Nummer eins ist, so sind die berühmtesten Athleten des Landes bisher aus anderen Disziplinen gekommen – etwa der Zehnkampf-Olympiasieger von 2000, Erki Nool (52), oder der Diskuswurf-Olympiasieger von 2008, Gerd Kanter (43).
FC St. Pauli: Karol Mets ist eine feste Größe im estnischen Fußball
Karol Mets aber ist heute eine feste Größe im estnischen Fußball, seit Ende 2013 A-Nationalspieler, hat schon 84 Länderspiele bestritten und trug dabei auch einige Male die Kapitänsbinde. „Jedes Spiel für die Nationalmannschaft ist in gewisser Weise ein Highlight für mich. Man spielt gegen tolle Teams in tollen Stadien“, sagt er auf die Frage, welche der 84 Partien er als die herausragendste einordnen würde.
Nun ja, als Este muss man damit leben, dass es gegen die namhafteren internationalen Gegner meist nicht viel zu holen gibt, vor allem wenn es um etwas geht wie um Punkte in der EM- und WM-Qualifikation. So stehen auch ein 0:5 gegen die Niederlande und ein 0:7 gegen Portugal in seiner Nationalmannschafts-Vita – sowie jenes Match am 11. Juni 2019 in Mainz, an das er sich dann doch nicht mehr so gern erinnert. „Es war ein negatives Erlebnis“, sagt er über das 0:8 gegen das deutsche Team.
„Als Marco Reus schon in der 37. Minute das 5:0 geschossen hatte, rannte Leroy Sané ins Tor, um den Ball zu holen, ihn zum Anstoßpunkt zu bringen und schnell weiterzumachen“, erzählt er. „Leute, ihr führt doch schon 5:0, macht doch mal Pause“, habe er da zu seinen Gegnern gesagt. Im Rückspiel beließ es die DFB-Elf übrigens bei einem 3:0.
Der 1,91-Meter-Verteidiger spricht ein ausgezeichnetes Englisch
Auf jeden Fall macht Karol Mets als Este nun das Dutzend an ausländischen Nationen voll, die im aktuellen Kader des FC St. Pauli vertreten sind. Konkret sind dies: Bosnien-Herzegowina, Österreich, Kroatien, Kosovo, Estland, Polen, Griechenland, Schweden, Nigeria, Australien, Brasilien und Togo. Zählt man auch die Zweitnationalitäten, kommen noch die Schweiz, Ghana, Schottland und Algerien dazu. Mehr multikulti geht kaum. „Es wird mir nicht schwerfallen, mich ins Team zu integrieren“, sagt Karol Mets nicht zuletzt aus diesem Grunde.
Der 1,91-Meter-Verteidiger spricht ein ausgezeichnetes Englisch. Zuletzt beim FC Zürich, mit dem er im Sommer Schweizer Meister geworden ist, hatte er zudem einmal pro Woche Deutsch-Unterricht. Ob er dies in Hamburg fortsetzen wird, lässt er noch offen. „Es ist ein sehr mehrsprachiges Team hier. Da habe ich das Gefühl, dass Deutsch gar nicht so wichtig ist“, sagt er treffend. Die fußballspezifischen deutschen Anweisungen der Trainer würde er aber seit seiner Zeit in Zürich ohnehin verstehen.
Begleiten wird ihn auch in die Hansestadt seine Freundin Kristi
Als sich das Leihgeschäft und damit der Wechsel zu St. Pauli anbahnte, konsultierte Mets natürlich seinen FCZ-Teamkollegen Marc Hornschuh, der von 2015 bis Sommer 2020 beim FC St. Pauli gespielt hatte. „ Marc hatte nur positive Worte über den Verein und das Team gefunden. Und er hat mir klar gesagt: Da musst du hingehen.“ Damit war die Sache praktisch klar. „Deutschland war schon als Junge das Land, in dem ich gern spielen würde. Und die Lebensqualität in Hamburg ist ähnlich wie in Zürich“, sagt er.
Begleiten wird ihn auch in die Hansestadt seine Freundin Kristi. „Wir kennen uns seit rund elf Jahren, seit zehn Jahren sind wir ein Paar. „Sie geht mit mir überall hin. Großer Dank an sie. Sie steht immer hinter mir, egal wohin ich gehe“, schwärmt er. Wann also wird geheiratet? „Das ist ein Thema, das auf dem Tisch liegt. Mein nächster Schritt wird sein, sie zu fragen“, sagt er und muss schmunzeln.
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FC St. Pauli: Am Sonnabend gegen den FC Lugano wird Mets noch fehlen
Auch nach Saudi-Arabien war Kristi mitgegangen, als Karol Mets dort von Oktober 2020 bis September 2021 für den Ettifaq FC spielte. „Es war fantastisch, dort zu leben. Der Fußball aber ist ganz anders als in Europa. Der geringste Fokus liegt auf der Verteidigung. Jeder will nur angreifen“, erzählt er. Entsprechend gering sei die Wertschätzung für Abwehrspieler, wie er nun einmal einer ist. „Danach ist einiges nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich wollte nicht so oft die Clubs wechseln und bin auch ein bisschen Opfer der Berater geworden. Aber das ist ein Teil des Spiels“, gibt er zu.
Beim Test an diesem Sonnabend (14 Uhr) gegen den FC Lugano wird Mets im Team des FC St. Pauli noch fehlen. „Die anderen Jungs bei uns sind einen Monat früher als ich in die Vorbereitung gestartet“, erklärt er seinen körperlichen Nachholbedarf. Es ist aber nur noch eine Frage der Zeit, bis St. Paulis erster Este auch als aktiver Spieler in die Statistik eingehen wird.