Hamburg. Die Kiezkicker kommen nicht aus ihrer Ergebniskrise heraus. Gute Leistungen werden nicht belohnt. Folgt die Wende gegen Kiel?

Es gibt kein Drumherum mehr: Der FC St. Pauli ist im Abstiegskampf angekommen. Seit Wochen, ach was, eigentlich seit Saisonbeginn sind die Hamburger ihrer Gegner zumeist optisch und statistisch überlegen. Doch die positiven Resultate bleiben aus. Der Blick aufs Spielgeschehen und die Zahlen lieferte Indizien, an eine baldige Besserung zu glauben. Die Tabelle spricht jedoch eine andere, eindeutigere Sprache. Dort sind die Braun-Weißen auf einen Abstiegsrelegationsplatz abgestürzt.

Die 0:1-Niederlage bei Fortuna Düsseldorf ist ein weiterer Tiefpunkt, der vor allem auswärts bedenklichen Entwicklung. Am Rhein überzeugten längst nicht mehr alle Akteure. Die große Hoffnung innerhalb des Clubs: das Nordderby gegen Holstein Kiel an diesem Dienstag (20.30 Uhr/Sky) im Millerntor-Stadion, in dem es für St. Pauli wesentlich besser läuft.

Krise des FC St. Pauli mit der vor zwei Jahren nicht vergleichbar

13 der nur 15 Punkte aus ebenso vielen Spielen in dieser Saison wurden zu Hause eingefahren. Zumindest das stimmt Trainer Timo Schultz zuversichtlich. "Das Millerntor ist eine Festung. Wir haben die Fans im Rücken, und da steckt man den einen oder anderen Rückschlag besser weg und kommt zurück ins Spiel. Auswärts haben wir auch gute Leistungen gezeigt, es aber nicht geschafft, uns zu belohnen. Oft waren es Kleinigkeiten, es sind aber zu viele Spiele, die wir nicht gewinnen konnten. Da müssen wir einen Ansatz finden, um das schleunigst zu ändern", sagt er.

Bereits vor zwei Jahren, in Schultz' erster Saison im Amt, hatte St. Pauli eine schwache Hinrunde gespielt, ehe es nach der Winterpause zum Höhenflug ansetzte. Vergleichbar seien die Situationen allerdings nicht, betont Schultz: "Wir sind als Gruppe wesentlich gefestigter, die Erfahrung der letzten beiden Jahre hilft uns, die Situation zu bewerten, wie sie ist. Ähnlich ist, dass wir wieder gut rausfiltern können, wo unsere Probleme sind und wir diese konkret angehen können."

Systemwechsel beim FC St. Pauli kündigt sich an

Eines dieser Probleme ist die Nichtverfügbarkeit der Innenverteidiger. Jakob Medic (Schulter) und David Nemeth (Schambeinentzündung) fallen langfristig aus. Dazu ist Betim Fazliji wegen seines Kopfstoßes im Düsseldorf-Spiel rotgesperrt.

Daher dürfte es einen Systemwechsel weg von der Fünferkette zurück zur Viererkette mit Mittelfeldraute geben. "Auf einigen Positionen haben wir nicht mehr so viele Alternativen, da müssen wir genau hinschauen, was wir dem Einzelnen zutrauen. Kann er von Beginn an spielen oder reicht die Kraft doch nicht für mehr als 60 Minuten. Die Systemfrage sollten wir für das Spiel gegen Kiel nicht zu hoch hängen. Es geht darum, intensiv zu spielen und den Gegner zu stressen. Wir werden nach vorne spielen, mutig und aggressiv sein", sagt Schultz.

St. Pauli hat Personalprobleme in der Defensive und ein Stürmerproblem im Angriff

Der Platzverweis von Fazliji wurde intern thematisiert. "Wir haben darüber gesprochen. Alles weitere werden die Jungs klären, sie haben ihren eigenen Strafenkatalog. Ich habe mir die Szene angeguckt, die Aktion ist natürlich vollkommen unnötig", so Schultz. Der Kosovare wird voraussichtlich für zwei Partien gesperrt.

Aber es hakt nicht nur personell. Vor allem in der Offensive sind die Kiezkicker erschreckend harmlos. Der erhoffte Brustlöser der Stürmer bleibt aus. Die Hoffnung, dass er noch kommt, ist verschwindend gering.

Letzte Hoffnung für St. Pauli: der Dom

"Wenn's ins letzte Drittel reingeht, fehlt uns schon ein bisschen die Klarheit, der Zug zum Tor und vielleicht auch der letzte Wille, die letzten Meter in die Box zu machen und diese zu besetzen. Wir müssen für die zweiten Bälle besser aufgestellt sein, um ein Powerplay aufziehen zu können. Das ist in den letzten Spielen nicht gut gelungen. Wir haben entweder relativ schnell den Abschluss gesucht oder den Ball einfach zu häufig verloren", sagt Schultz dazu.

Bleibt noch eines, das St. Pauli Hoffnung macht: der Dom. Ja, richtig gehört. "Wenn die Lichter im Hintergrund zu sehen sind und das Flutlicht an ist, dann kribbelt es noch mal ganz anders. Das geht auch den meisten Spielern so", sagt Schultz. Eine Achterbahnfahrt war die bisherige Saison allemal.