Hamburg. Für den Kiezclub ist das Spiel gegen Magdeburg extrem wichtig. Was für ein Debüt des frisch verpflichteten Ex-Fürthers spricht.

Noch ist die Zweitligasaison jung, nahezu alle Ergebnisse sind knapp, kein einziges Team hat bisher alle drei Spiele gewonnen – die Aussagekraft der Tabelle ist daher noch gering. Mit einem knappen Sieg, einem Unentschieden und einer knappen Niederlage passt der FC St. Pauli perfekt in dieses Bild der engen Spielklasse, in der alle Teams gewisse Stärken, aber auch Schwächen haben.

FC St. Pauli: Kaiserslautern war ein Rückschritt

„Ich halte es für verfrüht, nach zwei Spielen ohne Sieg von einem Trend zu sprechen“, sagte denn auch St. Paulis Trainer Timo Schultz am Freitagmorgen, als er vom Abendblatt auf die Ergebniskurve seit dem Saisonstart vor vier Wochen angesprochen wurde. Andererseits kann auch der Coach nicht verleugnen, dass seine Mannschaft nach dem etwas unerwartet starken Auftritt beim nicht wirklich gefährdeten 3:2-Sieg gegen den hoch eingeschätzten 1. FC Nürnberg in der Folge an Leistung und Ergebnissen abgebaut hat.

Der eine Punkt beim 2:2 bei Hannover 96 war zwar verdient, aber auch glücklich, der Auftritt beim 4:3-Pokalerfolg gegen Regionalligist SV Straelen war wenig souverän, und schließlich sorgte zuletzt das 1:2 beim spielerisch limitierten 1. FC Kaiserslautern für Ernüchterung.

Geschichte wiederholt sich derzeit beim Kiezclub

Manches erinnert derzeit an die erste Saison unter Timo Schultz als St. Paulis Cheftrainer. Da gab es vor zwei Jahren zum Auftakt ein hart erkämpftes 2:2 beim VfL Bochum, ehe der favorisierte 1. FC Heidenheim am Millerntor mit 4:2 bezwungen wurde. Es folgte bekanntlich eine Durststrecke von 13 Ligaspielen ohne Sieg und der Absturz auf Platz 17. Das Team hatte damals – ähnlich wie heute – viele neue Spieler in seinen Reihen. Und es fehlte – ebenso wie heute – ein echter Torjäger, weil Guido Burgstaller erst spät verpflichtet wurde, sich bei seinem ersten Einsatz gegen Nürnberg verletzte und erst im Januar zurückkam und seine Klasse zeigen konnte.

Auch wenn es unwahrscheinlich sein mag, dass sich ein dieses Szenario wiederholt, wäre es hilfreich, die aktuelle Tendenz in die andere Richtung zu lenken, zumal nach dem Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) gegen den 1. FC Magdeburg die brisante Aufgabe bei Hansa Rostock folgt. Dort kam das Team schon in der vergangenen Saison mit der physischen Spielweise und aggressiven Stimmung im Ostsee-Stadion nicht klar (0:1).

Taktisch völlig anders als zuletzt Kaiserslautern und demnächst Rostock schätzt Schultz das von Ex-HSV-Trainer Christian Titz eingestellte Magdeburger Team ein. „Das ist eine Truppe, die ein ex­trem hohes spielerisches Element an den Tag legt“, beschrieb Schultz die Ausrichtung. „Die Zuschauer können sich auf ein tolles Fußballspiel freuen. Es sind zwei Mannschaften, die nach vorn spielen, die kreativ und mutig sind und ein gewisses Risiko eingehen wollen.“

Timo Schultz lobt Torwart-Neuzugang Sascha Burchert

Ein Ziel für St. Pauli ist dennoch, erstmals in dieser Saison ohne Gegentor zu bleiben. Ob dazu im Tor der erst am Montag verpflichtete Sascha Burchert (32/zuletzt Greuther Fürth) oder weiter Dennis Smarsch (23) beitragen soll, ließ Trainer Schultz am Freitag offen. „Wir sagen erst einmal den Jungs, wer spielt. Bis ich die Aufstellung bekannt gebe, weiß kein Spieler, ob er spielt oder nicht“, sagte er.

Grundsätzlich stellte Schultz fest: „Wir haben mit Sascha einen Typen gefunden, der bewiesen hat, dass er in der Ersten und in der Zweiten Liga seinen Mann stehen kann und dass er eine Qualität mitbringt, was die Erfahrung angeht. Das fehlt unserer jungen Mannschaft ja auch ein bisschen.“

Ganz konkret mit Blick auf Sonntag schloss der Trainer zudem keinesfalls aus, dass Burchert sein St.-Pauli-Debüt geben könnte. „Er komplettiert unsere Torwartriege. Wir haben jetzt eine Option mehr“, sagte Schultz und lobte die Eindrücke aus den ersten Trainingseinheiten. „Da war er schon lautstark dabei, die Truppe zu organisieren. Er ist auch in der Torwartgruppe jemand, der gern das Wort führt und der den jüngeren Kollegen auch den einen oder anderen Tipp noch geben kann. Genau das haben wir uns von ihm versprochen“, betonte er.

Schnell schob der Trainer aber nach: „Wir sind auch mit Dennis Smarsch zu hundert Prozent zufrieden und haben ihm den Rücken gestärkt. Wir sind von ihm und sind auch von seiner Entwicklung überzeugt.“ Dennoch klang es irgendwie nach einem Torwartwechsel. Burchert wäre dann der sechste Keeper, den Schultz in gut zwei Jahren in einem Punktspiel einsetzt.

FC St. Pauli: Magdeburg-Partie ein Risikospiel

Spielen wird das St.-Pauli-Team im Übrigen in einem Sondertrikot, das als solches nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen ist. Über dem Vereinslogo ist ein Gender-Sternchen eingearbeitet. „Wo bei anderen Clubs der Meisterstern prangt, strahlt bei uns das Sternchen des Nordens“, sagt Präsident Oke Göttlich dazu. „Für uns ist das mittlerweile Alltag. Man erkennt aber an einigen Meinungsäußerungen in der Genderdiskussion deutlich, wie nötig das Ganze nach wie vor ist.“ In einer limitierten Auflage wird das Trikot auch verkauft, die gesamten Erlöse der Verkäufe kommen „Pinkstinks Deutschland“, einer Protest- und Bildungsorganisation gegen Sexismus und Homophobie, zugute.

Das Spiel gegen Magdeburg ist ausverkauft, der Aufsteiger hat das gesamte Gästekontingent von knapp 3000 Karten abgerufen. Das Match gilt zudem als „Risikospiel“. Beim bislang letzten Auftritt der Sachsen-Anhaltiner am Millerntor am 22. Dezember 2018 hatten FCM-Fans nach Spielschluss versucht, den St.-Pauli-Block zu stürmen, Knallkörper wurden gezündet und ein DFB-Mitarbeiter von einem Wurfgeschoss getroffen. Diese Vorgeschichte bedingt eine verstärkte Polizeipräsenz rund ums Stadion und eine größere Zahl an Ordnern im Inneren.

FC St. Pauli: Burchert – Saliakas, Fazliji, Medic, Paqarada – Smith – Irvine, Hartel – Daschner – Otto, J. Eggestein.

  • 1. FC Magdeburg: Reimann – Gnaka, Cacutalua, Sechelmann, Bell Bell – A. Müller – Condé, Krempicki – Ceka, Kwarteng, Ito.