Hamburg. Der Weltmeister von 1990 glaubt an einen Sieg seiner “Königsblauen“ gegen die Hamburger und lobt die Trainer beider Vereine.

Sein „Hobby“ nennt Olaf Thon schmunzelnd seine Beschäftigung. Umso mehr wurmt es den Weltmeister von 1990, dass er diesem Hobby, Experte bei Sport1 nämlich, an diesem Sonnabend (20.30 Uhr/Sky) nicht nachkommen kann, wenn der FC St. Pauli bei Thons FC Schalke 04 antritt. Corona. Man kennt’s auf St. Pauli.

Und Schuld? Ist ein weiterer Job von Thon, der am Sonnabend von Maik Franz ersetzt wird. „Ich bin beim FC Schalke 04 Abteilungsleiter Traditionself. Wir bestreiten rund 30 Spiele im Jahr, dabei unternehmen wir auch Reisen wie zuletzt nach Polen, wo wir auch Lukas Podolski getroffen haben. Bei dem Trip haben sich fünf Spieler angesteckt, danach ging es wohl reihum.“ Ausgerechnet jetzt. Ausverkaufte Veltins-Arena. Alles bereitet für den Aufstieg der „Knappen“ oder zumindest den vorentscheidenden Schritt dazu. Aber auch ohne einen ihren größten Fans glaubt Thon an seine Gelsenkirchener.

Aufstiegskampf: Thon schwärmt von Schalkes Interimstrainer Büskens

„Es riecht erst einmal danach, dass Schalke durch die Ausfälle bei St. Pauli einen Vorteil hat. Sie sind der Favorit in dem Spiel und für den Aufstieg. Wir auf Schalke wissen aber aus Erfahrung: Ball flach halten, bis zur letzten Sekunde.“ Und daran tut der Tabellenführer gut. Schon einmal, vor zwei Spieltagen, war alles angerichtet zur Baldaufstiegssause. Werder Bremen war zu Gast. Und gewann. Mit 4:1. „Das war ein Schock. Aber es war schon in der ganzen Saison so, dass sich die Mannschaft immer schnell gefangen hat, wenn sie einen Schlag bekommen hat. Das spricht dafür, dass die Truppe gefestigt ist“ sagt Thon. Trainer Mike Büskens sei es gelungen, eine Achse zu schaffen, „mit Torwart, den Innenverteidigern, wieder mit Latza im Mittelfeld, sowie dem Sturmduo mit Terodde und Bülter, unterstützt von Zalazar und Drexler. Das Spielglück ist so zurückgekommen. Man kann auch sonst mal Glück haben, aber nicht siebenmal hintereinander.“

Thon muss es wissen. Er ist einer, der sich mit Glück im Fußball auskennt. Der eingangs erwähnte Weltmeistertitel, dreimal Meister mit dem FC Bayern München, zweimal Pokalsieger mit Schalke und, unvergessen, Uefa-Cup-Eurofighter 1997. Selbst unglückliche Momente haben sich im Nachhinein als Glück erwiesen. Wie seine geplanten Wechsel ins Ausland. „Meine Verletzungen haben verhindert, dass ich den Sprung nach Italien zu Verona und nach Spanien zu Atlético Madrid geschafft habe. Mit Verona war ich praktisch schon einig. Im Nachhinein aber bin ich ganz froh und zufrieden, dass es bei 13 Jahren Schalke plus Jugend und sechs Jahren Bayern München geblieben ist.“

Thon kritisiert St. Pauli für Umgang mit Prämienzoff

Wer weiß, was Glück bedeutet, kann auch Unglück einordnen. So empfindet es der 56-Jährige als unglücklich, dass die Vertrags- und Prämienstreitigkeiten beim FC St. Pauli an die Öffentlichkeit gedrungen sind. „Wenn wir als Spielerrat mit Rudi Assauer verhandelt haben, kam nichts nach draußen. So sollte es auch sein. Sonst wirft das kein gutes Licht auf so eine gute Truppe. Grundsätzlich wird in der Kabine immer über Geld geredet. Es muss auch diskutiert werden, denn Leistung muss honoriert werden. Ich glaube, man hat das Thema bei St. Pauli unterschätzt. Vielleicht kam es zu überraschend, dass man plötzlich oben steht und eine Belohnung gefordert wird.“

Aufgegeben hat der Fan von St. Paulis Trainer Timo Schultz („Fast aus dem Nichts heraus hat er eine Mannschaft auf das Feld geschickt, die die Klasse hatte aufzusteigen.“) die Kiezkicker im Aufstiegsrennen allerdings noch nicht. Der Druck sei nach der Herbstmeisterschaft gewachsen, so Thon. Und dann fehlte – was sonst? – das Spielglück. „Im Endeffekt hätte St. Pauli den Aufstieg genauso wie Schalke, Bremen oder Darmstadt verdient. Der Dritte wird es in der Relegation voraussichtlich gegen Stuttgart aber sehr schwer haben.“

Schalke-Legende erinnert sich an legendäre Spiele am Millerntor

Zu wünschen wäre es den Braun-Weißen ja, so Thon, der auch als Experte für N-TV und Kolumnist für den Kicker arbeitet. Allein schon wegen der Sympathie, die er seit Spielertagen für St. Pauli empfindet. Den Rüben sei Dank. „Als wir mal auf diesem Rübenacker am Millerntor spielen mussten, und ich das vorher auch so gesagt hatte, bekam ich vor dem Spiel auf dem Weg vom Bus in die Kabine von St.-Pauli-Fans Rüben geschenkt. Da hatten wir in der Kabine einiges zu lachen. Aber auf dem Platz gab es wenig zu lachen. Da wurde immer hart gefightet, wir haben uns immer schwergetan, egal mit welchem Club.“

Wie schwer sich der FC St. Pauli am Sonnabend in der Veltins-Arena tut, korreliert auch damit, wie schwer sich Thon damit tun wird, die Begegnung unverkrampft vom heimischen Sofa aus zu beobachten. Packt es Königsblau, hätte Thon allerdings ein Problem: Dann könne er seinem Hobby nicht mehr in seinem Wohnzimmer, der Veltins-Arena, frönen, da Sport1 nur die Live-Rechte für die Zweite Liga besitzt. Man sollte annehmen, dass ein alter Eurofighter auch damit glücklich zu machen wäre.

FC St. Pauli: Smarsch – Zander, Beifus, Medic, Paqarada – Aremu – Irvine, Hartel – Kyereh – Matanovic, Makienok.