Hamburg. Die Hamburger setzen mit 0:1 gegen Hannover den dramatischen Negativtrend fort, doch Trainer Luhukay verteilt Lob.

Advent, Advent, das erste Lichtlein brennt“, twitterte der FC St. Pauli am Sonntagmorgen und stellte dazu ein Foto einer mit einem regenbogenfarbenen Band umwickelten Kerze ins Netz. Zu diesem Idyll passte, dass die Profimannschaft, wie zuvor schon geplant, trainingsfrei hatte. Doch dieses harmonische Bild trügt gewaltig. Die 0:1-Heimniederlage am Sonnabend gegen Hannover 96 war vielmehr die konsequente Fortsetzung einer beängstigenden Entwicklung in den vergangenen Wochen. Bildlich gesprochen brennt es bei St. Pauli sportlich an allen Ecken und Enden – nicht nur ein kleines Lichtlein.

Seit sieben Ligaspielen ist das Team von Trainer Jos Luhukay nun schon sieglos, dazu kam das 1:2 im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt. Die Mannschaft sammelte in der Zeit seit dem letzten Erfolg, dem 2:0 gegen den SV Sandhausen am 29. September, nur drei von 21 möglichen Punkten und fiel vom sechsten auf den 15. Tabellenplatz zurück. Doch noch schlimmer als diese allein schon niederschmetternde Statistik sind die immer schwächer werdenden Darbietungen des Teams.

Nicht eine einzige echte Torchance für St. Pauli

War vor geraumer Zeit noch die gute fußballerische Entwicklung ein positiver Aspekt, wenn Spiele nicht gewonnen werden konnten, so konnte gegen Hannover auch davon überhaupt keine Rede mehr sein. Vielmehr war die spielerische Armut der entscheidende Grund dafür, dass St. Pauli am Ende zwar offiziell elf Torschüsse zu Buche stehen hatte, aber nicht eine einzige echte Torchance darunter war. Und das in einem Heimspiel im ausverkauften Millerntor-Stadion gegen den bisher schlechtesten Gegner in dieser Saison. Selbst Regionalligist VfB Lübeck war im DFB-Pokalspiel im August stärker als jetzt die 96er, die bezeichnenderweise durch einen Ballverlust von St. Paulis Kapitän Jan-Philipp Kalla durch Linton Maina zu ihrem Tor kamen.

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Als gäbe die Entwicklung der beiden vergangenen Monate nicht schon genug Anlass zur Sorge, so ruft die aktuelle Reaktion der Protagonisten darauf noch mehr Irritationen hervor. Cheftrainer Jos Luhukay hat geradezu einen verbalen Kuschelkurs gegenüber seinen Spielern eingeschlagen. „Die Mannschaft hat den Willen nicht vermissen lassen. Am Ende fehlte das Quäntchen Glück, dass der Ball auch mal richtig fällt“, sagte der 56-Jährige nach dem Spiel. Und weiter: „Die Situation beun­ruhigt mich nicht, weil ich sehe, wie ich tagtäglich mit meiner Mannschaft arbeite. Sie ist von gutem Willen. Das gibt uns Mut und Vertrauen.“

Fans fordern die Ablösung Luhukays

Wenig überraschend ist, dass unter den Anhängern die Einschätzungen überwiegend völlig andere sind. In den Fanforen wird von vielen offen die Ablösung Luhukays gefordert. „Vielleicht spielt die Mannschaft wirklich gegen Luhukay, oder das, was Luhukay tut, funktioniert einfach nicht“, schrieb jetzt etwa „four“ vom Fanclub „Alter Stamm“.

Es ist offensichtlich, dass Luhukay mit den beiden Wutreden unmittelbar vor dem ersten Punktspiel in Bielefeld und nach dem Match in Heidenheim sein Pulver an öffentlicher Kritik an seinen Spielern verschossen hat und eine dritte Aktion dieser Art unglaubwürdig wirken würde, auch wenn sie jetzt passender wäre als zuvor. Immerhin sehen längst nicht alle Spieler die Entwicklung so entspannt. „Die Lage ist alles andere als positiv. Wir haben in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt, wir müssen Fehler abstellen und konsequenter werden. Aber irgendwann kann man sich nicht mehr reden hören“, sagte etwa Torwart Robin Himmelmann.

Zweifellos haben auch die vielen Verletzungen dazu geführt, dass sich im Team des FC St. Pauli kein fester Stamm einspielen konnte. Doch auch bei den drei Siegen und anderen guten Spielen im ersten Saisonviertel hatten nicht alle Spieler zur Verfügung gestanden. Und sowohl beim 1:3 in Aue als auch beim 0:1 gegen Hannover waren durchweg Spieler auf dem Platz, die den Anspruch haben, vollwertige Zweitligaprofis zu sein.

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Die Verletzungen sind dennoch ein heikles Thema. Hatte Jos Luhukay nach seinem Amtsantritt im April noch beklagt, dass rund zehn Spieler nicht einsatzfähig waren, so ist die Situation unter seiner Regie jetzt schon seit Wochen noch dramatischer. Allein in der jüngsten Länderspielpause kamen mit Dimitrios Diamantakos, Johannes Flum und Matt Penney drei weitere Spieler mit Muskelverletzungen dazu. Das Thema muskuläre Blessuren ist intern offenbar ein so brisantes, dass auf Nachfrage weder einer der beiden Teamärzte noch einer der Athletiktrainer für ein erklärendes Gespräch zur Verfügung stehen.

Am Ende sagte Luhukay noch: „Natürlich braucht man im Fußball auch Ergebnisse. Da muss man nicht drumherumreden. Sonst würde mein Kollege auch nicht hier neben mir sitzen.“ Dabei schaute er auf Kenan Kocak, der erst Mitte November bei Hannover 96 Mirko Slomka beerbt hatte.

Die Statistik:

  • St. Pauli: Himmelmann - Zander, Ziereis, Lawrence, Kalla (83. Lankford) - Knoll - Miyaichi, Sobota (81. Becker), Möller Daehli, Gyökeres (67. Tashchy) - Veerman. - Trainer: Luhukay
  • Hannover: Zieler - Sebastian Jung (46. Korb), Elez, Felipe (75. Ostrzolek), Albornoz - Anton, Bakalorz - Maina (73. Hansson), Haraguchi, Muslija - Weydandt. - Trainer: Kocak
  • Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
  • Tor: 0:1 Maina (7.)
  • Zuschauer: 29.546 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Zander – Anton (6), Haraguchi (4), Albornoz
  • Torschüsse: 11:8
  • Ecken: 4:2
  • Ballbesitz: 54:46 %