Hamburg. Trainer Jos Luhukay nimmt das Wort Krise in den Mund und spricht über die interne Bewertung der sportlichen Situation.

Der FC St. Pauli taumelt immer weiter in die Krise. Das 0:1 (0:1) am Sonnabend im Heimspiel gegen eine sehr limitierte Mannschaft von Hannover 96 war bereits das achte Pflichtspiel in Folge, das das Team vom Millerntor nicht gewinnen konnte. Die Kiezkicker lieferten vor allem offensiv einen Offenbarungseid ab. Keine Ideen, kaum Torschüsse – die Hamburger boten ihren Zuschauern wahrlich keinen Fußball-Leckerbissen an. Dabei war es wohl selten so einfach wie am heutigen Sonnabend, gegen Hannover zu punkten. Doch St. Pauli verpasste die Chance, sich Luft im Tabellenkeller zu verschaffen.

Das entscheidende Tor für den Bundesliga-Absteiger erzielte Linton Maina bereits in der siebten Spielminute, der Hannoveraner nutzte dabei einen Ballverlust von St. Paulis Kapitän Jan-Philipp Kalla, der als Linksverteidiger erneut den weiterhin am Knie verletzten Daniel Buballa vertrat.

„Ich habe den Ball halbhoch zugespielt bekommen und musste ihn mit dem Oberschenkel annehmen. Ich wusste dabei nicht, dass ich keine Zeit hatte. Ich habe auch kein Signal bekommen“, beschrieb Kalla nach dem Spiel die Situation. Maina eroberte so leicht den Ball, drang ungestört durch Kalla Kollegen in den Strafraum ein und schloss mit einem Schrägschuss ab. Der Ball prallte vom Innenpfosten zum 0:1 ins Netz.

Negative Entwicklung unter Luhukay

Es wäre für St. Pauli also Zeit genug gewesen, um das Spiel wenigstens mit einem Punktgewinn oder auch mit einem Sieg zu beenden. Doch dafür hätte es auch entsprechender Torchancen bedurft. Doch nach 90 Minuten plus drei Minuten Nachspielzeit musste man ernüchtert feststellen, dass es praktisch keine einzige wirklich zwingende Gelegenheit für die St. Paulianer gegeben hatte.

Dies beschreibt eine fortschreitende negative Entwicklung im Team von Cheftrainer Jos Luhukay, dem St. Paulis Präsident Oke Göttlich noch am Mittwoch auf der Mitgliederversammlung betont den Rücken gestärkt und das uneingeschränkte Vertrauen ausgesprochen hatte.

Wie lange darf Jos Luhukay noch verlieren?
Wie lange darf Jos Luhukay noch verlieren? © Witters

Konnten Luhukay und seine Spieler vor einigen Wochen noch nach erfolglosen Spielen mit einigem Recht davon sprechen, gut gespielt, Chancen herausgearbeitet und sich „nur“ nicht belohnt zu haben, so konnte davon weder beim 1:3 in Aue vor gut einer Woche noch jetzt beim 0:1 gegen Hannover 96 die Rede sein.

Luhukay gesteht sich die Krise ein

Durch die Negativserie ist der FC St. Pauli jetzt bereits auf den 15. Tabellenplatz zurückgefallen, punktgleich mit dem auf Rang 16 platzierten 1. FC Nürnberg und nur noch zwei Punkte vor dem ersten direkten Abstiegsplatz, der vom nächsten Heimgegner SV Wehen Wiesbaden belegt wird. „Wir sollten nicht in Panik verfallen. Es war nicht nötig, dieses Spiel zu verlieren. Ich bin sicher, dass unsere Spieler die Tabelle richtig einordnen können“, sagte St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann nach dem Spiel.

St. Paulis Mittelfeldspieler Marvin Knoll sagte allerdings: „Mich interessiert unser Tabellenplatz eigentlich weniger. Das macht mir nur schlechte Laune. Ich will einfach nur mal wieder gewinnen.“

„Die Mannschaft hat den Willen nicht vermissen lassen. Ich vertraue ihr, denn ich sehe sie tagtäglich im Training und wir versuchen jeden Tag, so viel es geht herauszuholen“, verteilte Trainer Luhukay trotz der Niederlage verbale Streicheleinheiten. "Eine Krise ist immer da, wenn die Ergebnisse nicht passen", gab der Coach bei Sky zu. "Wir können es aber viel besser als heute und sind intern von unserem Weg überzeugt." Na dann.

Elfmeter für St. Pauli nach Videobeweis zurückgenommen

Einen kurzfristigen Hoffnungsschimmer bescherte Schiedsrichter Robert Hartmann den Hamburgern in der 38. Minute, als er nach dem Volleyschuss von Viktor Gyökeres auf Handelfmeter entschied. Aus kürzester Distanz hatte der Ball den Arm von Josip Elez getroffen. Hartmann sah sich die Szene nach Intervention des Videoassistenten Michael Bacher noch einmal auf dem Bildschirm an und nahm seine Entscheidung zurück.

Elez hatte den Arm am Körper angelegt, so dass es sich nicht um ein strafbares Handspiel handelte. Es wäre von Hartmann allerdings geschickter gewesen, nicht sofort auf Strafstoß zu entscheiden, sondern das Spiel zunächst einmal weiterlaufen zu lassen, weil er so St. Pauli den auch nach der Aktion noch gegebenen Ballbesitz nahm. Wohl aus Wut darüber echauffierte sich am Spielfeldrand St. Paulis Torwarttrainer Mathias Hain derart, dass er die Gelbe Karte gezeigt bekam.

„Ich will nichts schönreden, aber ich hatte auf dem Platz das Gefühl, dass wir die Zweikämpfe annehmen wollten. Es war eine gewisse Spannung vorhanden“, sagte Marvin Knoll. „Nach vorn ging bei beiden Mannschaften nicht so viel.“ Mit diesem letzten Satz lag er völlig richtig, denn auch Hannover hatte praktisch keine Möglichkeit mehr, die Führung zu erhöhen. Das aber war auch nicht nötig, um an diesem Nachmittag drei Punkte aus dem Millerntor-Stadion mitzunehmen.

Es reichte schon, den harmlosen und weitgehend ideenlosen St. Paulianern keinen unnötigen Raum zu geben. So beendete eine schwache 96-Mannschaft vorerst ihre Krise, bescherte ihrem neuen Trainer Kenan Kocak den ersten Sieg und stürzte den FC St. Pauli noch mehr in die Bredouille. Ob ausgerechnet am kommenden Sonntag beim heimstarken SSV Jahn Regensburg die Wende gelingt, muss angesichts der Vorstellung gegen Hannover bezweifelt werden.

Die Statistik:

  • St. Pauli: Himmelmann - Zander, Ziereis, Lawrence, Kalla (83. Lankford) - Knoll - Miyaichi, Sobota (81. Becker), Möller Daehli, Gyökeres (67. Tashchy) - Veerman. - Trainer: Luhukay
  • Hannover: Zieler - Sebastian Jung (46. Korb), Elez, Felipe (75. Ostrzolek), Albornoz - Anton, Bakalorz - Maina (73. Hansson), Haraguchi, Muslija - Weydandt. - Trainer: Kocak
  • Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
  • Tor: 0:1 Maina (7.)
  • Zuschauer: 29.546 (ausverkauft)
  • Gelbe Karten: Zander – Anton (6), Haraguchi (4), Albornoz
  • Torschüsse: 11:8
  • Ecken: 4:2
  • Ballbesitz: 54:46 %