Hamburg. Neuntes positives Finanzergebnis für den Zweitligaclub in Folge – Genossenschafts-Modell könnte bis zu 23 Millionen Euro einbringen.
Sportlich ist der FC St. Pauli mit seiner Fußball-Zweitligamannschaft wieder einmal in bedrohliche Turbulenzen geraten, wirtschaftlich hingegen geht es dem Club weiter gut. Schon anlässlich seines Abschieds Ende September hatte der kaufmännische Geschäftsführer Andreas Rettig im Interview mit dem Abendblatt durchblicken lassen, dass auch das Geschäftsjahr 2018/19, das am 30. Juni dieses Jahres endete, mit einem Gewinn abgeschlossen wurde. „Wir werden wieder mit positiven Zahlen aufwarten“, hatte er gesagt.
An diesem Mittwochabend auf der Mitgliederversammlung in der Messehalle B6 (Beginn 19 Uhr) wird das Präsidium dem Plenum die genauen Bilanzzahlen nennen und erläutern. Nach Abendblatt-Informationen beträgt der Gewinn des „Konzerns“, also des Vereins plus der angeschlossenen Gesellschaften, diesmal rund 1,5 Millionen Euro.
St. Pauli: Transfer von Bouhaddouz trägt zum Gewinn bei
Auf den Verein allein, in dem auch der Profifußballbereich weiterhin angesiedelt ist, entfallen davon rund 700.000 Euro, also knapp die Hälfte. Dazu trug einen Großteil der Transfererlös von mehr als einer halben Million für den im August 2018 abgegebenen Ex-Torjäger Aziz Bouhaddouz bei.
Der finanzielle Überschuss fällt damit deutlich höher aus als ein Jahr zuvor. Für das Geschäftsjahr 2017/18 hatte der Konzerngewinn noch 380.696,51 Euro betragen. Für 2016/17 hatte er bei 890.000 Euro gelegen. Bereits seit 2010/11, als der FC St. Pauli zum bisher letzten Mal in der Bundesliga spielte, hat der Millerntor-Club jedes einzelne Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen.
Das Stadion ist in absehbarer Zeit abbezahlt
„Wir handeln wie ein Familienunternehmen und betrachten die Dinge auf einer längeren Zeitachse, unabhängig von der persönlichen Situation und den eigenen Vertragslaufzeiten. Ich sehe für den Verein eine rosige Zukunft. Bei uns ist nichts auf Sand gebaut. Das Stadion beispielsweise ist in circa acht Jahren abbezahlt“, hatte Andreas Rettig zu diesem Thema im September gesagt.
Auch das im deutschen Profifußball bisher noch nicht praktizierte Genossenschaftsmodell, das der FC St. Pauli seit einem Jahr auf den Weg gebracht hat, wird aller Voraussicht Thema auf der Mitgliederversammlung sein. Bekanntlich plant die Vereinsführung, dass Einzelpersonen Anteile an der Millerntor-Stadion Betriebs GmbH und Co. KG (MSB) erwerben können. Zielgruppe sind insbesondere Mitglieder und Fans, die – einfach ausgedrückt – einen Teil des Stadions erwerben können.
Was das Genossenschaftsmodell bringt
„Aus dem Mittelstreckenlauf für dieses Projekt ist jetzt der Endspurt geworden“, hatte Oke Göttlich im Straßenmagazin „Hinz& Kunzt“ bereits im Sommer dieses Jahres gesagt. Seither allerdings herrschte zu diesem Thema Schweigen mit dem Verweis darauf, dass noch rechtliche Details zu klären sind.
Eine entscheidende Zahl beim Projekt ist, wie viel die MSB überhaupt wert ist. Dazu hatte die Vereinsführung zwei unabhängige Gutachten in Auftrag gegeben. Nach Informationen des Abendblattes kamen beide auf einen Wert von rund 50 Millionen Euro. Da St. Pauli maximal 46 Prozent der MSB an die künftigen Genossenschaftsmitglieder verkaufen will, könnten im besten Fall also rund 23 Millionen Euro auf das Konto des Clubs fließen.
Für einen Zweitligisten mit einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro wäre dies eine erhebliche Kapitalzufuhr, auch wenn es nur ein einmaliger Effekt wäre. Klar ist, dass jedes Genossenschaftsmitglied nur jeweils eine Stimme besitzen würde, ganz gleich, in welcher Höhe er Anteile erworben hätte.
Offen war bisher, ob die künftigen Genossenschaftsmitglieder eine feste Rendite, etwa in Höhe der Inflationsrate, eine Gewinnbeteiligung oder nur eine „emotionale Rendite“, wie es Rettig einmal formulierte (etwa in Form einer speziellen Fanbekleidung), erhalten sollen. Ausgeschlossen ist eine sechsprozentige Verzinsung wie bei der im Sommer 2018 abgelösten Fan-Anleihe.