Hamburg. Präsidium und unterschiedliche Fangruppen wollen über das künftige Miteinander reden. Der Dialog bleibt offenbar schwierig.

Es dürfte voll werden, viel voller, als das normalerweise bei dieser Veranstaltung der Fall ist, die der Club schon seit Jahren durchführt. „(M)Ein Verein – die Werte des FC St. Pauli“, lautet das Thema des Diskussionsabends an diesem Donnerstag (19.30 Uhr) im Ballsaal der Südtribüne am Millerntor. Und dabei soll es nicht darum gehen, mit wie vielen Millionen Spieler XY oder das Stadiongebäude in den Büchern stehen.

„Der Sinn und Zweck der Veranstaltungen in den vergangenen Jahren und auch diesem Jahr ist es, zu Themen, die im Verein eine Relevanz entwickeln, mit Menschen aus dem Verein zu diskutieren und sich gegenseitig zuzuhören“, sagt Präsident Oke Göttlich. Gemeinsam mit dem Fanladen hat der Club den Abend wieder organisiert und dazu eingeladen – lange vor den Vorfällen beim Derby gegen den HSV übrigens. Neben Göttlich werden Sicherheitschef Sven Brux und Justus Peltzer vom Fanladen dazu Stellung nehmen.

Verwerfungen und Dissonanzen bei Fans

Die in einer Vereinsleitlinie festgelegten Werte wie Weltoffenheit, Toleranz, Anti-Nazis, Anti-Homophobie, Anti-Sexismus sind allgemeiner Konsens im Verein. Dennoch gibt es reichlich Gesprächsstoff. „Welche Werte wir haben, müssen wir nicht diskutieren“, sagt Ewald Lienen, dessen Job es auch ist, den Verein öffentlich zu repräsentieren: „Worüber wir diskutieren müssen, ist die Einhaltung der Werte. Diejenigen, die da diskutieren, werden nicht die sein, die die Werte nicht umsetzen.“

Die sichtbar gewordenen Verwerfungen und Dissonanzen in der St.-Pauli-Anhängerschaft haben auch dafür gesorgt, dass das Programm geändert wurde. Vorträge zu den Themen „Frauen beim FC St. Pauli“ und „Marketing und Sponsoring“ wurden von der Agenda genommen. „Der thematische Schwerpunkt wurde geändert, da nach dem Derby im Verein und der Fanszene großer Redebedarf besteht“, teilte der Club mit.

Unmut über Reaktionen nach dem Derby

Das ist wohl wahr, doch ob tatsächlich alle beteiligten (Interessen-)Gruppen, die für sich in Anspruch nehmen, Teil des FC St. Pauli zu sein, am Donnerstag kommen beziehungsweise sich aktiv in die Diskussion einschalten, erscheint zweifelhaft. In Teilen der aktiven Fan­szene regt sich deutlicher Unmut über die Reaktion des Vereins nach dem Derby. In einer Stellungnahme hatte der Club erklärt: „Mit den verschiedenen Aktionen während der Partie wurden Grenzen überschritten. Das billigen und dulden wir nicht.“ Anschließend wurden „Maßnahmen“ beschlossen, die die Sicherheit in der Südkurve erhöhen sollen.

Für den Autor des Blogs „Magischer FC“, in dem auch Ultra-nahe Positionen zu lesen sind, sind die Veranstaltung und die Bemühungen des Präsidiums deshalb zweifelhaft: „Wenn sich die Verantwortlichen offensichtlich einem Handlungsdruck ausgesetzt sehen, sollte man nicht davon ausgehen, dass hier ,Werte‘ neu justiert werden sollen oder dass das Präsidium sich wirklich Anregungen für die kommenden Monate von Teilnehmer*innen dieser Veranstaltung einholen will. Es ist eine PR-Maßnahme.“

Harte Kritik

Das ist eine harte Kritik. Der Dialog bleibt offenbar schwierig. Skepsis gegenüber der Öffentlichkeit ist bei einigen auch vorhanden. Beim Mitveranstalter Fanladen schien im Vorfeld ein Schweigegelübde bei der Bewertung der Situation abgelegt worden zu sein. Ultra St. Pauli teilte freundlich per Mail mit: „Wir erkennen natürlich Diskussionsbedarf, dies aber in erster Linie mit unseren Partnern in der Fanszene und Verein.“ Der Abend verspricht also höchst interessant zu werden. „Wir haben Bauchweh“, heißt es bei „Magischer FC“: „Aber als Pessimist hat man ja eine gute Eigenschaft: Man kann positiv überrascht werden. Hoffen wir im Sinne unserer Werte beim FCSP auf eine solche Überraschung.“