Hamburg. Kiezclub zieht nach Vorfällen im Stadtderby Konsequenzen. Sportlich streben Trainer und Spieler die Versöhnung mit ihren Fans an.
An guten Vorsätzen mangelt es in diesen Tagen nicht beim FC St. Pauli vor dem Spiel gegen den MSV Duisburg (18.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker). Wer nicht auf den Kalender schaut, könnte fast meinen, es sei gerade Jahreswechsel gewesen. Tatsächlich wäre die Freude und vor allem die Erleichterung bei den Spielern und Verantwortlichen groß, wenn dieser Freitag, dieser 29. März, in die Historie der aktuellen Zweitligasaison als das Datum eines gelungene Neustarts nach einer zwar kurzen, aber überaus schmerzhaften Krise eingehen würde.
Zwei 0:4-Niederlagen in Folge, die erste im Stadtderby gegen den HSV, die zweite beim Abstiegskandidaten SV Sandhausen, haben Spuren hinterlassen bei dem Team, das in der Tabelle immer noch auf Platz vier geführt wird.
Sportchef Uwe Stöver spricht von einem „schweren Rucksack“, den sich das Team mit dem Debakel im Derby aufgeladen habe und der in Sandhausen wieder auf den Schultern lastete und für eine erneute Blamage sorgte.
Regenerationsphase nach Niederlagen
Die Länderspielpause, der 1:0-Testspielsieg gegen den dänischen Erstligisten Vejle BK und ein freies Wochenende haben immerhin dafür gesorgt, dass die Spieler ein wenig Abstand gewinnen konnten. „Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt, den zuletzt negativen Trend zu stoppen und zu gewinnen. Das gründet sich nicht in erster Linie darauf, dass ich ein positiv denkender Mensch bin, sondern darauf, was ich seit dem Spiel in Sandhausen gesehen habe, und auf die Gespräche, die ich geführt habe“, sagt Stöver. „Ich bin sicher, dass die Jungs alles geben, um dieses Spiel vor eigenem Publikum für sich zu entscheiden.“
Das wird auch nötig sein, um die Enttäuschung der eigenen Anhänger über die beiden jüngsten Auftritte in der Liga wenigstens abzumildern, wobei das 0:4 gegen den HSV noch für längere Zeit praktisch unentschuldbar bleiben wird. „Wir wissen, dass wir unseren Fans wehgetan haben“, bekannte am Donnerstag auch Cheftrainer Markus Kauczinski. „Deshalb haben die Fans das Recht, uns zu kritisieren. Wir müssen uns dem stellen“, sagte der Coach weiter und forderte einen „leidenschaftlichen Auftritt.“
Einige Spieler fallen wegen Verletzungen aus
Bei diesem Vorhaben aber wird Kauczinski improvisieren müssen. Außenverteidiger Luca Zander (erfolgreich an der Schulter operiert), Mittelfeldspieler Richard Neudecker (Mittelfußprellung) und auch Stürmer Dimitrios Diamantakos (Muskelblessur im Oberschenkel) haben sich mit Verletzungen abgemeldet. Dazu stellte sich die Wadenverletzung von Jan-Philipp Kalla als Muskelfaserriss heraus. Damit fällt er als Alternative zu Zander als rechter Außenverteidiger aus. Kauczinski erwägt, den Innenverteidiger Florian Carstens (21) auf diese Position zu stellen.
Unterdessen hat die vereinsinterne Aufarbeitung der Vorfälle beim Derby gegen den HSV am 10. März dazu geführt, dass die Vereinsführung fünf konkrete Maßnahmen beschlossen hat. Dazu gehören Umbauten im Eingangsbereich der Südkurve, um einen Sturm des Zugangs, wie er beim Derby von einer Fan-Gruppierung geschah, zu verhindern. Diesem Zweck sollen als zweite und dritte Maßnahme eine personelle Aufstockung des Ordnungspersonals dienen, das damit in die Lage versetzt wird, die Kontrollen intensiver durchzuführen.
Bilder vom Stadtderby:
HSV vs. St. Pauli – brisantes Hamburger Derby
Kartenkontingent der Fangruppen wird limitiert
Brisanz birgt die Entscheidung, das Kartenkontingent für die Südkurve zu verringern, das von den hier beheimateten Fangruppen selbstbestimmt verwaltet wird. Dies war bisher ein großes Privileg, das vom Verein insbesondere der Vereinigung Ultra St. Pauli (USP) zugestanden wurde. Nach den Pyro-Exzessen im Derby und angesichts von rund 200 geschädigten Personen, die sich beim FC St. Pauli gemeldet haben, stand zwischenzeitlich auch eine komplette Streichung der Kartenvergabe durch die Fangruppen zur Diskussion.
Um welche Größenordnung das Kontingent verringert wird, blieb am Donnerstag ebenso offen wie die Höhe des Betrages, mit dem sich die Fangruppierungen der Südkurve an brandschützenden Maßnahmen beteiligen müssen. „Der Verein lehnt Vorfälle wie den Sturm eines Stadionzugangs unter Inkaufnahme von Verletzungen ebenso strikt ab wie das sich wiederholende und unkontrollierte Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen sowie Aggression und Gewalt innerhalb der Fanszene. Auch das Präsentieren von Fanutensilien gegnerischer Vereine passt für die Verantwortlichen nicht zum Selbstverständnis des FC St. Pauli“, heißt in einer Stellungnahme des Vereins.