Hamburg. Die Gespräche zwischen dem Club und seinem Kapitän gehen in die heiße Phase – Streitpunkt ist die Laufzeit.
Den Sonntagnachmittag hat Bernd Nehrig schon genau durchgeplant. Der Mittelfeldspieler des FC St. Pauli wird die Partie seiner Mannschaft bei Fortuna Düsseldorf mit einer schönen Tasse Kaffee auf dem heimischen Sofa verfolgen. Am besten allein, ohne Ablenkung. Fußballgucken in großer Runde? Das ist nicht die Sache des 31 Jahre alten Routiniers. Am liebsten würde der gebürtige Heidenheimer mit seinen Kollegen auf dem Platz stehen, doch am vergangenen Sonntag sah Nehrig im Nordderby gegen Holstein Kiel (3:2) seine fünfte Gelbe Karte. Zuschauen ist für jeden Fußballer der blanke Horror, für Nehrig aber besonders.
Es schwirren derzeit beim Kapitän einige Gedanken durch den Kopf. Gerade wenn er nicht auf dem Rasen steht. Am 30. Juni läuft der Vertrag des Leistungsträgers aus. Nachdem vor Wochen schon einiges auf einen Abschied hindeutete und sowohl Sportchef Uwe Stöver als auch Nehrig erklärten, dass es keine Gespräche mehr geben werde, ist wieder Bewegung in der Sache. Nachdem Nehrigs Berater erkrankt war, wurden die Gespräche in den vergangenen Tagen wieder aufgenommen – allerdings ohne Einigung.
Nehrig befindet sich in der Zwickmühle
„Mit 31 Jahren macht man sich den einen oder anderen Gedanken mehr, man lässt sich Zeit, um auszuloten, was man will, wo der Weg hingehen soll“, gesteht Nehrig. „Letztendlich ist es so, dass in meinem Alter nicht mehr so viele Verträge kommen werden. Deshalb sollte man sich alles in Ruhe überlegen.“
Nehrig befindet sich in der Zwickmühle. Einerseits würde er sich über die Sicherheit einer Vertragsverlängerung freuen, schließlich könnte jederzeit eine schwere Verletzung passieren, die seine Verhandlungsposition verändern würde. Einfluss auf seine Leistung soll das Pokern um die Zukunft nicht haben. Dafür ist der erfahrene Nehrig Profi genug. „Man lernt in der Karriere, damit umzugehen. Ich hatte diese Situation schon des Öfteren“, erzählt Nehrig. „Ich gebe aber offen zu, dass man sich als Spieler Gedanken macht und einen das beschäftigt. Das ist auch legitim, aber ich kann das hintanstellen, wenn Spiele oder andere wichtige Dinge in der Mannschaft anstehen.“
Regelwerk gegen Sexismus
Sportdirektor Uwe Stöver verkündete am Donnerstag im Abendblatt, dass alle Spieler, die ein auslaufendes Arbeitspapier haben, gute Angebote vorliegen haben, was natürlich immer im Auge des Betrachters liegt. Bei Nehrig war es dem Vernehmen nach so, dass beide Parteien unterschiedliche Vorstellungen bei der Laufzeit des Vertrags hatten und haben. St. Pauli würde einen Kontrakt über ein Jahr vorziehen, Nehrig will einen länger datierten.
Unterdessen geht der Club bei einem gänzlich anderen Thema in die Offensive: Mit der Protestorganisation Pinkstinks bringt der Kiezklub ein Regelwerk gegen Sexismus heraus. Die Broschüre richtet sich in erster Linie an Werbepartner und Sponsoren und definiert Merkmale sexistischer Werbung. „Zudem wollen wir die Diskussion bei allen StadionbesucherInnen erneut anstoßen“, sagt Präsident Oke Göttlich. „Auch wir müssen uns bei den Themen Sexismus und Homophobie gerade im Spannungsfeld dieses besonderen, heterogenen Stadtteils hinterfragen und ein klares Zeichen gegen Ausgrenzung senden.“ Die Initiative gelte als Selbstverpflichtung, „als Sportverein noch konsequenter für eine bunte, tolerante Welt einzustehen“.