Hamburg. Die Hamburger haben derzeit einen guten Lauf. Vor allem gegen Spitzenteams sammelt der Zweitligist Punkte.
Am Tag nach dem Derbysieg gegen Holstein Kiel holten den FC St. Pauli die Sorgen des Alltags wieder ein. Weil die Rasenplätze auf dem Trainingsgelände an der Kollaustraße aufgrund der winterlichen Witterungsbedingungen nicht bespielbar waren, musste die Mannschaft mal wieder auf den Kunstrasen ausweichen. Am Donnerstag weichen die Hamburger wieder ins Millerntorstadion aus. Doch auch in der Heimspielstätte des Zweitligisten ist der Untergrund alles andere als ideal „Wir haben keine Alternative. Es beeinträchtigt natürlich die Trainingsarbeit“, sagte Trainer Markus Kauczinski. „Der Ball verhält sich auf Kunstrasen anders, das Tempo ist anders, die Belastung der Spieler ebenfalls. Ziel ist es, die Infrastruktur hier so hinzubekommen, dass wir hier eine Rasenheizung bekommen, um normal trainieren zu können. Darüber reden wir gerade.“ Sportliche Zukunftsthemen wollte er nicht diskutieren.
Auch Kampfansagen an die Konkurrenz vermied der 48-Jährige nach dem 3:2-Sieg gegen den Nordrivalen. Dabei gibt es durchaus Ansatzpunkte, die offenbaren, dass St. Pauli sehr wohl ein Kandidat für die oberen Ränge ist. Aus den Partien gegen Tabellenführer Nürnberg, Bundesliga-Absteiger FC Ingolstadt und Holstein Kiel holte St. Pauli sieben Zähler, der Rückstand auf den Bundesliga-Relegationsrang, der aktuell von Kiel belegt wird, beträgt lediglich drei Punkte.
Realität nicht verkennen
Das Prädikat Topteam spricht der Coach seinem Team aktuell dennoch ab. „Eine Spitzenmannschaft zeichnet aus, dass sie konstant ist. Diesen Beweis sind wir bislang schuldig geblieben“, sagte er. „Wenn man sich anschaut, dass wir gegen Kiel in der ersten Hälfte zögerlich und nicht im Spiel waren, dann sind das keine Charakteristika einer Spitzenmannschaft.“ Gebetsmühlenartig warnt er zudem davor, die Realität zu verkennen. „Wer glaubt, dass wir jeden Gegner an die Wand spielen, der hat zu hohe Erwartungen“, mahnte der Trainer am Sonntag im „NDR Sportclub“.
Dennoch glaubt Kauczinski an sein Team und lobt dessen Entwicklung: „Die Jungs lernen, Herz zu zeigen. Wir sind auf einem guten Weg“. St. Pauli, aktuell Neunter in der Zweiten Liga, fühlt sich in der Rolle des Underdogs wohl. „Wir sind in der Tabelle im Moment in der Mitte, da, wo wir hingehören“, sagte Kauczinski. „Ob mehr möglich ist und was möglich ist? Das werden wir sehen. Das weiß ich nicht.“
Gemeinsamer Weg
Seit seiner Amtsübernahme von Olaf Janßen am 7. Dezember 2017 ist die Mannschaft nicht nur enger zusammengerückt. Es entwickelt sich offenbar ein gemeinsamer Weg, eine Idee, wie man mit Situationen umgeht. „Wir haben auf Rückschläge, wie gegen Darmstadt und Heidenheim, reagiert. Wir haben gelernt, wie es ist, wenn man nicht präsent ist. Das sind Erfahrungen, von denen man zehren kann“, sagte Kauczinski.
Zudem befördert er den internen Konkurrenzkampf. Auf der rechten Verteidigerposition duellieren sich Yiyoung Park und Luca Zander. Im Sturm hat der Trainer neben den bisher nicht überzeugenden Sami Allagui und Aziz Bouhaddouz mit Jan-Marc Schneider und Kauczinski-Wunschspieler Dimitrios Diamantakos zwei vollwertige Alternativen. Andererseits ist für jeden Spieler die Tür zu seinem Büro offen, auch wenn zuletzt dreimal in Folge dieselbe Startelf auf dem Platz stand,
Konkurrenzsituation als Stärke
„Man befindet sich immer irgendwie in einer Findungsphase“, erklärte Kauczinski seine Philosophie. „Wann ist man fertig? Am Reißbrett entwickelt man als Trainer etwas, lässt es vielleicht fünfmal spielen, und dann kommt es doch anders. Es gibt Sperren, Verletzungen, Formschwächen. Das können wir aber auffangen. Da hilft die interne Konkurrenzsituation. Das macht eine Stärke von uns aus.“
Diese Stärke soll am Sonntag das nächste Spitzenteam zu spüren bekommen. Knüpft St. Pauli gegen den derzeit formschwachen Tabellenzweiten Fortuna Düsseldorf an die zuletzt gezeigten Leistungen und Ergebnisse an, wird es zunehmend schwerer, die Rolle des Underdogs glaubhaft auszufüllen.