Hamburg. Fanbetreuer sprechen von einer “Gewaltspirale“. Auch Unbeteiligte seien schon in den Konflikt hineingezogen worden.

Nach den Meldungen der vergangenen Wochen konnte man schon ahnen, dass sich da etwas zusammenbraut. Erst wurden Anfang April acht Anhänger des FC St. Pauli in einem Parkhaus des Einkaufszentrums Nedderfeld durch eine Gruppe von etwa 25 mutmaßlichen HSV-Anhängern angegriffen. Vergangenen Sonntag dann kam es am Rande des Kreisligaspiels FC St. Pauli IV gegen HFC Falke zu einer Auseinandersetzung, bei der rund 50 vermummte St.-Pauli-Anhänger vor Spielbeginn mit Zaunlatten und Teleskopschlagstöcken auf HFC-Fans eingeprügelten. Mindestens drei Personen wurden dabei verletzt und mit Prellungen und Platzwunden ins Krankenhaus gebracht. Der HFC Falke war 2014 von HSV-Fans gegründet worden.

Die genauen Hintergründe der Tat sind noch immer unklar. St. Paulis Trainer Ewald Lienen etwa ficht das jedenfalls nicht an. "Egal, wie es jetzt im Detail war: Tätliche, körperliche Angriffe auf andere Menschen haben aus meiner Sicht in unserem Verein nichts verloren", urteilte Lienen unter der Woche. Möglich, dass mit der jüngsten Tat die geschädigten Fans des FC St. Pauli vom Nedderfeld-Raubüberfall gerächt werden sollten. Die Hamburger Polizei prüft derzeit noch einen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Übergriffen. Gut möglich ist jedoch auch, dass es noch weitere Vorfälle gegeben haben könnte, die bislang nicht öffentlich geworden sind. Von einer Eskalation zwischen den beiden Hamburger Fanszenen gehe man bei der Polizei jedoch nicht aus, hieß es zuletzt.

Ewald Lienen zu den Übergriffen auf Anhänger des HFC Falke

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    Fanladen spricht von "Gewaltspirale"

    Doch genau das scheint derzeit der Fall zu sein. Der Fanladen St. Pauli veröffentlichte am Freitag vor dem Heimspiel des FC St. Pauli gegen Heidenheim eine offene Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen und spricht dabei von einer "Gewaltspirale", die sich in den letzten Monaten entwickelt habe. "Rivalitäten und Konflikte zwischen verschiedenen Fanszenen hat es im Fußballkontext immer gegeben", heißt es in dem Schreiben auf der Internetseite des Fanladens. "In den letzten Monaten beobachten wir jedoch Entwicklungen zwischen den Fanszenen in Hamburg, die aus unserer Sicht nicht mehr hinnehmbar sind." So seien auch unbeteiligte Dritte aller Seiten in Mitleidenschaft gezogen worden. Beide Fanszenen würden unter dem Konflikt einzelner Gruppen leiden.

    Der Fanladen fordert in seiner Stellungnahme daher, die Gewalt zu beenden und die Eskalation zu stoppen. "Beide Hamburger Fanprojekte arbeiten an Konfliktlösungsstrategien und bieten allen beteiligten und betroffenen Gruppen ihre Unterstützung an." Damit wird auch klar, dass man mit den Kollegen beim HSV längst zu Gesprächen zusammengefunden hat. Auf Nachfrage wollte sich jedoch keiner der Verantwortlichen beim HSV-Fanprojekt zu den aktuellen Vorkommnissen äußern. Stattdessen wolle der HSV in den kommenden Tagen zu den Entwicklungen zwischen den Fanszenen Stellung nehmen. Bleibt zu hoffen, dass der Appell an beide Fanlager Wirkung zeigt.