Nach der Entlassung von Sportchef Thomas Meggle erklärt St. Paulis Präsident Oke Göttlich, wie sich der Verein in Zukunft aufstellt.
Nach der Trennung von Thomas Meggle wird Geschäftsführer Andreas Rettig vorübergehend auch Sportchef des FC St. Pauli. "Wir haben Rettig gebeten, bis Saisonende Meggles Job zu übernehmen. Es ist auf großes Drängen der Vereinsführung so entschieden worden", sagt Präsident Oke Göttlich. "Es war für uns die naheliegendste Lösung, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus sportlicher Perspektive."
Beim Stadtrivalen HSV sorgt die Doppelbelastung von Dietmar Beiersdorfer, der Club-Boss und Sportchef in Personalunion ist, derzeit für viel Kritik. Göttlich hebt dennoch die Vorteile dieser Konstellation hervor. "Natürlich ist es eine Doppelbelastung, aber durch Rettigs Erfahrung können wir einen wesentlichen Schritt nach vorne machen. Er hat die Qualität, mit solchen Situationen umzugehen."
Rettig gilt als exzellenter Kenner des Profifußballs und ist als ehemaliger Manager der Erstligisten SC Freiburg, 1. FC Köln und FC Augsburg mit den Aufgaben eines Sportchefs vertraut. Nach der gescheiterten Lösung mit dem in der wichtigen Funktion unerfahrenen Ex-Profi Meggle (41) ist nun ein profilierter Nachfolger am Werk. Rettigs Kenntnisse auf dem deutschen Spielermarkt kann er erstmals im Januar unter Beweis stellen, um den nicht ausgewogen besetzten und nicht zweitligareifen Kader des Kiezclubs so umzubauen, dass der Klassenverbleib gelingt. "Wir werden im Winter den Markt sondieren", sagt Göttlich.
Göttlich: Lienen braucht keinen Machtkampf
Spekulationen, Lienen hätte mit der Demission Meggles einen internen Machtkampf gewonnen, dementierte Göttlich vehement. Vielmehr sei auch Lienens Arbeit kritisch beäugt worden. "Es gab keinen Stein, der nicht umgedreht wurde. Lienen braucht keinen Machtkampf und hat deshalb auch keinen gewonnen", erklärt der Club-Chef. "Wir haben sowohl von Lienen als auch von Meggle Lösungsansätze verlangt und nach den Gesprächen unsere Entscheidung getroffen."
Lienen soll sich mit Meggle aufgrund der Kaderzusammenstellung nicht ganz grün gewesen sein. St. Pauli verpasste es im Sommer, die Abgänge der Leistungsträger Marc Rzatkowski (2 Millionen/Salzburg), Sebastian Maier (ablösefrei/Hannover), Lennart Thy (ablösefrei/Bremen) und Enis Alushi (ablösefrei/Nürnberg) adäquat zu ersetzen. „Unsere Schatulle war für einen Zweitligakader auch vorher schon weit geöffnet“, monierte Göttlich.
Göttlich: Meggle nicht alleine Schuld
Dennoch will Göttlich Meggle nicht als Sündenbock für die sportliche Krise ausmachen. "Wenn ein wichtiger Mitarbeiter entlassen wird, hat auch das System versagt. Thomas hat keinen Schuldstempel auf der Stirn. Es passte einfach auf verschiedenen Ebenen nicht mehr."
Meggle hatte im Vorfeld des Heimspiels gegen den 1. FC Nürnberg (1:1) am Montag von seiner Entlassung erfahren. Anschließend blieb er dem Millerntorstadion fern und war für die Öffentlichkeit nicht zu erreichen. Für Göttlich sei diese Verhaltensweise absolut nachvollziehbar. "Es war völlig legitim und ich halte es menschlich für richtig und wichtig, kein Schauspiel aufzuführen, weil es medial besser ankommen würde."
Janßen kommt auf Lienens Wunsch
Der Club-Präsident bestätigte außerdem die Verpflichtung von Stuttgarts Scout Olaf Janßen, der als Assistent das Trainer-Team verstärkt. Dies sei auf Wunsch von Cheftrainer Ewald Lienen geschehen, betont Göttlich. "Mit Olaf haben wir einen erfahrenen, ausgewiesener Fachmann dazugeholt, der in der Branche einen ausgezeichneten Ruf genießt."
Janßen soll den Verein nun in seinem Vorhaben, aus dem Tabellenkeller zu klettern, unterstützen. "Wir müssen jetzt so schnell wie möglich punkten und einen frischen Wind generieren", gibt Göttlich die Marschroute vor.
Dass Club-Chef Göttlich zum Durchgreifen imstande ist, hat er schon kurz nach seinem Amtsantritt vor zwei Jahren bewiesen. Im Dezember 2014 setzte er Meggle nach nur zwei Siegen aus 13 Pflichtspielen als Trainer ab, beförderte ihn zum Sportdirektor und holte Lienen nach Hamburg. Der Trainer-Routinier führte den FC St. Pauli dann aus ähnlich prekärer Situation wie derzeit noch zum Klassenverbleib. Deshalb gestehen die Verantwortlichen Lienen einen Retter-Bonus zu und hoffen, dass er erneut rechtzeitig die Kurve kriegt.
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