Hamburg. Während St. Paulis Sportdirektor nach dem Sieg über RB Leipzig aus dem Häuschen ist, steigt Trainer Lienen auf die Euphoriebremse.
Noch lange nach dem umjubelten Schlusspfiff herrschte rund um das Millerntor Partylaune. Mit dem Bier in der Hand standen die Fans des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli in Scharen vor den Stadiontoren und feierten den 1:0-Heimsieg über den hohen Favoriten RB Leipzig. Denn der Kiezclub hat das Kunststück vollbracht, den in dieser Saison noch mal für mehr als 16 Millionen Euro mit Top-Profis verstärkten Spitzenreiter der 2. Fußball-Bundesliga zum dritten Mal nacheinander 1:0 zu bezwingen. „Etwas Besseres habe ich hier in den letzten zwei Jahren nicht gesehen, das war Bundesliga“, frohlockte Sportchef Thomas Meggle nach dem Spitzenspiel, das dank eines Duells zweier starker Teams auf Augenhöhe „top“ war.
Bei aller Freunde, dass der FC St. Pauli nach Punkten zum Tabellendritten 1. FC Nürnberg aufgeschlossen hat, hielt Ewald Lienen den Ball lieber flach. Und betonte, dass er sein Team trotz des erfolgreichen Saisonverlaufs noch für keine Spitzenmannschaft hält. „Wir sind zu Spitzenleistungen imstande, aber um eine Spitzenmannschaft zu sein, gehört noch mehr dazu“, sagte der erfahrene Coach ungeachtet der Leistung am Freitagabend.
St. Pauli siegt gegen Leipzig
Rangnick lobt Himmelmann
Der 62-Jährige wollte keinen Akteur aus seiner durchweg starken Elf hervorheben. Doch ohne einen Klasse-Mann wie Robin Himmelmann im Tor wären die Punkte nach Leipzig gegangen. Nach der frühen Führung durch Marc Rzatkowskis trockenen Linkssschuss (8. Minute) brachte der Rückhalt die Gäste schier zur Verzweiflung. Peter Orban (20.), Yussuf Poulsen (38.) und Marcel Sabitzer (39.) scheiterten an ihm, zudem traf der starke Emil Forsberg (23.) nur das Außennetz und fand später in Himmelmann erneut seinen Meister (63.).
„Das ist eher untypisch für uns, dass wir so viele Chancen liegen lassen. Aber klar, der Torwart hat richtig gut gehalten“, räumte RB-Coach Ralf Rangnick nach dem Rückschlag geknickt ein. Lienen gab seinerseits zu, einige Male „Riesenglück“ gehabt zu haben. „Leipzig hat gezeigt, dass es ein absolutes Top-Team ist. Für mich ist das eine gefühlte Erstliga-Mannschaft“, betonte der Ex-Profi.
"Wie haben uns zum Teil eingeigelt"
Sein Team müsse da erst hinkommen, meinte Lienen. „Wir haben uns zum Teil eingeigelt wie das Kaninchen vor der Schlange“, befand der Coach und berechnete beim Blick auf die Tabelle allen Ernstes den Vorsprung von nun 19 Punkten auf den Abstiegs-Relegationsplatz. „Sind wieder drei Punkte Abstand mehr geworden“, sagte er, konnte sich dabei allerdings ein Grinsen nicht verkneifen.
Als Gradmesser sieht Lienen das nächste Heimspiel am Freitag (18.30 Uhr) am Millerntor gegen den FSV Frankfurt an. „Spitzenteams gewinnen auch gegen Mannschaften von unten und sind in den Partien in der Lage, das Spiel selbst zu gestalten“, begründete er seine Zurückhaltung. Der FSV sei auch so ein Team, das defensiv tief drin stehe: „In diesen Partien müssen wir uns noch beweisen. Gegen solche Gegner würde es Sinn machen, früh in Führung zu gehen.“