Hamburg. Der starke Zweitliga-Spitzenreiter RB Leipzig muss mit dem 0:1 beim FC St. Pauli die erste Auswärtsniederlage der Saison hinnehmen.
Aller guten Dinge sind drei für den FC St. Pauli. Zum dritten Mal innerhalb von gut neun Monaten gewannen die Hamburger mit 1:0 gegen RB Leipzig. Diesmal waren am Freitagabend im ausverkauften Millerntorstadion Siegtorschütze Marc Rzatkowski und Torwart Robin Himmelmann mit großartigen Paraden die wichtigsten Akteure in einer insgesamt vorbildlich kämpfenden Mannschaft. „Wir haben gegen die beste Mannschaft, die hier in den letzten zwei Jahren angetreten ist, gewonnen. Es war absolut beeindruckend, wie sich die Jungs in alles reingeworfen haben“, lobte St. Paulis Sportchef Thomas Meggle.
St. Pauli siegt gegen Leipzig
St. Paulis Trainer Ewald Lienen setzte auf Bewährtes und schickte exakt die Startelf ins Rennen wie fünf Tage zuvor beim 2:0-Auswärtssieg in Fürth. Konkret hieß dies, dass erneut vier gelernte defensive Mittelfeldspieler in der Anfangself standen.
Gegen die spielstarken Leipziger ging es darum, die Räume eng zu machen und den Gegner nicht zu seinem Kombinationsspiel kommen zu lassen. Nach einem Ballgewinn, so hatte es Lienen seinen Spielern mit auf den Weg gegeben, müsse schnell gespielt und am besten mit einem Flankenwechsel der freie Raum genutzt werden. Exakt nach diesem Muster entstand St. Paulis früher Führungstreffer. Christopher Buchtmann wurde auf der linken Seite mit einem langen Diagonalpass von Lennart Thy angespielt, er setzte den an ihm vorbei sprintenden Linksverteidiger Daniel Buballa in Szene, der quer auf Marc Rzatkowski spielte. Der quirlige Mittelfeldspieler musste noch einen kleinen Haken schlagen, ehe er zum Torabschluss kam. Sein Flachschuss wurde noch leicht abgefälscht, Leipzigs Torwart Peter Gulacsi hatte keine Chance – 1:0 (8.).
Lienen: Verdienter Sieg
Fortan mussten die Hamburger alles in die Waagschale werfen, um diese Führung zu verteidigen. Dabei war es vorbildlich, wie sich die Akteure immer wieder gegenseitig halfen, um den technisch beschlagenen Leipzigern den Ball abzujagen. Doch auch dies funktionierte nicht immer. Dafür stand dann aber immer noch Robin Himmelmann im St.-Pauli-Tor. Allein in der ersten Halbzeit bewahrte der 27-Jährige mit vier spektakulären Paraden sein Team vor einem Gegentor.
Obwohl es die St. Paulianer kaum schafften, sich einmal durch eigene Angriffe Luft zu verschaffen, überstanden sie doch die erste Halbzeit schadlos. „Jeder haut sich rein, jeder verteidigt für den anderen mit“, analysierte der noch pausierende Jan-Philipp Kalla nach den ersten 45 Minuten. „Klar, dass wir dabei nicht so viele Offensivaktionen haben. Solange wir so gut verteidigen, mache ich mir keine Sorgen.“
Die musste er sich in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit tatsächlich nicht machen, weil seine Kollegen auf dem Feld es noch besser als zuvor schafften, die Leipziger von ihrem Tor fernzuhalten. Nach 60 Minuten reagierte daher RB-Trainer Ralf Rangnick und brachte mit Acht-Millionen-Einkauf Davie Selke und Massimo Bruno zwei weitere Offensivkräfte auf das Feld. Kurz danach kam Forsberg im Strafraum frei zum Schuss, doch Himmelmann fing diesen Ball sogar.
Auf der Gegenseite hatte St. Paulis Mittelfeldspieler Bernd Nehrig die Chance zur Entscheidung. Sein Volleyschuss aber krachte nur an das Lattenkreuz (77.). Doch an diesem Abend mussten er und seine Kollegen sich deshalb nicht grämen. Dank des leidenschaftlichen Einsatzes bis zum Abpfiff gelang es den St. Paulianern, ihre Führung bis zum Ende zu halten.
„Wir hatten riesiges Glück, aber der Einsatz war unglaublich“, freute sich Lienen. „Deshalb ist der Sieg auch nicht unverdient. Auch das Publikum hat alles gegeben und uns auf einer Welle getragen.“ Sechs Punkte aus den ersten beiden Spielen des Jahres – „das ist einfach überragend“, jubelte Lasse Sobiech. Und ausgerechnet 1:0-Torschütze Rzatkowski betonte die Qualität der Defensive: „Es ist sehr schwer, gegen uns Tore zu schießen. Wir machen das als Mannschaft richtig gut. Man kann keinen hervorheben, außer vielleicht Robin Himmelmann.“
Vergessen waren da die Diskussionen vor dem Anpfiff um die Fernsehgelder. St. Paulis kaufmännischer Geschäftsführer Andreas Rettig kritisierte die am Freitag bekannt gewordenen Reformpläne zu einer möglichen Neuverteilung. Diese sehen vor, dass die Zweite Liga künftig weniger als die bisher 20 Prozent erhalten soll. „Wir sind über die Vorgehensweise und die öffentlich gewordenen Ergebnisse enttäuscht. Im Zusammenhang mit unserem seinerzeit gestellten Antrag stand immer der Solidaritätsgedanke zwischen der Bundesliga und der Zweiten Liga im Vordergrund. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns damals entschieden, unseren Antrag zurückzuziehen“, sagte er. „Beim jetzigen Vorgehen bleibt ein fader Beigeschmack.“ St. Paulis Präsident Oke Göttlich ergänzte: „Für mich zeigt das Vorgehen das Demokratie- und Transparenz-Verständnis des Ligaverbandes.“