Hamburg. Seit dem 13. Februar 1998 hat der FC St. Pauli nicht mehr gegen Fürth am Millerntor gewonnen. Halstenberg vor Rückkehr.

So ganz geheuer war Ewald Lienen nicht, was er auf dem dunkelbraunen Tisch im Pressekonferenzraum an der Kollaustraße inmitten der acht Mikrofone erspähte. Ein TV-Redakteur des NDR stellte eine Grußkarte mit der Zahl 20 auf. Für den Trainer des FC St. Pauli wird die Partie am Sonntag (13.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) gegen Greu­ther Fürth ein Minijubiläum. Zum 20. Mal sitzt der 63-Jährige gegen die Franken auf der Bank des Kiezclubs. „20 Spiele? Das ist ja ein Riesending. Muss ich jetzt einen ausgeben? Habt ihr denn sonst keine Themen mehr?“, entgegnete der 63 Jahre alte Trainer und konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen.

An Geschichten mangelt es vor dem Duell mit den Franken aber wahrlich nicht. Da wäre zum einen die Schreckensbilanz gegen die „Kleeblätter“. Den letzten Heimsieg gegen Fürth feierte St. Pauli – die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern – am 13. Februar 1998. Den Treffer zum glanzlosen 1:0-Sieg erzielte vor 6393 Tagen Abwehrlegende André Trulsen.

Die Vorzeichen für eine Verbesserung dieser Bilanz stehen seit Freitag ein wenig besser. Linksverteidiger Marcel Halstenberg konnte nach überstandenen Problemen am Hüftbeuger das Mannschaftstraining problemlos absolvieren. „Wir haben eine gewisse Hoffnung, dass es mit ihm klappen kann“, sagte Lienen. Für Halstenberg würde Daniel Buballa wohl wieder auf die linke offensive Außenbahn rücken.

Deutlich schlechter sieht es bei Lasse Sobiech aus. Der Innenverteidiger, der seit dem letzten Ligaspiel gegen den KSC an einer hartnäckigen Einblutung in der Wade laboriert, wird den Sprung in den Kader nicht schaffen, zumal der 24-Jährige auch noch mit einer Nasennebenhöhlenentzündung zu kämpfen hat.

So wird zum größten Teil jene Mannschaft spielen, die am Montag mit 1:4 gegen Borussia Mönchengladbach im DFB-Pokal ausgeschieden war. Trotz der zu hoch ausgefallenen Niederlage hat das Selbstvertrauen auf St. Pauli nicht gelitten. Im Gegenteil: Die gute erste Halbzeit gegen den Champions-League-Teilnehmer soll die Basis für den Ausbau der guten Startbilanz mit vier Punkten aus zwei Spielen sein. „Die Mannschaft hat das Positive mitgenommen, dass wir 45 Minuten mit Mönchengladbach auf Augenhöhe agiert haben“, sagte Lienen, wohl wissend, dass individuelle Fehler im Defensivverhalten wie gegen Mönchengladbach auch im Tagesgeschäft Zweite Liga bestraft werden.

Straffrei möchte Trainer Lienen am Wochenende in jedem Fall bleiben. Nach dem letzten Heimspiel gegen die Fürther am 21. Spieltag der Vorsaison (0:1) wurde der St.-Pauli-Trainer vom Deutschen Fußball-Bund zu 3000 Euro Geldstrafe verdonnert, weil er das Schiedsrichtergespann medial an den Pranger gestellt hatte. Schiedsrichter Martin Petersen sprach St. Pauli damals einen Elfmeter zu, nahm ihn aber nach Rücksprache mit dem Linienrichter wieder zurück. Zudem lieferte sich Lienen einen verbalen Schlagabtausch mit dem vierten Schiedsrichter Frank Willenborg, der, wie es der Zufall will, am Sonntag als Hauptschiedsrichter gegen Fürth pfeifen wird. Das DFB-Urteil kommentierte Lienen mit den Worten: „Das ist eine Frechheit hoch drei.“ Mittlerweile sieht der erfahrene Coach die Vorfälle gelassen. „Das war ein richtig schönes Spiel mit sehr viel korrektem und fairem Verhalten von allen Seiten“, sagte Lienen mit ironischem Unterton.

„Es bringt aber nichts mehr, darüber nachzudenken. Das war damals eine andere Mannschaft, ein anderer Trainer und ein anderer Schiedsrichter“, sagte Lienen und ergänzte: „Zum Glück hat uns dieses Spiel nicht daran gehindert, die Klasse zu halten. Die drei Punkte hätten wir damals verdient gehabt“, sagte Lienen.

Um sich den ersten Heimsieg der Saison am Sonntag zu verdienen, erwartet der Trainer eine schwere Aufgabe. Fürth, wie St. Pauli mit einem Sieg und einem Unentschieden in die neue Saison gestartet, zeigte in der Liga zuletzt beim 2:2 bei Aufstiegsfavorit RB Leipzig, dass gerade in der Offensive viel Qualität vorhanden ist.

„Die hätten da vier, fünf Tore schießen müssen. Fürth ist sehr gut organisiert und hat eigentlich nur drei Spieler auf dem Platz, die nicht im Strafraum aktiv sind. Das ist eine gute Mannschaft“, sagte Lienen, der nichts dagegen hätte, am Sonntag sein „Minijubiläum“ mit einem Sieg zu krönen.

FC St. Pauli: Himmelmann – Nehrig, Gonther, Ziereis, Halstenberg – Alushi, Rzatkowski – Buballa, Maier, Sobota – Thy.SpVgg Greuther Fürth: Mielitz – Wurtz, Caligiuri, Röcker, Gießelmann – Hofmann – Stiepermann, Gjasula, Zulj, Freis – Berisha.Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück).