Hamburg. Unter Kuntz und Baumgart soll der Nachwuchs mehr Einsatzzeit erhalten. Welche Junioren in der Vorbereitung bei den Profis dabei sind.

Auf einmal wurde Stefan Kuntz deutlich in seiner Wortwahl. „Sie können mich darauf festnageln, wenn es nicht klappt“, sagte der neue Sportvorstand des HSV, nachdem er seinen zuvor mit Trainer Steffen Baumgart besprochenen Talente-Plan umrissen hatte.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass der HSV seine Jugendspieler nicht so entwickelt, dass sie eine Chance haben, bei den Profis zu spielen. Das ist ein Hauptaugenmerk“, bekräftigte Kuntz, dessen Vorstellungen „deckungsgleich“ mit denen von Baumgart seien.

HSV-Talente: Neue Chance im Sommer

Diese Aussagen sind auf den Tag genau zwei Wochen her, als Kuntz im Volkspark präsentiert wurde. Bevor der Manager klarstellte, dass sich die Durchlässigkeit der Nachwuchsspieler zu den Profis erhöhen muss, war Kuntz mit Baumgart eine Liste an Talenten durchgegangen, die eine Chance im Profitraining bekommen sollen.

So wurde den Youngstern Omar Sillah (20/Sturm), Hannes Hermann (19/Tor), Bilal Yalcinkaya (18/Mittelfeld), Tom Sanne (20/Sturm), Otto Stange (17/Sturm) sowie den ohnehin dauerhaft bei der Zweitligamannschaft trainierenden Elijah Krahn (20) und Nicolas Oliveira (20) zugesichert, die Sommervorbereitung unter Baumgart zu absolvieren.

Auch Fabio Baldé (18/Flügel) hat gute Chancen, beim Trainingsauftakt dabei zu sein. Dem einstigen Nachwuchsjuwel Omar Megeed (18), der im August 2022 als 16-Jähriger und damit jüngster Spieler in der Clubgeschichte bei den Profis debütierte, traut man den Sprung in den Kader dagegen zurzeit nicht zu.

Die HSV-Talente Otto Stange (v.l.), Bilal Yalcinkaya und Nicolas Oliveira.
Die HSV-Talente Otto Stange (v.l.), Bilal Yalcinkaya und Nicolas Oliveira. © Witters

HSV will mehr Spielzeit für Junioren

Kurzfristig sollen die Nachwuchskräfte an die Profis herangeführt werden, indem sie sich auch durch Einsatzzeiten in Testspielen beweisen können.

Langfristig verfolgt der HSV das Ziel, die Übergangsquote vom Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) zu den Profis zu erhöhen – und zwar nicht nur durch die Teilnahme am Training oder einem Platz auf der Ersatzbank im Spieltagskader. Die verbesserte Jugendarbeit soll auch in Form von Spielminuten bei den Profis messbar werden.

HSV-NLZ kostet jährlich acht Millionen – Kritik kommt auf

Der Hintergrund ist, dass nicht jeder im Club zufrieden mit der Bilanz des NLZ ist, das den HSV jährlich mehr als acht Millionen Euro kostet. Nun ruhen die Hoffnungen auf Kuntz, der sich in der Branche einen Ruf als Talentförderer gemacht hat. Der Zweitligist will dabei auch von dem Netzwerk des ehemaligen U-21-Nationaltrainers (2016 bis 2021) profitieren, der perspektivisch durch seine Kontakte auch internationale Jugendspieler zum HSV locken könnte.

Den Kritikern der Nachwuchsarbeit ist bewusst, dass eine höhere Integration der Junioren bei den Profis voraussichtlich über mehr als nur eine Saison aufgebaut werden muss. Deshalb wurden bereits im Winter die Weichen für die Zukunft gestellt, indem mit Loic Favé, Sven Marr, Benjamin Scherner, Julia Brinkschröder und Frank Weiland ein neues fünfköpfiges Führungsgremium um Nachwuchsdirektor Hrubesch gebildet wurde.

Favé, der bislang als Co-Trainer unter Baumgart agierte, soll ab Sommer die U21 von Trainer Pit Reimers übernehmen. Ob Favés Rolle bei den Profis personell ersetzt wird, ist noch offen. Der vakante Posten wurde intern bereits thematisiert – eine finale Entscheidung steht noch aus.

Welche HSV-Talente die größte Chance haben

Favé bleibt ein wichtiges Bindeglied zwischen dem NLZ und dem Zweitligateam. Der 31-Jährige soll die Talente vor allem individuell fördern und ihnen den Weg zu den Profis aufzeigen. „Junge Spieler zu entwickeln, heißt für mich, sie so vorzubereiten, dass sie für den Profikader infrage kommen“, sagte Kuntz vor Kurzem auf hsv.de. „Wir wollen schauen, dass Stück für Stück HSV-Eigengewächse im Profikader integriert werden.“

Loic Favé (l.) und HSV-Trainer Steffen Baumgart verstehen sich gut.
Loic Favé (l.) und HSV-Trainer Steffen Baumgart verstehen sich gut. © Witters

Aussichtsreichste Chancen haben Oliveira, U-17-Weltmeister Yalcinkaya, Stange und Sillah, dessen Stürmerprofil Baumgart gefällt. Der 1,92-Schalks könnte genauso wie Stange davon profitieren, dass der HSV-Coach auch mal mit zwei Spitzen agieren will.

Eine Profiperspektive traut man im Volkspark auch dem schnellen Rechtsverteidiger Kilian Machado (17) zu, der seine Position offensiv interpretiert. Der Deutsch-Portugiese soll behutsam an die Profis herangeführt werden. In der kommenden Saison ist er für die U19 fest eingeplant.

HSV-Talent Kilian Machado (17) ist für die U19 eingeplant.
HSV-Talent Kilian Machado (17) ist für die U19 eingeplant. © Imago / Michael Schwarz

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HSV will Durchlässigkeit der Talente erhöhen

Nachdem in der vergangenen Saison von den eigenen Nachwuchskräften unter Ex-Trainer Tim Walter nur Oliveira (136 Spielminuten in der Liga), Megeed (1) und Krahn (3) Einsatzzeit bei den Profis sammelten, kamen im Saisonendspurt unter Baumgart nur 30 Minuten für Oliveira hinzu. Diese Quote soll sich in der neuen Spielzeit deutlich erhöhen. Darauf lässt sich Kuntz sogar festnageln.