Hamburg. Lukas Kwasniok trifft am Freitag erstmals auf Vorgänger Steffen Baumgart. Warum der 42-Jährige auch beim HSV auf der Liste stand.

Es wird eine besondere Begegnung am Freitagabend für Lukas Kwasniok und Steffen Baumgart. Obwohl die beiden Fußballtrainer seit Jahren in der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga unterwegs sind, treffen sie sich zum ersten Mal als Gegner. Für Kwasniok und den SC Paderborn geht es eigentlich um nichts mehr, für Baumgart und den HSV dagegen um alles. Nur mit einem Sieg können die Hamburger ihre Chance auf den Relegationsplatz noch aufrecht erhalten.

Für Baumgart ist es gleichzeitig die erste Rückkehr als Trainer nach Paderborn. Dort hatte er sich im Sommer 2021 nach vier Jahren mit zwei Aufstiegen und einem Abstieg Richtung Köln verabschiedet. Für den 52-Jährigen also gleich zwei Premieren: Das erste Wiedersehen in der Paderborner Home-Deluxe-Arena – und das erste Duell mit Kwasniok, der vor drei Jahren sein Nachfolger beim SCP wurde.

Boldt hat eine hohe Meinung von Kwasniok

Drei Monate ist es dagegen erst her, dass Kwasniok noch vor Baumgart als neuer Trainer beim HSV gehandelt wurde. Sportvorstand Jonas Boldt hat eine hohe Meinung vom gebürtigen Polen, der in den vergangenen drei Jahren dreimal mit Paderborn im Volkspark zu Gast war, dabei zwei Siege und ein Unentschieden holte und stets dazu beitrug, dass der HSV den Aufstieg verpasste.

Es dauerte daher nicht lange, ehe Kwasniok nach der Entlassung von Tim Walter als Kandidat beim HSV im Gespräch war. Gemutmaßt wurde Anfang Februar, dass der Paderborner zur kommenden Saison zum HSV hätte kommen sollen, wenn es mit Übergangstrainer Merlin Polzin besser gelaufen wäre. Doch nach Polzins Einstand in Rostock (2:2) reagierte Boldt und installierte Baumgart als neuen Chefcoach. Das Thema Kwasniok hatte sich erledigt.

HSV erkundigte sich nach Kwasnioks Vertragslage

Wie das Abendblatt erfuhr, hatte sich der HSV tatsächlich vor der Amtsübernahme von Baumgart auch bei Kwasniok nach dessen Vertragslage erkundigt, bekam aber die Antwort, dass dieser nicht Mitten in der Saison seine Aufgabe in Paderborn beenden wolle. Mit seiner offensiven Grundausrichtung, aber auch der taktischen Variabilität, hatte er in jedem Fall auch beim HSV auf sich aufmerksam gemacht.

Im vergangenen Sommer stand Kwasniok bereits kurz vor dem Sprung in die Bundesliga. Borussia Mönchengladbach dachte ebenso über eine Verpflichtung nach wie der VfB Stuttgart, der sich aber für Sebastian Hoeneß entschied. Kwasniok standen viele Türen offen, doch dann geriet der frühere Karlsruher Jugendcoach in die Schlagzeilen, weil er vor dem letzten Spieltag auf Mallorca wegen des Verdachts des sexuellen Übergriffs festgenommen wurde. Das Verfahren wurde zwar später eingestellt, doch seine Karriere war vorerst ausgebremst.

Beim HSV hat man den 42-Jährigen dennoch weiter beobachtet. Der ehemalige Co-Trainer Julian Hübner soll Kwasniok bei Boldt mehrfach empfohlen haben. Hübner und Kwasniok arbeiteten vor einigen Jahren beim KSC in der Jugend zusammen und halten bis heute Kontakt.

Baumgart hat mit dem Derbysieg ein Statement gesetzt

Die Gegenwart beim HSV heißt nun aber Baumgart. Mit dem Sieg im Stadtderby gegen den FC St. Pauli hat der 52-Jährige ein Statement gesetzt, um in Zukunft den HSV führen zu dürfen. Am Dienstag wirkte der Hamburger Chefcoach gelöst, gab viele Autogramme und machte Fotos mit den Fans. Erstmals in seiner Amtszeit beim HSV hat er zwei Siege in Folge eingefahren. In Paderborn soll der dritte folgen.

Beim Ligakonkurrenten aus Ostwestfalen wird Baumgart noch immer verehrt, nachdem er den SCP vom Absteiger in die vierte Liga innerhalb von zwei Jahren in die Bundesliga geführt hatte. Baumgart war 2017 beim abstiegsbedrohten Drittligisten eingestiegen, konnte den Abstieg trotz elf Punkten in den letzten fünf Spielen aber nicht mehr verhindern. Nur durch den Zwangsabstieg von 1860 München durfte Paderborn in der Dritten Liga bleiben. Baumgart sagte später mal über seinen Start beim SCP: „Ich bin zu einer Zeit nach Paderborn gegangen, in der das nicht jeder gemacht hätte. Aber meine Frau hat dann gesagt: Mach es, du kannst es.“

Kwasnioks Fußball ähnelt dem von Baumgart

Für Baumgarts Nachfolger Kwasniok war es vor drei Jahren kein einfaches Erbe. Doch mit seinem offensiven Fußball, der der Philosophie von Baumgart ähnelt, schaffte es Kwasniok schnell, dass in Paderborn nicht mehr so viel über den Ex-Trainer geredet wurde. „Es ist hier eine Symbiose zwischen mir und den Menschen entstanden“, sagte Kwasniok im Oktober 2022 im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Kurz zuvor war er Baumgart beim DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen im Stadion begegnet. „Wir haben uns nach dem Spiel gegen Werder in der Trainerkabine getroffen und kurz angestoßen. Baumi hat hier einen Heldenstatus. Er ist jederzeit willkommen“, sagte Kwasniok.

Am Freitag wird der aktuelle Paderborner Trainer den ehemaligen Paderborner Trainer nun zum direkten Duell willkommen heißen. Und wer weiß, vielleicht werden die beiden Fußballlehrer mal beide die Station HSV in ihrem Lebenslauf stehen haben, wenn sie sich in einigen Jahren in einem anderen Stadion wiedersehen.