Hamburg. Nachdem die Hamburger wohl auch in der neuen Saison in der Zweiten Liga antreten müssen, stehen einige Änderungen an. Die Hintergründe.
In drei Wochen geht es für den HSV um viel Geld. Am 14. und 15. Mai kämpft Innenverteidiger Mario Vuskovic vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) um den Beweis seiner Unschuld. Der wegen Epo-Dopings seit November 2022 gesperrte Kroate hofft auf einen Freispruch. Und mit ihm der gesamte HSV.
Sollte Vuskovic den Hamburgern in der kommenden Saison wieder zur Verfügung stehen, hätte das erhebliche Auswirkungen auf die Kaderplanung des HSV – sportlich und wirtschaftlich. Bis 2025 steht der 22-Jährige im Volkspark noch unter Vertrag.
HSV News: Boldt reist zur Vuskovic-Verhandlung
In Lausanne will auch Jonas Boldt wieder dabei sein. Der Sportvorstand des HSV hatte den Abwehrspieler bereits bei den ersten Prozesstagen vor dem DFB-Sportgericht unterstützt. Allerdings ist nach der jüngsten 0:1-Niederlage gegen Holstein Kiel und der damit verbundenen Planungssicherheit für ein siebtes Zweitligajahr aktuell noch unklar, ob Boldt sich auch in Zukunft noch um die sportlichen Belange des HSV kümmern wird.
Der 42-Jährige besitzt zwar genau wie Vuskovic noch einen bis 2025 laufenden Arbeitsvertrag, doch der Aufsichtsrat der HSV Fußball AG muss bis dahin zunächst entscheiden, ob Boldt seinen Vertrag beim HSV erfüllen wird – oder es nach fünf Jahren zu einem Neustart kommen soll.
Eine Trennung von Boldt hätte große Auswirkungen
Es ist eine Entscheidung, die weitreichende Folgen hätte. Sollte sich der HSV gegen eine Zukunft mit Boldt entscheiden, hätte das auch Auswirkungen auf seine engsten Vertrauten, insbesondere Sportdirektor Claus Costa und Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch, die ihre Verträge vor einem Jahr verlängert hatten.
Trennt sich der HSV von Boldt, müsste er nicht nur die Abfindung für den Manager zahlen, sondern sich voraussichtlich auch nach neuen Führungskräften für die Kaderplanung und den Nachwuchs umschauen. Zudem müsste ein neuer Sportvorstand entscheiden, ob er mit Trainer Steffen Baumgart in die neue Saison geht, oder auch auf dieser Position einen Neustart plant.
Und dann wäre da auch noch die weitere Besetzung im Vorstand zu bedenken. Bislang hat der HSV auf das Vorstandsduo Boldt und Eric Huwer (Finanzen) gesetzt. Schon seit Längerem gibt es die Überlegung, einen dritten Vorstand zu installieren, der gleichzeitig die Funktion eines CEO übernehmen könnte.
Keine Signale für schnelle Trennung
Aktuell sind aus dem Aufsichtsrat keine Signale einer schnellen Trennung zu entnehmen. Der Vorsitzende Michael Papenfuß erklärte in der „Bild“, dass der Vorstand das Vertrauen des Gremiums genieße. Klar ist nur eines: Ein personeller Umbruch ist teuer. Alleine eine Trennung von Boldt mitsamt seinen Begleiterscheinungen und Nachfolgelösungen würde den Club einen Millionenbetrag kosten.
Die gute Nachricht: Boldt hat im Zusammenspiel mit Huwer durch die personelle Kontinuität dafür gesorgt, dass der HSV sich einen sportlichen Umbruch leisten könnte. Im laufenden Geschäftsjahr wird der Club durch den nahezu feststehenden Nichtaufstieg und die damit verbundene Einsparung der Aufstiegsprämien zum dritten Mal in Folge eine positive Bilanz erwirtschaften. Hinzu kommt der Zuschauerrekord, der die kalkulierten Zahlen erneut übertrifft.
Geringe Kündigungsrate im Businessbereich
Insbesondere im Bereich der Businessseats und Logen gibt es erfreuliche Zahlen. Nach Abendblatt-Informationen liegt die Kündigungsrate nach dem 31. März bei nur acht Prozent. Das ist eine deutlich bessere Quote als noch zu Bundesligazeiten und vergleichbar mit Champions-League-Teilnehmern. Auch beim Halbfinalisten Borussia Dortmund liegt die Kündigungsrate bei nur acht Prozent. Der HSV wird also auch in einem siebten Zweitligajahr bei seinen zahlungskräftigsten Kunden ausverkauft sein.
Unabhängig von der Personalie Boldt ist schon jetzt klar, dass der HSV auf dem Transfermarkt investieren muss, um in einer Liga mit Clubs wie Schalke 04, Hertha BSC und wahrscheinlich auch dem 1. FC Köln sportlich mithalten zu können. Dem HSV fehlt neben Robert Glatzel ein zweiter Topstürmer. Auch im defensiven Mittelfeld und den offensiven Außenbahnen muss sich der Club verstärken. Eine erneute Leihe von Rechtsverteidiger Ignace Van der Brempt (RB Salzburg) könnte ein Thema werden.
Wie sieht die Innenverteidigung künftig aus?
In der Innenverteidigung hängt vieles am Ausgang des Falls Vuskovic. Im zentralen Mittelfeld muss der HSV nach Ersatz für Laszlo Benes Ausschau halten. Immerhin wird ein Wechsel des Slowaken, der in die Bundesliga will, dem HSV eine Summe zwischen zwei und drei Millionen Euro einbringen. Geld, mit dem andere Clubs einen aufstiegsreifen Kader zusammengestellt haben. Als Beispiel hierfür gilt Holstein Kiel, das im vergangenen Sommer für einen großen Umbruch nur rund eine Million Euro an Ablösesummen ausgegeben hat.
Weiteres Geld winkt dem HSV durch eine Weiterverkaufsbeteiligung an Amadou Onana. Der 22 Jahre junge Belgier vom FC Everton steht bei mehreren europäischen Topclubs auf der Liste, unter anderem beim FC Bayern München. Der HSV ist mit 20 Prozent an einem Transferüberschuss beteiligt. Der HSV könnte also weitere Millionen verdienen, sollte Onana nach der EM den Club wechseln.
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Weitere Sondereffekte, die die HSV-Finanzen positiv beeinflusst haben, waren die Einnahmen aus dem Merchandising, die Austragung der Europapokal-Spiele von Shachtar Donezk sowie die Konzerte im vergangenen Sommer.
Wer Finanzvorstand Huwer kennt, der weiß aber auch, dass er das Geld nicht für einen kurzfristigen sportlichen Erfolg investieren wird. Er setzt auf einen Drei- bis Fünfjahresplan, um einen dauerhaften sportlichen Erfolg zu ermöglichen. Zumal die Stadionmodernisierung bislang zwar günstiger ausfiel als erwartet, mit der EM im Sommer aber nicht abgeschlossen ist.
Zusammenfassend lässt sich die große Frage daher wie folgt beantworten: Ein personeller Umbruch ist möglich. Von einem radikalen Neustart mit einem Namen wie Ralf Rangnick kann der HSV dagegen finanziell nur träumen.