Hamburg. Bei Jatta kann es wild werden, sagt André Kilian vor dem Spiel mit Magdeburg gegen seinen Ex-Club HSV. Titz trifft Baumgart.

Vor zwei Tagen hatte André Kilian etwas zu feiern. Der Co-Trainer des 1. FC Magdeburg ist seit Mittwoch offiziell Inhaber der A-Lizenz. In Frankfurt hatte der 36-Jährige nach neun Monaten Lehrgang sein erfolgreiches Abschlussgespräch. Rechtzeitig zum Duell am Sonntag (13.30 Uhr) gegen seinen Ex-Club HSV kann sich Kilian wieder ausschließlich auf seine Mannschaft konzentrieren.

„Der Aufwand ist enorm, um alles unter einen Hut zu bekommen“, sagte Kilian am Donnerstagnachmittag, als er sich in die 200. Ausgabe des Abendblatt-Podcasts HSV – wir müssen reden zuschaltet.

HSV tat Magdeburgs Assistent Kilian leid

Von 2018 bis 2019 war Kilian als Assistent zunächst unter Cheftrainer Christian Titz und anschließend unter Hannes Wolf im ersten Zweitligajahr der HSV-Geschichte dabei, als die Hamburger zum ersten Mal den Aufstieg verpasst hatten. Es sollten vier weitere Nichtaufstiege folgen.

So knapp wie im vergangenen Jahr, als der HSV trotz 66 Punkten in der Zweiten Liga blieb, war es nie zuvor. Schuld daran hatte auch Kilian, der mit Magdeburg als Aufsteiger gleich zweimal gegen den HSV gewann. Unter anderem vor genau einem Jahr, als der FCM im April zu Hause mit 3:2 gegen die Hamburger siegte.

„Der HSV tat mir leid, weil er in die Bundesliga gehört. Die Fans, der Verein und die Stadt hätten es sich verdient. Ich glaube, dass es der HSV in dieser Saison noch schaffen kann“, sagt Kilian rund ein Jahr später.

HSV-Coach Baumgart trifft auf Titz

Damit aus diesem „kann es schaffen“ ein „hat es geschafft“ wird, braucht die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart am Sonntag in Magdeburg drei Punkte. Die braucht aber auch der Gastgeber, der nach einem starken Saisonstart mittlerweile seit fünf Spielen nicht mehr gewonnen und in diesem Zeitraum nicht ein einziges Tor geschossen hat. Jener FCM, der an den ersten fünf Spieltagen zusammen mit dem HSV noch die meisten Tore geschossen hatte (13) und überraschend Relegationsplatz drei belegte.

Diesen Platz hat nun aber nur noch der HSV im Blick. Für Magdeburg dagegen geht es darum, Relegationsplatz 16 oder sogar den direkten Abstieg zu vermeiden. Trotz des Drucks werden Kilian und sein Chef Christian Titz – genau wie in ihrer Zeit beim HSV – an ihrer mutigen Spielweise mit viel Ballbesitz und spielerischen Lösungen festhalten.

Vor dem HSV und dem FC St. Pauli (jeweils 55 Prozent) hat Magdeburg mit 61 Prozent den statistisch meisten Ballbesitz der Liga. Es wird also allein aus taktischer Perspektive ein spannendes Spiel in der MDCC-Arena werden. Auf der einen Seite der Power-Pressing-Fußball von Baumgart, auf der anderen Seite die konsequente Ballbesitz-Philosophie von Titz.

Wie Magdeburg den HSV bespielen will

„Wir brauchen eine höhere Stabilität gegen den Ball als in anderen Spielen, weil die individuelle Qualität der Hamburger Spieler richtig, richtig gut ist“, sagt Kilian. „Aber wir werden trotz allem versuchen, in großen Teilen unser Spiel durchzuziehen. Die Mischung aus Balance, Mut und Überzeugung wird uns auszeichnen“, so Kilian.

Vor zwei Wochen wurde diese Herangehensweise beim 0:7 gegen den Karlsruher SC gleich mehrfach bestraft. „Es kommt auch auf unser Risikomanagement an. Wir müssen den richtigen Moment erwischen, die vordere Pressingreihe des HSV zu überspielen“, sagt Kilian.

Kilian schwärmt von Jatta

Während in der ersten Pressinglinie des HSV voraussichtlich wieder Andras Nemeth anstelle des auch am Donnerstag noch immer nur individuell trainierenden Robert Glatzel anlaufen wird, hat Kilian vor allem vor seinem ehemaligen Schützling Bakery Jatta Respekt. Der Gambier schaffte in der HSV-Saison 2018/19 unter Kilian den Durchbruch.

„Ich freue mich, dass es so gut für ihn läuft beim HSV. Er ist ein toller Typ und ein toller Spieler. Er hat total verdient, was in seinem Leben gerade passiert“, sagt Kilian, der sich vor allem noch an Jattas Tor im Halbfinale des DFB-Pokals im April 2019 gegen RB Leipzig erinnert.

Im selben Monat kassierte der HSV allerdings in der Liga auch trotz eines Jatta-Tores eine mehr als bittere Heimniederlage in der Nachspielzeit gegen den späteren Absteiger Magdeburg. Diese zwei Punkte fehlten dem HSV am Ende zum direkten Aufstieg. Ein Spiel, das Kilian bis heute nicht vergessen hat.

Der frühere HSV-Assistent André Kilian (l.) schwärmt noch heute über Bakery Jatta (M.).
Der frühere HSV-Assistent André Kilian (l.) schwärmt noch heute über Bakery Jatta (M.). © Witters

Kilian lobt HSV-Trainer Baumgart

Doch all das ist Vergangenheit. Nun will er mit Magdeburg einen erneuten Abstieg wie 2019 mit aller Macht verhindern. Während FCM-Chefcoach Titz zum ersten Mal in seiner Trainerkarriere auf Baumgart trifft, kennt Kilian den aktuellen HSV-Coach noch aus seiner eigenen HSV-Saison, als er gleich dreimal gegen Paderborn spielte, ihn zweimal besiegte (Liga, DFB-Pokal), aber auch das entscheidende Spiel um den Aufstieg am 33. Spieltag mit 1:4 verlor.

„Er strahlt eine Energie auf seine Mannschaft aus, das löst enorm viel Respekt aus“, sagt Kilian über Baumgart. „Wir wissen, dass eine Power im Anlaufen auf uns zukommt. Es wird wilde Phasen im Spiel geben, in denen der HSV versuchen wird, uns mit tiefen Bällen im Umschaltspiel wehzutun, gerade wenn Bakery Jatta auf dem Platz steht.“

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HSV in Magdeburg: Pollersbeck fällt aus

Während mit Tatsuya Ito am Sonntag ein ehemaliger Hamburger seinen früheren Club wie vor einem Jahr ärgern will, muss ein anderer Ex-HSVer das Wiedersehen absagen. Torhüter Julian Pollersbeck, der das HSV-Spiel unter Titz und Kilian 2018 als Torwart-Libero prägte und seit dieser Saison in Magdeburg unter Vertrag steht, fällt wegen eines Muskelfaserrisses im Trizepsmuskel erneut aus.

„Das ist eine sehr ungewöhnliche Verletzung. Und trotzdem zeigt die Trendwende bei ihm klar nach oben“, sagt Kilian. „Man merkt ihm an, dass er Bock auf Konkurrenzkampf hat. Dieser fehlte ihm bei seinen vorherigen Stationen.“

Kilian selbst freut sich, am Sonntag seine ehemaligen Kollegen wie Athletiktrainer Daniel Müssig wiederzusehen. In der kommenden Saison will er aber gerne auf ein erneutes Treffen mit dem HSV verzichten. Mit Magdeburg will er zwar die Liga halten, seinen Ex-Club dann aber am liebsten endlich in der Bundesliga sehen.

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