Hamburg. Der Torhüter machte gegen seinen Ex-Club ein überragendes Spiel. Aufstieg bleibt möglich für die Hamburger: „Tut sehr gut“.
Steffen Baumgart und Friedhelm Funkel hüpften an der Seitenlinie um die Wette. Die befreundeten Trainer des HSV und des 1. FC Kaiserslautern hatten am Sonnabendnachmittag im ausverkauften Volksparkstadion ein ereignisreiches Spiel erlebt. Nach 90 Minuten musste sich Trainerroutinier Funkel seinem jüngeren Kollegen geschlagen geben.
Der HSV feierte unter Baumgart beim 2:1 (1:1) den zweiten Heimsieg in Folge und holt sich mit 48 Punkten vorübergehend Relegationsplatz drei zurück. Holstein Kiel bleibt nach dem 4:0-Sieg in Nürnberg aber weiterhin mit sieben Punkten Vorsprung in weiter Ferne. „Wir hatten mit Matheo einen sehr, sehr guten Torwart, der aus meiner Sicht jetzt hoffentlich langsam auch mal als der Rückhalt respektiert wird, der er heute für uns war“, wurde HSV-Coach Baumgart nach dem Spiel deutlich.
HSV gegen Kaiserslautern: Baumgarts Aufstellung überraschte
Laszlo Benes (34.) und Lukasz Poreba (61.) trafen für den HSV, Ragnar Ache glich zwischenzeitlich aus (45.1). „Ein Sieg ist immer wichtig. Aber insbesondere in dieser Phase wussten wir, dass wir eine Reaktion zeigen müssen“, sagte Benes. „Wir haben schon viele Punkte liegen gelassen, was so nicht passieren darf. Deshalb tun die drei Punkte sehr gut.“
Der HSV erkämpfte sich vor 57.000 Zuschauern den Sieg gegen einen guten FCK, präsentierte sich aber nicht wie ein Aufstiegskandidat. Ob das an den vielen Umstellungen von Baumgart lag? Der HSV-Coach hatte mit seiner Aufstellung vor dem Spiel fast alle Experten überrascht.
Suhonen mit Startelfcomeback
Erstmals seit April 2023 durfte Anssi Suhonen wieder von Beginn an wirbeln. Anders als unter Tim Walter spielte der Finne aber nicht im zentralen Mittelfeld, sondern auf dem rechten Flügel für Bakery Jatta, der erstmals unter Baumgart nur auf der Bank saß. Dort gesellte sich Jatta zu Immanuel Pherai, der für Lukasz Poreba aus der Startelf flog. Der Pole stand zum ersten Mal in diesem Jahr in der Anfangsformation.
„Lukasz hat sich diese Chance durch seine Trainingsleistungen verdient“, sagte Baumgart vor dem Spiel bei Sky und betonte, dass er die Änderungen nicht aufgrund von Unzufriedenheit mit Pherai vorgenommen habe. Vielmehr sei es eine taktische Idee gewesen, da Baumgart mit viel Ballbesitz gegen einen tiefstehenden Gegner rechnete. „Anssi ist gut im Eins-gegen-eins. Das brauchen wir heute.“
Katterbach ersetzte den gesperrten Muheim
Zudem ersetzte Noah Katterbach den gelbgesperrten Miro Muheim auf der linken Abwehrseite. Für Robert Glatzel (krank) spielte erneut Andras Nemeth, der in Fürth für seine vergebenen Torchancen kritisiert wurde. Baumgart ist trotzdem überzeugt von dem jungen Stürmer aus Ungarn. „Ich hoffe dass er so spielt wie im Training.“ Um es vorwegzunehmen: Nemeth blieb erneut torlos.
Gegen den Tabellen-17. aus Kaiserslautern, der am Mittwoch noch den Einzug ins Pokalfinale gefeiert hatte, versuchte es der HSV mit hoher Intensität in den ersten Minuten. Aber auch der FCK spielte – anders als von Baumgart vermutet – mutig nach vorne und hatte durch Aches Kopfball die erste Chance (4.). Auf der anderen Seite hatte Laszlo Benes ebenfalls per Kopf die erste Möglichkeit für den HSV, traf den Ball nach der Ablage von Ransford Königsdörffer frei vor dem Tor aber nicht richtig (6.).
Kaiserslautern wurde früh gefährlich
Dem HSV war anzumerken, dass er in dieser Formation noch nie zusammengespielt hatte. Porebas Pässe waren gut gemeint, aber von seinen Kollegen nur selten so erwartet. Zudem machten die Hamburger einige Stockfehler, die böse hätten enden können. Katterbach (gegen Tachie/8.) und Dennis Hadzikadunic (gegen Aaron Opoku/11.) patzten gleich doppelt, doch der FCK ließ die Fehler unbestraft. Tymoteusz Puchacz (12.) und Tachie (27.) ließen weitere Chancen ungenutzt. HSV-Torhüter Raab hatte gegen seinen Ex-Club mehr zu tun, als ihm lieb war.
Gut für den HSV, dass er sich in dieser Saison auf seinen Topscorer verlassen kann. Benes traf zunächst nach Vorlage von Königsdörffer den Pfosten (32.), wenig später dann ins Tor. Wieder war es Königsdörffer, der den Ball in die Mitte brachte. Benes ging in die Box und war zum 13. Mal in dieser Saison zur Stelle. Durch die Beine des früheren St.-Pauli-Torhüters Robin Himmelmann traf der Slowake zur etwas schmeichelhaften Führung (34.).
Die Hamburger machten zu viele Fehler
Sonderlich viel Aufschwung brachte dem HSV der Treffer aber nicht. Im Gegenteil. Die Hamburger produzierten weitere Fehler. Den gröbsten davon beging Aushilfsrechtsverteidiger, dem eine Ballannahme missglückte. Ex-HSV-Stürmer Opoku schnappte sich den Ball und brachte ihn mit links auf den langen Pfosten. An drei Hamburgern vorbei rollte er direkt vor die Füße von Ache, der aus fünf Metern nur noch den einschieben musste (45.+1). Der mehr als verdiente Ausgleich für die Gäste.
„Es ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Nach dem 1:0 waren wir nicht mehr so aktiv, da haben wir uns nicht mehr so für die Bälle angeboten. Auch wenn wir führen, müssen wir weiter mit Druck nach vorne spielen“, sagte Benes.
Raab zeigt überragende Doppelparade
Baumgart beendete in der Halbzeit seinen Versuch mit dem unauffälligen Suhonen auf dem Flügel und brachte Jatta, der auch direkt für Schwung sorgte. Nach einer Freistoßflanke von Benes verpasste es der Gambier, mit den Haarspitzen zu verlängern. So klatschte der Ball an den linken Pfosten (49.). Der zweite Aluminiumtreffer für den Mittelfeldmann. Wenig später scheiterte auch Poreba per Kopf (53.).
In der 61. Minute ereignete sich dann die entscheidende Szene des Spiels. Raab verhinderte gegen Almamy Touré gleich zweimal die sichere Führung für den FCK, stattdessen jubelte Sekunden später der HSV. „Heute war ich es, die Wochen davor war es jemand anderes. Wir freuen uns füreinander. Es ist egal, wer die Tore schießt oder Bälle hält“, sagte Raab. „Ich war lange Zeit in Kaiserslautern. Ich habe aber versucht, es wie ein normales Spiel anzugehen und die Emotionen rauszulassen. Das ist mir ganz gut geglückt.“
Poreba nach Treffer sofort ausgewechselt
Der direkte Konter lief bis zu Nemeth, der aus spitzem Winkel abzog. Lautern konnte den Ball zweimal nicht klären, ehe Poreba aus dem Rückraum mit links zum 2:1 für die Hamburger traf (61.). Nach Videoüberprüfung (Königsdörffer stand abseitsverdächtig in der Schussbahn) erkannte Schiedsrichter Deniz Aytekin den Treffer an.
Kurios: Am Spielfeldrand stand Pherai bereits zur Einwechslung für Poreba bereit. Nach seinem ersten Tor für den HSV wurde der Pole dann umgehend ausgewechselt. Zudem kam Moritz Heyer für Katterbach. Der HSV versuchte, die Führung zu verteidigen und schaltete in den Kontermodus.
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Nach drei Wochen gab dann auch Jean-Luc Dompé sein Comeback für den HSV. Der Franzose hatte mit einem seiner typischen Dribblings auch gleich das 3:1 auf dem Fuß, doch Himmelmann hob ab und hielt seinen Schlenzer fest (83.). Am Ende zitterte sich der HSV den Sieg über die Zeit. Für die drei Punkte konnte er sich am Ende vor allem bei Torhüter Raab bedanken, der mit seinen zwei Paraden vor dem 2:1 für die Szene des Tages sorgte.
„Kaiserslautern hat es richtig gut gemacht, auch aus dem einen oder anderen Aufbaufehler, die wir gemacht haben. Trotzdem haben die Jungs gefightet und sich in die Bälle reingeworfen“, sagte Baumgart. Für den HSV geht es nun darum, am kommenden Wochenende in Magdeburg nachzulegen und erstmals seit Anfang September wieder zwei Spiele in Folge zu gewinnen. Ansonsten wäre zumindest der direkte Aufstieg endgültig abgehakt.
- HSV: Raab – Hadzikadunic, Schonlau, Katterbach (63. Heyer) – Meffert, Reis – Poreba (63. Pherai), Benes – Suhonen (46. Jatta), Nemeth (76. Dompe), Königsdörffer (88. Ramos).
- Kaiserslautern: Himmelmann – Toure (63. Ronstadt), Elvedi, Tomiak, Puchacz – Kaloc, Niehues – Tachie (82. Abiama), Raschl (75. Ritter), Opoku (75. Stojilkovic) – Ache (63. Hanslik).
- Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach).