Düsseldorf. Die Hamburger verlieren zum zweiten Mal in Folge mit ihrem neuen Trainer. Die Niederlage in Unterzahl ist besonders bitter.

Steffen Baumgart ging immer wieder über die Grenzen seiner Coachingzone hinaus und feuerte seine Spieler an. Der neue HSV-Trainer glaubte bis zum Schluss an das Comeback seiner Mannschaft, die bei der 0:2 (0:1)-Niederlage am Freitagabend bei Fortuna Düsseldorf allerdings einige Fragezeichen hinterließ.

Nach der zweiten Niederlage in Folge und einem erneut offensiv harmlosen Auftritt rückt der Aufstieg in immer weitere Ferne. An diesem Spieltag könnten die Hamburger sogar vom Relegationsplatz verdrängt werden, wenn Hannover 96 am Sonnabend in Wiesbaden gewinnt.

HSV verliert bei Fortuna Düsseldorf

Weil Baumgart dem von seiner Rotsperre zurückgekehrten Laszlo Benes eine Einsatzgarantie ausgesprochen hatte, musste Ransford Königsdörffer aus der Startformation weichen. Mit Benes, Jonas Meffert, Ludovit Reis und Immanuel Pherai entschied sich Baumgart für vier zentrale Mittelfeldspieler.

Auf dem Platz ordnete sich das je nach Spielsituation unterschiedlich an: Bei tiefem gegnerischen Ballbesitz sollte, wie schon in den bisherigen beiden Spielen unter Baumgart, Pherai als zweite Spitze neben Robert Glatzel hoch anlaufen. Bei eigenem Ballbesitz agierte Benes abwechselnd mit Pherai als eingerückter linker Flügelstürmer in einem 4-3-3.

Trainer Baumgart legt Fokus aufs Zentrum

Mit dieser Maßnahme legte der HSV-Trainer den Fokus aufs Zentrum, in dem seine Mannschaft durch möglichst wenig Kontakte einen direkteren Weg zum Tor suchen sollte als zuletzt. So weit die Theorie.

In der Praxis wirkte das Angriffsspiel der Hamburger allerdings statisch, zumal auf dem schlechten Rasen ein gepflegtes Kurzpassspiel kaum möglich war. Die defensiv sehr tief stehenden Düsseldorfer sorgten mit ihrer mannorientierten Verteidigung dafür, dass der HSV trotz einer hohen Ballbesitzquote von phasenweise 70 Prozent kaum gefährlich vors Tor kam.

Topstürmer Glatzel erneut glücklos

Insbesondere Torjäger Glatzel tat sich gelegentlich schwer mit dem von Baumgart geforderten schnellen Kombinationsfußball. Auch im dritten Spiel unter der Regie des neuen Coaches gelang es kaum, den wohl besten Stürmer der Zweiten Liga in aussichtsreiche Abschlusssituationen zu bringen.

Auf der Gegenseite zeigte die Fortuna, wie schneller und direkter Umschaltfußball gelingen kann. Weil der seit Wochen defensiv fehlerhafte Ignace Van der Brempt zu viel Abstand zu Düsseldorfs Unterschiedsspieler Christos Tzolis hielt, durfte dieser unbedrängt scharf vors Tor flanken, wo weder die Innenverteidiger Sebastian Schonlau und Dennis Hadzikadunic noch der eingerückte Noah Katterbach ein Auge für Felix Klaus hatten, der aus kurzer Distanz zur 1:0-Führung für die Fortuna traf (11.).

Katterbach verletzt sich am Oberschenkel

Zu allem Überfluss verletzte sich auch noch Katterbach, der sich an den linken Oberschenkel griff, bei dieser Aktion und musste schon früh durch Moritz Heyer ersetzt werden (14.). Es dauerte ganze 30 Minuten, bis es den Hamburgern gelang, aus ihrer dominanten Spielweise Torgefahr zu entwickeln. Über Benes und Heyer landete der Ball bei Glatzel, der aus knapp 17 Metern nur wenige Zentimeter links am Pfosten vorbei zielte (30.).

Die Fortuna stand jetzt immer tiefer, und der HSV durfte in Handball-ähnlicher Manier entlang des Strafraum kombinieren. Immer, wenn der finale Pass oder ein Abschluss vonnöten gewesen wäre, trafen die Gäste die falsche Entscheidung.

HSV mit Rückstand in die Halbzeit

So ging es mit Rückstand in die Pause. „Steffen Baumgart wollte spielstarke Jungs, um hinter die Düsseldorfer Abwehrkette zu kommen. Das ist bei diesen Platzbedingungen aber schwierig“, fasste Sky-Experte Sören Gonther die missliche Offensivlage in der Halbzeit zusammen.

Zu Beginn des zweiten Durchgangs ließ Baumgart seine Flügelspieler Jatta und Benes zunächst die Seiten tauschen. Auf Linksaußen wirkte Jatta allerdings noch verlorener als ohnehin schon. Der erste Annäherungsversuch für den Ausgleich kam vom aufgerückten Hadzikadunic, dessen strammer Distanzschuss das Außennetz tuschierte (51.).

Fünfter Platzverweis der Saison: Heyer sieht Gelb-Rot

Sämtliche Offensivbemühungen erlitten allerdings einen herben Dämpfer, als der bereits Gelb-vorbelastete Heyer im Mittelfeld zu spät in den Zweikampf kam und Düsseldorfs Torschützen Klaus mit offener Sohle am Knöchel traf. Schiedsrichter Martin Petersen hatte keine andere Wahl und schickte den HSV-Verteidiger mit Gelb-Rot vom Platz (51.).

Für die Hamburger ist es bereits der fünfte Platzverweis in dieser Saison. Diese Statistik könnte am Ende den Aufstieg kosten. „Die Gelb-Rote Karte ist unserem Plan entgegengekommen", sagte Düsseldorfs Trainer Daniel Thioune.

Tzolis sorgt für die Entscheidung

Auf dem Rasen wirkte es nun phasenweise so, als spielt der HSV nicht nur mit einem Mann weniger. Während es den Hamburgern kaum noch gelang, in Ballbesitz zu bleiben, trauten sich die bis dahin so passiven Düsseldorfer immer häufiger in die gegnerischen Hälfte.

Nach einem Fehlpass von Meffert steckte Fortunas Dennis Jastrzembski auf Tzolis durch, der wegen der Passivität Van der Brempts und Hadzikadunics alleine aufs Tor zulaufen durfte und vor Matheo Raab die Nerven behielt (63.) – die Vorentscheidung.

Schonlau: „Trainer sagt, wir sollen ruhig bleiben"

Der Keeper verhinderte mit zwei Paraden am Ende eine noch höhere Niederlage. Baumgart hatte seinen Nerven erst in der Schlussphase verloren und verlieh seinem Frust Ausdruck.

Schon kurz danach fand er offenbar aber wieder die passenden Worte. „Der Trainer hat uns eben im Kreis noch gesagt, dass wir jetzt ruhig bleiben sollen", sagte Schonlau und ergänzte: „Ich mache mir keinen Kopf, dass wir die Energie wieder draufkriegen. Fußball geht immer wieder von vorne los. Solange das Ding nicht durch ist, werden wir kämpfen."

  • Fortuna Düsseldorf: Kastenmeier – Zimmermann, Quarshie (44. Siebert), Oberdorf, Gavory (87. Uchino) – Engelhardt, Tanaka – Klaus (60. Jastrzembski), Johannesson (87. Manu), Tzolis – Daferner (60. Mustapha).
  • HSV: Raab – Van der Brempt (73. Öztunali), Hadzikadunic, Schonlau, Katterbach (14. Heyer) – Meffert (73. Suhonen) – Pherai (73 Németh), Benes, Reis (58. Königsdörffer) – Glatzel, Jatta.
  • Tore: 1:0 Klaus (11.), 2:0 Tzolis (63.).
  • Schiedsrichter: Petersen (Stuttgart).
  • Zuschauer: 52.000 (ausverkauft).
  • Gelbe Karten: Siebert (4), Johannesson (4).
  • Gelb-Rote Karte: Heyer.
  • Statistiken: Torschüsse: 8:11; Ecken: 4:1; Ballbesitz: 40:60 Prozent; Zweikämpfe: 66:89; Laufleistung: 125,2:118,4 Kilometer.