Hamburg. Stürmer Königsdörffer lagen im Sommer und im Winter Angebote vor. HSV ließ ihn nicht gehen, aber ein Wechsel bleibt ein Thema.
Am späten Sonntagabend wandte sich Ransford Königsdörffer über das soziale Netzwerk Instagram an seine Fans. Der 22-Jährige postete zwei untereinander geschnittene Fotos, die verdeutlichten, dass er sein wenige Stunden zuvor beim Trainerdebüt von Steffen Baumgart erzieltes Siegtor für den HSV gegen Elversberg (1:0) seinem Ende November verstorbenen Cousin Agyemang Diawusie († 25) widmete.
Mit einem Finger in beide Ohren steckend jubelte Königsdörffer wie der zuletzt bei den Drittligisten Jahn Regensburg und der SpVgg Bayreuth aktive Diawusie. Die im Internet veröffentlichten Bilder zeigten die beiden gebürtigen Berliner in nahezu identischer Jubelpose.
HSV-Transfermarkt: Königsdörffer will weg, wenn ...
Wie lange Königsdörffer noch im Trikot des HSV jubeln wird, ist allerdings ungewiss. Wie das Abendblatt erfuhr, will der Außenstürmer den Zweitligisten im Sommer verlassen. Nach mehreren geplatzten Wechseln in den vergangenen beiden Transferperioden sowie einem gestörten Verhältnis zu Ex-Trainer Tim Walter scheint das Tischtuch zwischen dem Matchwinner des Elversberg-Spiels und dem HSV zerschnitten.
Es sei denn, er entwickelt sich bis Saisonende zum Stammspieler und bekommt eine glaubhafte Perspektive für mehr Einsatzzeit aufgezeigt. Wie bei so vielen Personalien im Volkspark trägt die Hoffnung auf einen Verbleib einen Namen: Steffen Baumgart.
Königsdörffer spielte unter Walter kaum noch
Nach einem Spiel unter seiner Führung könnte man oberflächlich betrachtet zu dem Ergebnis kommen, dass sich Königsdörffers sportliche Situation mit dem Trainerwechsel verbessert hat. Kam er an den ersten 22 Spieltagen unter Walter im Schnitt lediglich 31 Minuten pro Partie zum Einsatz, durfte er sich bei Baumgart für 64 Minuten als Startelfspieler beweisen.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der etatmäßige Linksaußen Jean-Luc Dompé verletzungsbedingt fehlte und wohl noch ein weiteres Spiel fehlen wird – und Baumgart Königsdörffer aus nachvollziehbaren Gründen kritisierte.
Baumgart kritisiert Königsdörffer
„Er hatte eine gute Aktion und das war, als er tief gegangen ist und den Ball optimal traf“, sagte der HSV-Trainer über Königsdörffer, der mehrere gute Möglichkeiten vergab. Im entscheidenden Moment blitzten aber seine Qualitäten auf, als er einen leicht in den Rücken gespielten Pass von Robert Glatzel verarbeitete und den Ball mit seinem schwächeren linken Fuß in den Winkel jagte.
Ein Traumtor, dem allerdings einige unglückliche Aktionen vorausgingen. „Er muss erst einmal wieder da hinkommen, wo seine Stärken liegen. Und das ist nicht, den Ball nach hinten zu legen und zu zögern, sondern geradeaus zu laufen“, sagte Baumgart in seiner unnachahmlichen Art.
Es ist eine Art, mit der sich Königsdörffer allem Anschein nach anfreunden kann. In erster Linie ist der abschlussfreudige Flügelstürmer aber froh, überhaupt wieder im Fokus zu stehen. „Ich habe mich gefreut, der Mannschaft helfen zu können. Das war in letzter Zeit eher nicht der Fall“, sagte er nach dem Heimsieg.
Königsdörffer wollte weg: Graz bot drei Millionen
Weil er in der Hinrunde häufig nur Reservist war, wollte Königsdörffer im Winter einfach nur weg. Eine unterschriftsreife Leihe soll bereits vorbereitet gewesen sein. Königsdörffer soll gedanklich bereits bei seinem vermeintlich neuen Club gewesen sein und auch Walter hätte sich dem Vernehmen nach nicht gegen einen Wechsel gewehrt. Doch der HSV legte sein Veto ein und ließ seinen Profi nicht ziehen.
Zu einem ähnlichen Vorgang kam es auch im Sommer, als Sturm Graz drei Millionen Euro für Königsdörffer geboten haben soll. Es fanden sogar Gespräche zwischen den Österreichern und den HSV-Bossen statt, die einem Transfer allerdings wieder einen Riegel vorschoben.
Auch als sich RB Salzburg kurz darauf nach dem Spieler erkundigte, ohne allerdings eine konkrete Ablöse zu bieten, änderte sich nichts an der grundsätzlichen Haltung der Hamburger, die noch immer viel Potenzial in Königsdörffer sehen und sich im Falle seines Durchbruchs perspektivisch noch lukrativere Offerten erhoffen sollen.
Königsdörffer und Walter – das passte nicht
Dabei hatte der Angreifer bereits im Sommer eine schwierige Beziehung zu Walter, mit dem er maximal oberflächlich kommuniziert haben soll. Deshalb wollte Königsdörffer den HSV bereits vor einem halben Jahr verlassen. Der Angreifer soll gespürt haben, in den Planungen des Trainers keine übergeordnete Rolle einzunehmen.
Dieses Gefühl reifte bereits im Laufe der Rückrunde der vergangenen Spielzeit, als er trotz acht Toren auf immer weniger Spielzeit kam. Dabei war, gemessen an der Anzahl der Minuten pro Treffer, lediglich Toptorjäger Robert Glatzel (158) erfolgreicher als Königsdörffer (191) beim HSV.
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HSV-Stürmer Königsdörffer ohne Klausel
Als der im Sommer 2022 nach einem zähen Transferpoker mit Dynamo Dresden für 1,2 Millionen Euro verpflichtete Außenstürmer an den ersten vier Spieltagen der laufenden Saison dreimal in der Startelf stand, soll er bereits vermutet haben, dass es sich dabei um ein taktisches Mittel handeln könnte, ihn von einem Verbleib in Hamburg zu überzeugen.
Und tatsächlich fand sich Königsdörffer pünktlich nach Ablauf der Sommer-Transferperiode auf der Ersatzbank des HSV wieder. Allerdings hatte er sich bei seinen zuvor gezeigten Leistungen auch nicht für weitere Spiele von Beginn an empfohlen. Weil ihm das Vertrauen des Trainers fehlte, das er wie wohl kaum ein anderer Spieler des Kaders benötigt, um sein Leistungsmaximum zu erreichen?
Unter dem neuen Trainer Baumgart steht Königsdörffer nun vor einem Neustart beim HSV. Sollte sich seine sportliche Situation nicht verbessern, wird er im Sommer erneut auf einen Wechsel drängen. Klar ist aber auch, dass der HSV bei der Frage nach der Zukunft das letzte Wort hat, denn der Profi verfügt über keine Ausstiegsklausel in seinem bis 2026 gültigen Vertrag. Sollte es tatsächlich zu einem Wechsel kommen, würden es auch Königsdörffers Fans erfahren – dann aber nicht nur über Instagram.