Hamburg/Abidjan. Der HSV-Stürmer darf mit Ghana sein erstes großes Turnier spielen. Zuvor spricht er über die überraschende Nominierung und seine Ziele.

Am Sonntag um 21 Uhr beginnt für Ransford Königsdörffer ein großes Abenteuer. Der HSV-Angreifer startet mit Ghana im Stade Felix Houphouet-Boigny von Abidjan, der Hauptstand der Elfenbeinküste, gegen Kap Verde in den Afrika-Cup 2024. Der in Berlin geborene und aufgewachsene Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters entschied sich im Sommer 2022, für die Nationalmannschaft Ghanas zu spielen.

Nachdem der 22-Jährige vor einem Jahr nicht für die Weltmeisterschaft in Katar nominiert wurde, darf er sich nun über die Teilnahme am Afrika-Cup freuen. Drei Tage vor dem ersten Spiel nahm sich der HSV-Profi im Teamhotel von Abidjan Zeit, mit dem Abendblatt zu telefonieren, um über sein erstes großes Turnier, die überraschende Nominierung durch Nationaltrainer Chris Hughton und seine ghanaischen Wurzeln zu sprechen.

Herr Königsdörffer, Ihre Nominierung für den Afrika-Cup hat viele überrascht. Wie haben Sie es selbst erfahren?

Ransford Königsdörffer: Ghanas Teammanager hat kurz vor Silvester meinen Berater angerufen. Der hat mir dann Bescheid gesagt. Ich habe selbst gar nicht damit gerechnet, da ich nicht meine beste Hinrunde gespielt habe. Beim letzten Spiel mit dem HSV in Nürnberg kam ich gar nicht zum Einsatz und auch beim letzten Lehrgang mit Ghana war ich nicht dabei. Daher habe ich mich umso mehr gefreut. Für mich ist das eine große Chance.

Im vergangenen Jahr waren Sie viermal mit Ghana auf langen Reisen unterwegs und kamen dreimal gar nicht zum Einsatz. Hatten Sie Ihre Entscheidung, für Ghana zu spielen, zwischenzeitlich schon bereut?

Überhaupt nicht. Es war natürlich schade, aber man darf nicht vergessen, dass Ghana sehr viele gute Spieler hat und ich noch nicht so oft dabei war. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich jetzt mal länger spielen durfte.

Am Dienstag haben Sie gegen Namibia das erste Mal überhaupt für Ghana von Anfang an gespielt. Sie müssen sehr stolz sein.

Ich habe mich extrem gefreut. Der Trainer hat mich dafür belohnt, dass ich gut trainiert habe. Es war zwar sehr anstrengend bei dem Wetter, aber nun habe ich mal erlebt wie es ist, hier von Beginn an zu spielen.

Und wie ist es?

Es ist noch körperbetonter und athletischer als in Deutschland. Es geht viel hin und her. Gleichzeitig spielen einige Mannschaften etwas defensiver.

Ex-HSV-Profi Collin Benjamin lobte Königsdörffer

Sie haben gute Kritiken bekommen nach Ihrem Startelfdebüt. Haben Sie das mitbekommen?

Viele Fans haben mir geschrieben, dass ich ein gutes Spiel gemacht habe. Ich habe auch gelesen, dass Namibias Nationaltrainer Collin Benjamin mich gelobt hat. Das hat mich gefreut.

Die Fußballkultur in Ghana ist sicherlich anders als in Deutschland. Wie haben Sie es im Stadion von Kumasi erlebt?

Das Stadion war zwar nicht ausverkauft, aber es war teilweise lauter als in Deutschland, weil die Fans hier Vuvuzelas benutzen dürfen. Auch die Abläufe vor dem Spiel sind etwas anders hier.

Was genau ist anders?

Vor und nach dem Training beten wir zusammen, vor den Spielen auch. Auf der Busfahrt singen wir zusammen einheimische Lieder, auch beim Gang ins Stadion. Das hört sich gut an, aber ich muss die Lieder erst noch lernen (lacht).

In welcher Sprache wird in der Kabine gesprochen?

Der Trainer spricht nur Englisch. Die meisten Spieler in der Kabine auch, oder auch Französisch, Spanisch oder sogar Deutsch. Die meisten Menschen in Ghana sprechen Twi. Auch mein Vater, der aus Ghana kommt. Ich habe die Sprache aber leider noch nicht gelernt.

War Ihr Vater bei Ihrem Startelfdebüt dabei?

Leider haben wir uns knapp verpasst. Er lebt noch in Berlin, ist aber gerade nach Ghana geflogen. Ich hoffe, dass er zu den Spielen in die Elfenbeinküste kommt. Der Weg ist ja nicht so weit.

Königsdörffer wuchs in Berlin bei seiner Mutter auf

Sie sind in Berlin bei Ihrer deutschen Mutter aufgewachsen. Inwieweit hat Sie die Kultur Ghanas geprägt?

Ich war als Kind jede Woche bei meinem Vater. In Afrika isst man oft mit den Händen. Das haben wir auch gemacht, wenn mein Vater zum Beispiel Fufu gekocht hat. Wir haben auch viel ghanaische Musik gehört. Die deutsche Kultur hat mich aber ebenso geprägt. Ich war leider auch noch nicht so oft in Ghana. Mein Vater fliegt zwar jedes Jahr dahin, aber ich hatte zu den Zeiten immer Schule oder Spiele.

Hatten Sie jetzt die Chance, Ihre Familie in Ghana kennenzulernen?

Nur zum Teil. Die Lehrgänge sind meist in Accra oder Kumasi. Meine Familie lebt aber in Berekum, das ist etwas weiter weg. Zumindest konnte ich mal meinen Onkel kennenlernen, als er mich vom Flughafen abgeholt hat.

Wie haben Sie die Nationalmannschaft Ghanas früher verfolgt?

Ich habe die Spiele eigentlich immer geguckt. 2010 und 2014 hat Ghana jeweils bei der WM in der Vorrunde gegen Deutschland gespielt, da habe ich mit beiden Mannschaften mitgefiebert.

Hatten Sie einen Lieblingsspieler in Ghana?

Ich habe mich immer an Kevin-Prince Boateng orientiert. Er ist in Berlin ähnlich aufgewachsen wie ich und hat dann für Ghana gespielt. Aber auch auf Andrew und Jordan Ayew habe ich immer geschaut. Es ist schon etwas Besonders, dass ich jetzt noch mit beiden zusammenspielen darf. Sie haben viel erlebt. Das ist schon cool, wenn die beiden Geschichten erzählen.

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  • Was erhoffen Sie sich vom Afrika-Cup?

    Für mich ist das Turnier ein toller Start ins neue Jahr, nachdem das vergangene Jahr nicht optimal für mich lief. Ich will so viele Minuten bekommen wie möglich und mich zeigen. Sich mit den Besten der Besten in Afrika zu messen, ist eine super Erfahrung. Senegal, Marokko, Nigeria und Ägypten sind die Favoriten, aber wir wollen weit kommen. Ich will alles aufsaugen und dieses besondere Erlebnis genießen.