Hamburg. Edeljoker soll HSV zum Aufstieg schießen. Der Stürmer selbst spricht über schwierige Wochen – hat aber einen prominenten Fürsprecher.

Obwohl die Trainingseinheit des HSV am Donnerstag schon lange vorbei war, hatte Ransford Königsdörffer noch immer nicht genug. Der 21-Jährige spielte noch eine Runde Teqball mit ein paar seiner Mitspieler. Eine Sportart, die Elemente von Fußball und Tischtennis an einem gewölbten Tisch verbindet.

Königsdörffer hatte dabei sichtlich Spaß. Er lachte viel, scherzte mit seinen Kollegen und war gar nicht mehr vom Teqballtisch direkt neben dem HSV-Campus wegzubekommen, bis der stellvertretende Pressesprecher Rasmus Godau den Spielverderber gab und den Außenstürmer für ein Gespräch mit dem Abendblatt abholte.

„Unser Zusammenhalt ist schon etwas Besonderes“, sagt Königsdörffer wenige Minuten später im Medienraum des Volksparkstadions. „Wir verbringen gern gemeinsam Zeit, auch nach dem Training. Diese Teamchemie kann uns zum Aufstieg verhelfen.“

HSV: Ransford Königsdörffer glaubt an Aufstieg

Am letzten Spieltag, mit der Partie am Sonntag bei SV Sandhausen (15.30 Uhr), wird die Teamchemie alleine allerdings nicht reichen, um in die Bundesliga zurückzukehren, denn der drittplatzierte HSV (63 Punkte) ist auf einen Patzer des parallel in Regensburg antretenden Rivalen Heidenheim (64) angewiesen, um doch noch Rang zwei zu erobern.

„Alle in unserer Mannschaft glauben fest an den direkten Aufstieg“, sagt Königsdörffer und ergänzt im Hinblick auf die bereits sichere Relegation: „Der Druck liegt nicht bei uns, sondern viel mehr bei Heidenheim.“

Es ist schon eine besondere Konstellation, dass ein kleiner Verein wie Heidenheim mehr Druck als ein großer Traditionsclub wie der HSV verspüren soll. Damit die Hamburger ihre eigene Aufgabe mit der nötigen Lockerheit angehen, setzte Trainer Tim Walter in den zurückliegenden Wochen auf den Spaßfaktor.

Nach einer Kickboxeinheit vor zwei Wochen absolvierte die Mannschaft am Mittwoch ein Doppelturnier in der Trendsportart Padel. Königsdörffer, der in seiner Jugend Tennis gespielt hatte, bildete ein Team mit Javi Montero, dem ebenfalls ein großes Talent im Padel nachgesagt wird. Gegen die späteren Sieger Sonny Kittel und Physiotherapeut Andreas Thum hatten aber auch sie keine Chance.

Schießt Königsdörffer den HSV zum Aufstieg?

Eine neue Chance wird Königsdörffer dafür in Sandhausen bekommen. Nachdem er acht Spiele in Folge nicht in der Startelf gestanden hatte, wird der Offensivspieler am Sonntag den gesperrten Bakery Jatta (Gelb-Rot) auf seiner Lieblingsposition als rechter Flügelstürmer ersetzen, wodurch er den HSV zum Aufstieg schießen könnte.

Ransford Königsdörffer ist unter Tim Walter häufig nur Edeljoker. Der HSV-Trainer erwartet mehr Konstanz.
Ransford Königsdörffer ist unter Tim Walter häufig nur Edeljoker. Der HSV-Trainer erwartet mehr Konstanz. © Imago / Oliver Ruhnke

Trotz seiner häufigen Reservistenrolle hat Königsdörffer acht Saisontore in seiner Debütsaison für die Hamburger erzielt. Es ist der drittbeste Wert nach Torjäger Robert Glatzel (19) und dem nach seiner fünften Gelben Karte nun ebenfalls gesperrten Ludovit Reis (9).

Im Schnitt trifft der vor der Saison von Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden verpflichtete Königsdörffer alle 182 Minuten – eine Bilanz, die beim HSV nur von Glatzel (153 Minuten pro Tor) getoppt wird. „Mit Blick auf meine Spielzeit bin ich zufrieden mit meiner Torquote, will aber natürlich immer noch besser werden“, sagt Königsdörffer.

Königsdörffer suchte Gespräch mit Walter auf

Doch um sich zu verbessern, benötigt der Angreifer Spielpraxis. Weil diese zuletzt immer seltener wurde, suchte er vor wenigen Wochen das Gespräch mit Tim Walter, um zu erfahren, was vor allem die gesetzten Flügelspieler Jatta und Jean-Luc Dompé besser machen als er. Über den Inhalt dieser Unterhaltung möchte Königsdörffer nicht sprechen. Klar ist lediglich, dass es dabei auch um sein Defensivverhalten ging. „Wenn er möchte, kann er das. Wenn er möchte“, gab Walter vielsagend preis.

Der HSV-Coach wünscht sich aber vor allem mehr Kon­stanz von dem Youngster. „Es ist wichtig, als junger Spieler permanent an seine Grenzen zu gehen. In dem Punkt muss er noch dazulernen“, sagte Walter. „Trotzdem bin ich sehr zufrieden mit seiner Entwicklung. Acht Tore für den HSV sind etwas ganz Besonderes, wir erhoffen uns aber noch mehr.“

Königsdörffers Entwicklung hat sich längst auch in Ghana herumgesprochen. Für die Nationalmannschaft debütierte er im September unter Ex-HSV-Profi Otto Addo, der ihn dann aber zwei Monate später nicht mit nach Katar nahm. „Ransi ist ein super Typ, der sich damals sehr schnell integriert hatte“, sagt Addo im Gespräch mit dem Abendblatt. „Leider für ihn persönlich hatte er viel internationale Konkurrenz auf seiner Position, weshalb es nicht für die WM reichte.“

Otto Addo erkundigte sich beim HSV nach Königsdörffer

Bevor er Königsdörffer für die „Black Stars“ nominierte, erkundigte er sich bei HSV-Co-Trainer Merlin Polzin und U17-Assistent Rodolfo Cardoso nach den sportlichen und mentalen Qualitäten des Angreifers. „Er ist ein Typ, der mit allen Situationen gut umgeht, den Kopf nicht hängen lässt und auch nicht lange über Fehler nachdenkt“, sagt Addo. „Das ist eine starke Eigenschaft, von der mir auch der HSV erzählte.“

Otto Addo verpasste mit Ghana das Achtelfinale bei der WM.
Otto Addo verpasste mit Ghana das Achtelfinale bei der WM. © Imago / Shutterstock

Nach der Weltmeisterschaft wurde Addo durch Chris Hughton abgelöst, der Königsdörffer bereits eine Perspektive aufgezeigt hat. „Der Trainer hat mich schon häufiger angerufen“, erzählt der HSV-Profi. „Er will zu einem Spiel nach Hamburg kommen.“ Weil der Angreifer aber zuletzt kaum spielte, bat er Hughton darum, ihn erst in der neuen Saison zu besuchen.

Denn nach einem möglichen Bundesligaaufstieg könnte Königsdörffer mit seiner Schnelligkeit noch wichtiger in Umschaltmomenten gegen spielstärkere Gegner sein. „Das ist schwer zu prognostizieren, kann aber natürlich sein“, sagt er über sich selbst. „Ich denke in jedem Fall, dass unser Trainer nicht viel an seinem Spielstil ändern wird.“

HSV: Otto Addo schwärmt über Königsdörffer

Beim HSV erhoffen sich die Verantwortlichen unabhängig von der Ligazugehörigkeit eine Leistungsexplosion Königsdörffers in der nächsten Spielzeit. „Ransi hat mit das größte Potenzial unter allen Spielern beim HSV“, schwärmt Addo, der inzwischen wieder als Talentmanager bei Borussia Dortmund tätig ist. „Er ist schnell, taktisch diszipliniert, nett und höflich. Seine größte Stärke ist sicherlich seine Dynamik gepaart mit seiner Geschwindigkeit sowie sein geradliniges und zielstrebiges Spiel.“

Ob Königsdörffer für das anstehende Länderspiel Ghanas gegen Madagaskar (18. Juni) nominiert werde, wisse er noch nicht. Da zudem unklar sei, ob sich die Saison des HSV durch die Relegation verlängere, habe er noch keinen Sommerurlaub gebucht. Die konkrete Reiseplanung überlasse er ohnehin lieber seiner Freundin, mit der er gemeinsam in einer Wohnung in Lokstedt lebt.

HSV-Profi Königsdörffer grillt gern mit Benes

Dort sind auch regelmäßig Mittelfeldspieler Laszlo Benes, Ersatztorwart Ma­theo Raab und Offensivspieler Filip Bilbija zu Gast, mit denen sich Königsdörffer am besten versteht. Zuletzt veranstalteten sie ein gemeinsames Grillen mit ihren Partnerinnen beim Champions-League-Rückspiel zwischen Manchester City und Real Madrid (4:0). Dabei gab Benes den Grillmeister am Elektrogerät auf dem Balkon Königsdörffers.

Auch diese Geschichte ist ein weiterer Beleg für den Zusammenhalt beim HSV, den auch der bei Hertha BSC ausgebildete Königsdörffer zu schätzen weiß.