Sotogrande. Trainer ist nicht zufrieden mit der Nachwuchsarbeit beim HSV. Wie die Durchlässigkeit zu den Profis erhöht werden soll.
Am Dienstag griff Loic Favé (30) erstmals ins Profitraining des HSV ein. Der neue Leiter Sport im Nachwuchs schnappte sich sechs Talente und gab ihnen eine individuelle Einheit. Der frühere Co-Trainer des FC St. Pauli ist ab sofort für die Trainingsmethodik und Spielidee im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) verantwortlich. In Sotogrande ist er vor Ort, um die Abläufe kennenzulernen – und einen genauen Blick auf die ganz jungen Talente zu werfen.
Mit Omar Megeed (18), Nicolas Oliveira (19), Fabio Baldé (18), Felix Paschke (20), Otto Stange (16), Luis Seifert (19), Hannes Hermann (18) und U-17-Weltmeister Bilal Yalcinkaya (17) hat der HSV gleich acht Youngster aus dem eigenen Stall mit ins Trainingslager genommen, die normalerweise in ihren jeweiligen Jugendteams zum Einsatz kommen.
HSV: Walters Plan mit den Talenten
„Es ist wichtig, dass sie sich an Männerfußball gewöhnen“, beschreibt Trainer Tim Walter seinen Plan. Perspektivisch will der HSV die bislang noch überschaubare Durchlässigkeit zu den Profis erhöhen. Der Zweitligist will seine Spieler lieber selber ausbilden, als Neuzugänge teuer auf dem Transfermarkt einzukaufen.
„Es ist unser Weg und für die Zukunft unabdingbar, auf die Jugend zu bauen“, sagt Walter, der im Nachwuchs den Fokus auf mehr Individualtraining legen will. „Deshalb haben wir auch Loic Favé dabei. Er will dieses Ziel gemeinsam mit meinem Co-Trainer Julian Hübner intensivieren.“
Walter kritisiert Ausbildung von HSV-Talenten
An der Seite von vier ihm gleichgestellten Führungspersonen sowie dem Direktor Nachwuchs Horst Hrubesch soll Favé die Ausbildung der Talente neu gestalten. Denn Walter ist nicht zufrieden mit dem, was er bislang aus dem NLZ angeboten bekommt.
„Es ist wichtig, in der Jugend einen klaren Plan zu haben, die Jungs an die Profis heranzuführen. Es bringt nichts, wenn ich sie mittrainieren lasse, sie aber gar nicht die Basis mitbringen. Wir haben bei den Profis nicht die Zeit, ihnen die Dinge beizubringen, die sie in der Jugend versäumt haben“, sagt der HSV-Coach.
Es sind Sätze, die bei manchen Mitarbeitern im NLZ bitter aufgestoßen sein sollen. Zumal die Entwicklung eines Talents als Teamwork zwischen vielen Jugend- und dem Profitrainer in letzter Instanz zu verstehen ist. Für Walter sind seine Beobachtungen hingegen eine Erklärung, warum zwar immer wieder Nachwuchsspieler bei ihm mittrainieren, aber eben noch zu selten in einem Pflichtspiel zum Einsatz kommen. Er soll zudem die Freude an der Arbeit im NLZ vermissen.
HSV will mehr Talente zu den Profis führen
Einig sind sich dagegen alle beim HSV, dass in Zukunft wieder mehr Nachwuchsspieler den Sprung ins Volksparkstadion schaffen müssen. Zumal der Weg zu den Profis kürzer geworden ist, seit der Club in der Zweiten Liga spielt und somit weniger Budget für die Kaderzusammenstellung zur Verfügung hat.
Dennoch kamen in der Hinrunde in der Liga lediglich die Talente Oliveira (134 Spielminuten), Megeed (1) und Elijah Krahn (3) auf überschaubare Einsatzzeit bei den Profis. Stürmer Tom Sanne (19) und Verteidiger Valon Zumberi (21) spielen trotz ihrer Profiverträge gar keine Rolle mehr.
HSV-Talent Yalcinkaya von Benes gelobt
Einer, dem beim HSV der Durchbruch zugetraut wird, ist Yalcinkaya. „Seine Entwicklung ist wirklich sehr positiv. Schon in seinem ersten Training habe ich gesehen, was für ein talentierter Spieler er ist und wie viel Potenzial er noch hat“, sagt Mittelfeldspieler Laszlo Benes dem Abendblatt über den U-17-Weltmeister, der körperlich noch zulegen müsse. „Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, wann er eine Chance in einem Pflichtspiel für den HSV bekommt“, ergänzt Benes.
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Neben Yalcinkaya hätten für Walter nach eigener Aussage alle Talente, die im Trainingslager dabei sind, die Chance, in der Rückrunde auf Zweitligaspielzeit zu kommen. „Wenn sie mich überzeugen, sind sie immer eine Option“, sagt der HSV-Coach, den in Sotogrande der körperlich robuste Baldé überzeugt hat.
Bei den Testspielen gegen die PSV Eindhoven (2:2 und 0:0) kam der Flügelspieler als einziger von den ganz Jungen zum Einsatz. „Fabio bringt mit seinem Körper und seiner Schnelligkeit eine physische Voraussetzung mit. Davon können sich die anderen noch etwas abschauen“, gibt Walter den Weg vor, den Favé begleiten soll.