Sotogrande. Laszlo Benes ist der Spieler der Hinrunde beim HSV. Ein Gespräch über Verantwortung, Tochter Liana und seine Zukunft ab dem Sommer.
Als Laszlo Benes das Abendblatt zum Termin im Mannschaftshotel des HSV, SO/Sotogrande Spa & Golf Resort, empfängt, sind dem torgefährlichen Mittelfeldspieler für einen kurzen Moment die Strapazen eines intensiven Trainingslagers anzumerken. Als es dann aber in dem Gespräch um Verantwortung und seine Tochter Liana (13 Monate) geht, gewinnt Benes sein Lächeln zurück.
Hamburger Abendblatt: Ihr sehenswerter Treffer im letzten Heimspiel des Jahres gegen den SC Paderborn (1:2) wurde von der ARD-„Sportschau“ für das Tor des Monats Dezember nominiert. Wie viele Freunde haben Sie gebeten, für Sie abzustimmen?
Laszlo Benes: Tatsächlich habe ich niemanden darum gebeten, dafür bin ich nicht der Typ. Nach dem Tor habe ich aber viele Nachrichten erhalten, in denen von einem „Traumtor“ oder dem „Tor der Saison“ die Rede war. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Gefreut haben sich auch die Fans über Ihre Leistungen in dieser Saison. Sie sind mit 17 Scorerpunkten (zehn Tore und sieben Assists in Liga und Pokal) neben Robert Glatzel der Spieler der Hinrunde beim HSV. Was war Ihr persönliches Highlight?
Benes: Mein emotionalster Höhepunkt war gleich das erste Spiel gegen Schalke. Die Stimmung im Stadion war unglaublich. Ich konnte zwei Tore schießen, ein weiteres vorlegen und so der Mannschaft helfen. Wir haben extrem offensiv gespielt. Das ist auch eine unserer größten Stärken.
HSV-Profi Laszlo Benes: mehr Verantwortung dank Tochter Liana
Haben die Fans gerade die beste Halbserie Ihrer Karriere gesehen?
Benes: Auf meine bisherige Laufbahn trifft diese Einschätzung mit Sicherheit zu. Meine Spielweise war noch nie so erfolgreich, das zeigt auch meine Statistik. Ich sehe mich allerdings noch nicht in der Form meines Lebens. Es gibt immer noch Luft nach oben, ich will immer besser werden. Ich bin davon überzeugt, noch bessere Jahre vor mir zu haben.
In welchen Bereichen können Sie sich noch verbessern?
Benes: Es geht dabei gar nicht um einzelne Nuancen. Ich bin als Spieler gereift und will meine Qualitäten noch konstanter zeigen. Mein Ziel ist es, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Das soll sich auch in meiner Torquote widerspiegeln.
Ihre neue Reife ist auch daran festzumachen, dass Sie in dieser Saison erstmals öffentlich als Führungsspieler aufgetreten sind – zum Beispiel, als Sie ein Ende der Auswärtsmisere gefordert hatten. Liegt Ihnen diese Rolle?
Benes: Ich bin auch zum HSV geholt worden, um voranzugehen. Dieser Rolle will ich immer gerecht werden und weiterhin an vielen spielentscheidenden Momenten beteiligt sein. Es dürfen aber auch gern noch mehr werden.
Welchen Einfluss hat Ihre Tochter Liana (13 Monate) daran, dass Sie mehr Verantwortung übernehmen?
Benes: Einen großen. Die Geburt meiner Tochter war der schönste Moment meines Lebens. Dieser Tag hat mein ganzes Leben verändert, auch im Fußball. Ich habe immer im Hinterkopf, dass sie mich nach dem Training sehnsüchtig erwartet. Ihre positive Ausstrahlung zaubert mir einfach ein Lächeln ins Gesicht. Ich muss jetzt nicht nur auf dem Platz, sondern auch zu Hause Verantwortung übernehmen. Das genieße ich.
Laut Forschungen sind Männer motivierter im Beruf nach der Geburt ihres Kindes. Trifft diese Erkenntnis auch auf Sie zu?
Benes: Ich war schon immer sehr fokussiert auf meinen Job als Profifußballer, aber meine Tochter gibt mir noch mehr Energie auf dem Platz. Früher lag ich häufig nach dem Training auf der Coach, weil ich müde war. Heute freue ich mich auf die Freizeit mit meiner Familie.
Bundesligisten baggern an Benes
Liana hat Sie schon zweimal live im Stadion spielen sehen. Ihr Volksparkdebüt war der Heimsieg gegen Fürth (2:0) Ende Oktober. Wie emotional war dieser Moment für Sie?
Benes: Wenn ich meine Tochter und meine Frau Viktoria auf der Tribüne sehe, dann geht mir das Herz auf. Das ist ein wirklich außergewöhnlicher Moment, aus dem ich Kraft für mein Spiel schöpfe. Beide halten immer zu mir, egal, was passiert.
Durch Ihre Leistungen haben Sie Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen geweckt, Sie könnten in der nächsten Saison auch unabhängig vom Erfolg des HSV in der Ersten Liga spielen.
Benes: Es gäbe für mich nichts Schöneres, als mit dem HSV aufzusteigen und in der Bundesliga zu spielen. Mit Anfragen anderer Vereine habe ich mich nicht auseinandergesetzt. Ich lebe im Hier und Jetzt und schaue nur ungern so weit in die Zukunft. Die Saison ist noch lang. Ich konzentriere mich darauf, mit dem HSV erfolgreich in die Rückrunde zu starten, und dann werden wir sehen, was im Sommer passiert.
Während des neuntägigen Trainingslagers in Sotogrande steht der HSV in der Verantwortung, an seiner defensiven Stabilität sowie seiner Torgefährlichkeit nach offensiven Standards zu arbeiten (nur ein Tor nach 100 Ecken). Welche Ziele haben Sie sich für die Rückrunde vorgenommen?
Benes: Unsere Standardstatistik ist schlecht. Daran müssen und wollen wir arbeiten. Nach dem Training bleibe ich häufig auf dem Platz, um ein paar Ecken und Freistöße zu schießen. Grundsätzlich müssen wir meiner Meinung nach noch zielstrebiger agieren, unser Aufbauspiel von hinten noch schneller gestalten und vorne noch intensiver angreifen. Ich will mit dem HSV aufsteigen, zur Not auch trotz schlechter Standardstatistik (schmunzelt).
HSV-Profi Benes: Besondere Beziehung zu Reis
Neben einem möglichen Bundesligaaufstieg mit dem HSV ist auch die EM ein Highlight für Sie in diesem Jahr. Ist für die Slowakei in einer Gruppe mit Belgien, Rumänien und dem Play-off-Sieger B (Israel, Island, Ukraine oder Bosnien und Herzegowina) mehr drin als nur die Teilnahme an einem großen Turnier?
Benes: Für mich geht zunächst einmal ein Traum in Erfüllung, bei der EM dabei zu sein. Mit dieser Tatsache alleine gebe ich mich aber nicht zufrieden. Mein Ziel ist der Einzug ins Achtelfinale, denn unsere Gruppe ist machbar. Belgien mit seinen zahlreichen Weltklassespielern ist natürlich der Favorit in unserer Gruppe. Unser Auftaktspiel gegen sie wird etwas ganz Besonderes für mich.
Wie oft haben Sie schon mit Ihrem Mitspieler Ludovit Reis gesprochen, um ihn davon zu überzeugen, bereits gegen Belgien an Ihrer Seite aufzulaufen?
Benes: Als das Thema vor ein paar Monaten aufkam, ob er sich für die Niederlande oder die Slowakei entscheidet, habe ich sehr viel mit ihm darüber geredet. Zuletzt allerdings eher weniger. In meiner Heimat sorgt diese Personalie für großes Interesse. Er weiß natürlich, dass ich sehr gern mit ihm in der Nationalmannschaft spielen würde, weil wir uns sowohl auf als auch neben dem Platz hervorragend verstehen. Ich verstehe aber, warum er sich noch Zeit lässt. Es ist eine Entscheidung von enormer Tragweite.
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Zum Abschluss würde ich Sie um einen Blick in die Glaskugel bitten: Werden Sie nach dem Rückrundenauftakt gegen Schalke (20. Januar) erneut für das Tor des Monats nominiert?
Benes: Es kann alles passieren, ich würde es nicht ausschließen (lacht). Aber das Wichtigste ist natürlich ein Sieg.