Hamburg. Der Slowake ist der beste HSV-Spieler der Hinrunde. Ex-Trainer Hecking sieht den Nationalspieler bald wieder in der Bundesliga.

Nach seinem Fernschuss aus 18 Metern zum 1:0 lief Laszlo Benes jubelnd Richtung Trainerbank. Mit seinem starken linken Fuß hatte der Slowake die rund 50.000 Zuschauer im eigenen Stadion in Verzückung versetzt. An der Linie freute sich vor allem auch der Trainer: Dieter Hecking. Es war der 5. April 2017, als der erst 19 Jahre junge Benes für Borussia Mönchengladbach in seinem zweiten Bundesligaspiel gegen Hertha BSC sein erstes Tor erzielte. Das Siegtor. „Ich weiß noch, wie er sich gefreut hat. So einen Moment wünscht man jedem jungen Spieler. Jeder hat es ihm gegönnt. Er war sehr beliebt in der Mannschaft“, sagt Hecking sechseinhalb Jahre später im Gespräch mit dem Abendblatt.

Am vergangenen Sonnabend glichen sich die Bilder. Benes traf aus 20 Metern mit links in den Winkel. Ein Traumtor. Der heute 26-Jährige rannte Richtung Trainerbank. Dort freute sich vor allem auch Tim Walter. Der Trainer, unter dem Benes mittlerweile die meisten Spiele in seiner Karriere gemacht hat. Und auch die meisten Tore: 18 in 68 Spielen. An diesem Sonnabend in der letzten Partie des Jahres beim 1. FC Nürnberg (13 Uhr/Sky und Live­ticker auf abendblatt.de) wird sich entscheiden, ob noch mehrere Spiele unter Walter dazukommen oder nicht.

Benes spielt auch für Walters Zukunft

Mit einem Sieg in Nürnberg könnte der HSV die Hinrunde mit 31 Punkten abschließen. Es wäre ein Punkt mehr als unter HSV-Trainer Hecking 2019/20. Und ebenfalls einer mehr als beim VfB Stuttgart im selben Jahr unter Walter. Der VfB trennte sich damals trotz der passablen Punkteausbeute von Walter. Was macht Jonas Boldt nach diesem Wochenende?

Auch Hecking wird am Sonnabend auf der Tribüne des Max-Morlock-Stadions auf seinen Nach-Nachfolger Walter achten. Aber vor allem auch auf seinen früheren Spieler Laszlo Benes. Hecking ist seit drei Jahren Sportvorstand des 1. FC Nürnberg, verfolgt die Entwicklung des HSV und von Benes aber noch genau. Dass die Hamburger trotz einer holprigen Hinrunde mit vielen Personalproblemen nach 16 Spielen auf Platz drei stehen, hat Walter auch Benes zu verdanken, der zum drittbesten Scorer der Liga aufstieg. „Laszlo ist einer der Köpfe der Hinrunde, weil er das gezeigt hat, was man in der Vergangenheit immer etwas bemängelt hat: konstant torgefährlich zu sein auf der Achterposition. Er hat eine sehr positive Entwicklung genommen“, sagt Hecking über Benes.

Benes spielte so viel wie kein anderer HSV-Profi

Nachdem vor der Saison beim HSV viel über das neue Achter-Pärchen aus Dableiber Ludovit Reis und Dazukommer Immanuel Pherai gesprochen wurde, war der Mann der Hinrunde ein Dranbleiber: Laszlo Benes. Der zentrale Mittelfeldmann nutzte seine Chance gleich am ersten Spieltag mit einem Doppelpack beim 5:3 gegen Schalke. Mit 1652 Minuten hat Benes in dieser Saison so viel gespielt wie kein anderer beim HSV. Nur Robert Glatzel (1629 Minuten) schaffte bislang mehr Torbeteiligungen in den Pflichtspielen (12 Tore, 6 Vorlagen) als Benes (10 Tore, 6 Vorlagen).

Unter Hecking ist ihm das als junger Spieler trotz seines starken Einstandes verwehrt geblieben. Für eine Ablöse von fünf Millionen Euro kam Benes 2016 von MSK Zilina aus der Slowakei, hatte aber mit Lars Stindl, Mahmoud Dahoud, Christoph Kramer und Denis Zakaria starke Konkurrenz. Trotzdem durfte Benes sein Debüt ausgerechnet gegen Bayern München geben. „Das kann ich bis heute nicht glauben und bleibt für immer in Erinnerung“, sagte Benes vor wenigen Wochen im Podcast „Pur der HSV“. Trotz eines Mittelfußbruches und einer Ausleihe zu Holstein Kiel mit Trainer Walter förderte Hecking den jungen Benes, so gut es ging. „Ich bin Dieter Hecking sehr dankbar. Es war eine sehr schöne Zeit. Ich freue mich auf das Wiedersehen.“

Hecking sieht Benes in der Bundesliga

Benes spielt am Sonnabend in Nürnberg für den HSV, für Walter, aber auch für seine eigene Zukunft. Der Slowake will so schnell wie möglich wieder in der Bundesliga spielen. 65 Spiele (zwei Tore) hat er dort bereits für Mönchengladbach und den FC Augsburg bestritten. „Laszlo hat die Perspektive, in der nächsten Saison wieder Bundesliga zu spielen – ob mit oder ohne den HSV“, sagte Ex-Trainer Hecking, der schon immer beeindruckt war von der Einstellung des Nationalspielers. „Er war schon als junger Spieler sehr akribisch und hoch motiviert. Er hat immer Extraeinheiten geschoben, um seinen großen Traum zu verwirklichen und viele Bundesligaspiele zu machen“, sagte Hecking. „Er ist auch als Persönlichkeit ein großes Stück vorangekommen.“

Beim HSV hat Benes in den vergangenen Monaten mehr Verantwortung übernommen. Seit dem Abgang von Sonny Kittel schießt er auch noch mehr Standards. Sein linker Fuß ist der wahrscheinlich beste der Liga. „Er hat dieses feine Füßchen, das ist sein Merkmal. Das hat man damals schon gesehen. Mir war klar, dass er seine sehr gute Perspektive hat. Seine aktuelle Konstanz zeigt, dass ich mit meiner Einschätzung nicht ganz verkehrt lag.“

Benes erhöht seinen Marktwert deutlich

Beim HSV steht Benes noch bis 2026 unter Vertrag. Sollten die Hamburger nicht aufsteigen, wäre der Linksfuß sicher einer der Verkaufskandidaten, die eine Ablöse einbringen könnten. Die dürfte dann auch höher liegen als die 1,5 Millionen Euro, die der HSV im vergangenen Jahr bezahlte. Sein Marktwert wurde am Freitag im neuen Ranking von transfermarkt.de auf vier Millionen Euro erhöht. Hinzu kommt, dass Benes im kommenden Sommer mit der Slowakei die EM in Deutschland spielt und dabei auf sich aufmerksam machen kann.

Bis dahin hat Benes aber noch einiges mit dem HSV vor. Zunächst einmal will er die bislang beste Halbserie seiner bisherigen Karriere am Sonnabend erfolgreich abschließen. „Er muss das in der Rückrunde noch einmal bestätigen. Da arbeitet er gerade gut drauf hin“, sagt Hecking über den nächsten Schritt in der Entwicklung.

Einen weiteren Schritt hat Benes bereits gemacht: die Arbeit an seinem rechten Fuß. „Wir werden dich nur über deinen rechten Fuß spielen lassen“, kündigte Hecking bereits vor Wochen im HSV-Podcast an. Was der 59-Jährige nicht mitbekommen hat: Zwei seiner acht Saisontore hat Benes mit seinem schwächeren Fuß erzielt. Ein weiterer Beleg, dass man derzeit lange suchen muss, um etwas Negatives beim besten HSV-Spieler der Hinrunde zu finden.

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