Hamburg. Beim HSV wird mal wieder über die Entstehung der Gegentore diskutiert. Welche Hilfsmittel gegen Herthas Reese geholfen hätten.
Zweimal stand der HSV kurz vor dem Einzug ins Pokal-Viertelfinale. Zweimal kassierten die Hamburger späte Ausgleichstreffer bei Hertha BSC (5:3 i.E.). Erst glichen die Berliner in der 90. Minute zum 2:2 aus, dann erzwangen die Gastgeber durch einen Treffer in der 120. Minute das Elfmeterschießen, in dem nur HSV-Profi Ransford Königsdörffer verschoss.
Ein schmerzhaftes Ausscheiden für die Hanseaten, die sich hinterher nicht ganz einig waren, wie das sportliche Abschneiden zu bewerten sei. „Wir waren eigentlich schon im Ziel, haben dann aber in einer Situation nicht so konsequent agiert, wie in den Situationen davor“, sagte Trainer Tim Walter über das Gegentor zum 3:3, als der alles überragende Herthaner Fabian Reese neben seinem Doppelpack noch zu einem Assist kam.
HSV hadert mit Pokal-Gegentoren
In dieser Situation war es der mutmaßlich fehlerhaft ins Abwehrzentrum eingerückte Youngster Nicolas Oliveira, der nach seiner Einwechslung eigentlich ein gutes Spiel machte und auch das Tor zum 3:2 einleitete, zum Ende der Verlängerung aber Reese zu viel Raum auf der Außenbahn gewährte. Dadurch konnte der schnelle Flügelstürmer, den Berlins Trainer Pal Dardai zum Nationalspieler entwickeln wolle, Tempo aufnehmen und war danach nicht mehr zu stoppen. Wie so häufig an diesem Mittwochabend.
Deshalb passt Walters Aussage auch wie eine Schablone auf das noch viel unnötigere Gegentor zum 2:2 in der regulären Spielzeit, als der völlig überforderte William Mikelbrencis über den Ball trat und Reese dadurch freie Fahrt für sein zweites Tor dieses denkwürdigen Pokalabends hatte. Auffällig ist allerdings, dass der HSV den mit Abstand besten Akteur auf dem Platz in beiden Situationen nicht doppelte. Wurde es also verpasst, Mikelbrencis und Oliveira die nötigen Hilfsmittel gegen einen qualitativ besseren Gegenspieler mit an die Hand zu geben?
HSV-Analyse: Meffert sauer, Boldt widerspricht
„Ich bin sehr emotional gerade, es tut sehr weh“, sagte Mittelfeldorganisator Jonas Meffert über das bittere Ausscheiden. „Als Spitzenmannschaft, die wir heute anscheinend nicht waren, darf uns das einfach nicht passieren. Hertha kommt zweimal über die Außen durch.“
Reese habe seiner Mannschaft „extrem wehgetan“, sagte Meffert, der vor allem mit den beiden späten Zeitpunkten der Gegentore haderte. „Einmal kann das passieren, aber nicht ein zweites Mal. Es war völlig unnötig. Ich weiß nicht, wie wir es geschafft haben, hier nicht zu gewinnen.“
Es waren deutliche Worte des Profis mit dem wohl höchsten taktischen Verständnis in der Mannschaft. Worte, die sein Chef in der Form allerdings nicht stehen lassen wollte. „Boah, Leute, wir haben hier 120 Minuten einen Pokalfight“, widersprach Sportvorstand Jonas Boldt. „Der Gegner hat Qualität auf dem Platz. Es ist natürlich maximal ärgerlich.“
Die Qualität hatte vor allem Reese, der situativ zu viel Platz für sein Spiel bekam. „So etwas gehört im Sport dazu, es war ein enges Spiel“, ergänzte Boldt. „Hertha hat alles nach vorn geworfen, solche Gegentore können passieren.“
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HSV-Kapitän Schonlau mit Lösungsansatz
Den analytischen Mittelweg wählte Kapitän Sebastian Schonlau. „Wir haben es uns ein Stück weit selbst zuzuschreiben“, sagte der nach einer dreimonatigen Verletzungspause zurückgekehrte Abwehrchef, dessen organisatorische Fähigkeiten für die richtige Positionierung seiner Nebenleute nach seiner Auswechslung in der 61. Minute fehlten. Die beiden späten Gegentore seien „kein Zufall“, sagte Schonlau, der sich in der Entstehung ein taktisches Foul gewünscht hätte. „Wir müssen cleverer sein und das Spiel früher unterbinden.“
Und so verpasste es der HSV, sich für einen guten Auftritt einer Mannschaft, die in der Form noch nie zusammengespielt hat, zu belohnen. Zumindest in dieser Sichtweise waren sich Beobachter und Protagonisten einig. Auch wenn am Ende mal wieder die Art und Weise der Gegentore im Fokus steht.
Die Statistik:
- Hertha: Ernst – Kenny, Gechter (23. Leistner), M. Dardai, Karbownik – Klemens, Zeefuik (61. Hussein) – Scherhant (46. Christensen), Niederlechner, Reese – Tabakovic (61. Prevljak).
- HSV: Raab – Mikelbrencis, Hadzikadunic, Schonlau (61. Ramos), Muheim – Meffert – Pherai, Benes – Jatta (71. Königsdörffer), Nemeth (72. Glatzel), Öztunali.
- Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)
- Tore: 1:0 Reese (21.), 1:1 Pherai (31.), 1:2 Benes (43.), 2:2 Reese (90.), 2:3 Königsdörffer (102.), 3:3 Kenny (120.).