Berlin. Die Hamburger müssen sich im Achtelfinale bei Hertha im Elfmeterschießen geschlagen geben. Königsdörffer wird zur tragischen Figur.

Matheo Raab ging immer wieder in die Hocke, um die richtige Spannung für eine mögliche Flugeinlage zu erhalten. Der reaktionsschnelle HSV-Torhüter bewahrte seine Mannschaft im Achtelfinale des DFB-Pokals bei Hertha BSC in der zweiten Halbzeit gleich mehrmals vor dem drohenden Ausgleich. Im Elfmeterschießen konnte der Pokaltorwart dann nichts mehr machen, obwohl er bei mehreren Elfmeter dran war. Der HSV verlor nach einem packenden Pokalabend mit 3:5 nach Elfmeterschießen. Nach regulärer Spielzeit stand es 2:2. "Leider gibt es solche Abende", sagte Raab nach dem Spiel.

Ausgerechnet der frühere Herthaner Ransford Königsdörffer verschoss als einziger Schütze im Elfmeterschießen. Zuvor hatte er in der Verlängerung noch das 3:2 für den HSV erzielt. Doch gegen den überragenden Fabian Reese fand der HSV keine Mittel. Hertha BSC zog somit ins Viertelfinale ein, in dem mit Mönchengladbach, Leverkusen und Stuttgart nur noch drei Bundesligisten vertreten sind.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Berliner dürfen sich zudem über eine Prämie von zusätzlichen 1,725 Millionen Euro für das Weiterkommen freuen. Die Runde der letzten acht wird am Sonntag ausgelost und am 30. und 31. Januar sowie 6. und 7. Februar 2024 ausgespielt.

Tim Walter rotiert auf sieben Positionen

Fünf Tage nach dem Derby auf St. Pauli (2:2) rotierte HSV-Trainer Tim Walter kräftig durch und brachte gleich sieben Neue. Die prominenteste Änderung: Kapitän Sebastian Schonlau gab sein Startelfcomeback nach einer fast dreimonatigen Verletzungspause und verteidigte an der Seite von Dennis Hadzikadunic. Im Angriff verzichtete Walter auf Torjäger Robert Glatzel, der von Andras Nemeth vertreten wurde. Auf dem linken Flügel begann der bislang glücklose Levin Öztunali. „Ich vertraue all meinen Spielern. Die Saison ist lang und drei Spiele in einer Woche sind nicht ohne. Das Derby am Freitag war auch anstrengend. Vor allem aber wollen wir den Mannschaftsgeist stärken“, sagte Walter vor dem Spiel bei Sky.

Trotz der vielen Wechsel zeigte der HSV die reifere Spielanlage, während Hertha versuchte, die Gäste im eigenen Strafraum durch Querpässe der beiden Innenverteidiger Marton Dardai und Linus Gechter zu locken. Aus dieser Idee resultierte auch die erste gefährliche Szene des Spiels, als Fabian Reese nach einer langen Ballstafette auf Linksaußen durchbrach.

Weil Bakery Jatta plötzlich stehen blieb, kam der momentan wohl beste Flügelstürmer der Zweiten Liga nach einem doppelten Doppelpass mit Florian Niederlechner und dem Pfosten gleich zweimal unbedrängt zum Abschluss. Und schon lag der HSV mit 0:1 zurück (21.). Pokaltorhüter Matheo Raab konnte nicht mehr eingreifen, nachdem er mit dem Knie von Herthas bulligem Angreifer Haris Tabakovic schmerzhaft zusammengeprallt war. Weil beide Spieler aktiv zum Ball gegangen waren, ließ Schiedsrichter Sascha Stegemann die strittige Szene weiterlaufen.

Königsdörffer wird gegen seinen Ex-Club zur tragischen Figur

Für kurze Zeit schien es, es würden die Hamburger erneut eine komplette Halbzeit verschlafen, wie schon so häufig in den vergangenen Auswärtsspielen. Dann aber reagierte Immanuel Pherai gedankenschnell, als er mit seinem zweiten Kontakt aus der Distanz fulminant zum Ausgleich traf (31.). Beim Torjubel übertönten die rund 15.000 mitgereisten HSV-Fans um den verletzten Anssi Suhonen im Gästeblock erstmals die bis dahin so lautstarke Berliner Ostkurve, die noch vor der Pause zunehmend leiser werden sollte.

Der HSV trat nun immer dominanter auf und erspielte sich mehrere hochkarätige Torchancen. Die beste verwertete Laszlo Benes, der nur noch abstauben musste, nachdem Hertha-Torwart Tjark Ernst Nemeths Kopfball nur noch in die Mitte abwehren konnte (43.). Walters stark veränderte Elf hatte das Spiel erfolgreich gedreht und einmal mehr Moral bewiesen. „Der HSV ist gut im Spiel“, sagte Ex-Torhüter Richard Golz zur Halbzeit. „Die zurückliegenden Wochen haben sie auswärts immer eine Halbzeit gebraucht, diesmal nur eine halbe Stunde.“

Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich die Partie zu dem Pokalfight, für den die 58.946 Zuschauer ins Olympiastadion gekommen waren. Erst zirkelte Benes einen Eckball an den Pfosten (49.), dann kratzte Raab einen Tabakovic-Kopfball aus dem Winkel (52.). Nur wenige Minuten nach Schonlaus abgesprochener Auswechslung (61.) düpierte Reese im Dribbling Außenverteidiger William Mikelbrencis, scheiterte aber an Raab (64.), der bei seiner Parade am Kopf getroffen wurde.

Der überragende Reese war nicht zu stoppen

Als die Schlussphase anbrach, durfte beim HSV auch Torjäger Glatzel sowie Ransford Königsdörffer für Nemeth und Jatta mitspielen. Ein mutiger und keinesfalls Ergebnis sichernder Wechsel ganz nach dem Geschmack des offensiv denkenden Walters. Tatsächlich sah es lange Zeit so aus, als würden die Hamburger den Vorsprung ins Ziel bringen. Dann aber startete der starke Reese nach einem verheerenden Fehler von Mikelbrencis einen letzten Versuch – und nagelte die Kugel mit einem Aufsetzer ins Eck zum 2:2 (90.).

In der Nachspielzeit rettete Raab seine Mannschaft mit einer weiteren Parade gegen Smail Prevljak in die Verlängerung, in der sich der HSV die Führung zurückeroberte. Nach einem öffnenden Diagonalball vom eingewechselten Nicolas Oliveira legte Glatzel quer auf Königsdörffer, der den Ball zum 3:2 nur noch über die Linie drücken musste (102.). Ausgerechnet der frühere Berliner, den die Hertha einst nicht mehr wollte. Doch auch dieses Tor reichte nicht. Hertha glich erneut in letzter Minute durch Jonjoe Kenny aus (120.).

Die Entscheidung fiel im Elfmeterschießen: Und dort versagten Königsdörffer dann die Nerven. Reese schoss die Hertha am Ende ins Viertelfinale.

Die Aufstellungen:

  • Hertha: Ernst – Kenny, Gechter (23. Leistner), M. Dardai, Karbownik – Klemens, Zeefuik (61. Hussein) – Scherhant (46. Christensen), Niederlechner, Reese – Tabakovic (61. Prevljak).
  • HSV: Raab – Mikelbrencis, Hadzikadunic, Schonlau (61. Ramos), Muheim – Meffert – Pherai, Benes – Jatta (71. Königsdörffer), Nemeth (72. Glatzel), Öztunali.
  • Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)
  • Tore: 1:0 Reese (21.), 1:1 Pherai (31.), 1:2 Benes (43.), 2:2 Reese (90.), 2:3 Königsdörffer (102.), 3:3 Kenny (120.).

Mehr zum Thema: