Hamburg. Der frühere Berliner Trainer findet vor dem Pokalspiel klare Worte für den Hauptstadtclub – und verrät sein HSV-Geheimnis.

Markus Babbel war Balljunge im Münchner Olympiastadion, als Horst Hrubesch im April 1982 in der 90. Minute eines seiner berühmtesten Tore erzielte. Der HSV-Stürmer wuchtete einen Freistoß von Felix Magath in einer Manier in die Maschen, wie sie nur das Kopfballungeheuer aus Hamburg beherrschte. Das 4:3 in letzter Minute war das entscheidende Tor auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft des HSV. Der neun Jahre junge Babbel stand in einer Ecke des Stadions und jubelte. Innerlich. „Wäre ich laut gewesen, hätte ich eins auf die Rübe bekommen“, sagt Babbel 41 Jahre später und lacht.

Der kleine Junge von damals ist heute 51 Jahre alt und dem Abendblatt am Dienstagmittag via Zoom verbunden. In der 186. Ausgabe des Podcasts „HSV – wir müssen reden“ erzählt Babbel, was im Laufe seiner Karriere kaum jemand wusste: Der langjährige Abwehrspieler des FC Bayern München, der in der Nähe von München aufwuchs, ist HSV-Fan. Und das schon seit Kindesbeinen.

HSV News: Markus Babbel ist seit seiner Kindheit HSV-Fan

„Ich durfte mich nie outen. Der HSV war der große Rivale der Bayern. HSV-Fan zu sein ging bei uns gar nicht. Aber ich hatte immer schon so eine Liebe zum Norden. Ganz komisch. Ich bin auch schon immer Fan vom THW Kiel. Die Trikots des HSV mit den Nadelstreifen fand ich immer cool. Und es war eben auch eine großartige Mannschaft. Ich habe eine unheimlich hohe Leidenschaft dem HSV gegenüber und leide noch heute mit ihnen.“

Auch am Mittwochabend wird Babbel wieder mit dem HSV leiden, wenn die Hamburger im Achtelfinale des DFB-Pokals (20.45 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) beim Zweitligakonkurrenten Hertha BSC antreten. Babbel, der von 1992 bis 1994 beim HSV spielte und in der Saison 2010/11 die Hertha als Trainer zurück in die Bundesliga führte, hat im Duell seiner Ex-Clubs eine klare Präferenz: „Ich hoffe, dass der HSV das Spiel gewinnt“, sagt Babbel, der den Hamburgern nach wie vor als Fan verbunden ist.

Babbel stieg mit Hertha in die Bundesliga auf

Dass er für Hertha keine positiven Gefühle mehr verspürt, hat auch mit seiner Zeit als Trainer in Berlin zu tun. Trotz des souveränen Aufstiegs in seinem ersten Jahr wollte er die Hertha wieder verlassen. Doch der Club ließ das nicht zu. „Für mich begann ein Spießrutenlauf los vom allerfeinsten, weil man verlässt die Hertha nicht, sondern man wird von der Hertha verlassen. Es sind viele Unwahrheiten über mich erzählt worden. Die wollten mich einfach kaputt machen, aber das haben sie nicht geschafft, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass ich eine starke Persönlichkeit bin. Meinem Trainerdasein hat es natürlich brutal geschadet“, sagt Babbel rückblickend auf die Zeit. Nach einem Streit mit der damaligen Führung um Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz wurde Babbel im Dezember 2011 beurlaubt.

Dass Hertha in den vergangenen drei Jahren trotz des 375-Millionen-Euro-Investments von Lars Windhorst einen selten dagewesenen Absturz erlebte, hat Babbel nicht überrascht. „Man ist mit sehenden Auge ins Verderben gelaufen. Dämlicher kannst du ja gar nicht absteigen. Aus einer puren Arroganz und Überheblichkeit hat man es geschafft, einen Verein so herunterzuwirtschaften, dass du jetzt wirklich am Tropf hängst“, sagt Babbel. „Es war ein unfassbar unsympathischer Verein. Mir war es oft sehr peinlich, was da abgelaufen ist. Ich habe mich geschämt.“

Babbel hat seine Trainerkarriere beendet

Deutliche Worte von Babbel, der als TV-Experte mittlerweile bekannt ist für Klartext. Mit seiner Trainerlaufbahn hat er mittlerweile abgeschlossen. Er lebt mit seiner Familie in Viernheim bei Mannheim und will lieber zu Hause sein, als noch einmal eine Fernbeziehung führen zu müssen. „Es müsste schon viel passieren, dass ich noch mal Trainer werde“, sagt Babbel.

Ein Anruf des HSV könnte so ein Ausnahmefall sein. Schon 2010 hatte er sich vor seinem Job bei der Hertha mal mit der damaligen Vorständin Katja Kraus getroffen. Den Trainerjob beim HSV bekam dann aber Armin Veh. „Der HSV war immer ein Kindheitstraum. Ich hatte das große Glück, für diesen Verein spielen zu dürfen“, sagt Babbel.

Tim Walters Taktik schätzt der gebürtige Münchner sehr

Auf der Trainerposition im Volkspark sieht der Ex-Coach aber ohnehin keinen Handlungsbedarf. Babbel ist Fan von Tim Walter und dessen Fußball. „Er ist ein Typ mit klarer Kante. Entweder du liebst ihn oder hasst ihn. Ich finde ihn klasse. Er sagt, was er denkt. Dieses Weichgespülte ist nicht meins“, sagt Babbel.

Der HSV sei eine Mannschaft, die Fußball spielen will. „Das ist großartig. Sie wollen dominieren mit Ballbesitz, das liebe ich, das ist mein Spiel. Ich konnte eine Zeit lang den ganzen Müll nicht mehr anschauen. Dieses Hintenreinstellen und warten, bis der Gegner einen Fehler macht, finde ich grauenhaft. Der HSV muss aber noch gewissenhafter werden, ist noch zu oft zu sorglos.“

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Babbel verfolgt den HSV auch 30 Jahre nach seinem Gastspiel in Hamburg noch genau. Abgesehen vom alten Volksparkstadion („Das war furchtbar, wirklich ein grauenvolles Stadion“) findet er nur lobende Worte für den Club. Und es gibt nicht viele Themen, die Babbel positiv bewertet. Insbesondere die Nationalmannschaft sieht er sehr kritisch. Dass Deutschland im kommenden Jahr 28 Jahre nach dem Titel in England wieder Europameister wird oder ins Finale nach Berlin einzieht, hält der EM-Sieger von 1996 für ausgeschlossen. „Dafür fehlt mir jegliche Fantasie.“

Realistischer schätzt Babbel die Chance ein, dass der HSV im kommenden Sommer ein Finale in Berlin spielt. Das Finale des DFB-Pokals. So groß wie in dieser Saison war die Möglichkeit angesichts von nur noch sechs Bundesligisten, von denen vier im Achtelfinale gegeneinander spielen, weder für den HSV noch für Hertha BSC. Geht es nach Babbel, ist nach dem Ausscheiden des FC Bayern klar, welchem zweiten Herzensverein er die Daumen drückt. Babbels Schlusswort: „Ich würde lieber den HSV im Finale sehen.“