Hamburg. HSV wirkte im Derby angeknockt und leidenschaftslos. Dann aber stellte Walter um und die Führungsspieler ergriffen das Wort.

Nach den ersten 45 Minuten, als der HSV mit 0:2 im Derby beim Stadtrivalen FC St. Pauli (2:2) zurücklag, sahen die Gäste bereits wie der sichere Verlierer aus. Mit einer ähnlich leidenschaftslosen zweiten Halbzeit wären Diskussionen über die Zukunft von Trainer Tim Walter garantiert gewesen. Stattdessen bewies das Team wieder einmal Moral und kämpfte sich dank einer Leistungssteigerung zurück, die ihren Ursprung in einem Kabinenschwur fand.

„Wir haben uns selber gepusht“, erzählte Offensivspieler Immanuel Pherai über das intakte Innenleben der Mannschaft. „Der Trainer hat eine taktische Umstellung vorgenommen, aber danach kam alles von uns Spielern, weil wir wissen, dass es so wie in der ersten Halbzeit nicht geht.“

Fünf HSV-Profis halten emotionale Kabinen-Ansprache

Stürmer Robert Glatzel, Torwart Daniel Heuer Fernandes, Linksverteidiger Miro Muheim, der an der Schulter verletzte Vizekapitän Ludovit Reis und Kapitän Sebastian Schonlau, der nach seiner hartnäckigen Wadenverletzung erstmals seit Mitte September wieder in den Kader zurückgekehrt war, hielten jeweils eine emotionale Ansprache in der Kabine.

„Wir haben gesagt, dass noch lange nichts vorbei ist und wir wieder im Spiel sind, wenn wir ein Tor erzielen“, berichtete Glatzel über die gefallenen Worte. Der Angreifer, der in der ersten Halbzeit kaum Bälle bekam, lobte zudem Walters taktische Anpassung, indem er Flügelstürmer Jean-Luc Dompé, der das 1:2 vorbereitete, für den zentralen Mittelfeldspieler Lukasz Poreba brachte und den späteren Torschützen zum 2:2, Pherai, von den Außen ins Zentrum schob, wo seine Stärken besser zur Geltung kamen.

„Wir mussten umstellen, mehr nach vorne investieren und Mut zeigen“, sagte Glatzel, der seine Mitspieler wachrüttelte. „Wie ehrlich und direkt und trotzdem positiv wir in der Halbzeit gesprochen haben, das war schon gut.“ Die Wirkung der Halbzeitansprachen der Führungsspieler sowie der taktischen Umstellung sei mit dem Start der zweiten Halbzeit sichtbar gewesen, als der HSV binnen drei Minuten das Ergebnis egalisierte.

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Durch das furiose Comeback darf sich auch Walter als kleiner Gewinner fühlen. Statt über seine Person zu reden, sind nun die möglicherweise irregulären Tore des FC St. Pauli in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – sowie der Kabinenschwur des HSV.