Hamburg. Der Sieg gegen Fortuna Düsseldorf hat Trainer Walter noch nicht versöhnt. Der Aufstieg führt über die Aufsteiger.

Als sich Jonas Boldt und Bernd Hoffmann im Fall Douglas Santos vor einer Woche vor dem Landgericht trafen, erinnerten sie sich in einer Pause an das Spiel bei Wehen Wiesbaden vor fast genau vier Jahren. „Ach ja, Jonas David…“, sagte Hoffmann nach einem kurzen Gedächtnishinweis von Boldt.

Trotz einer 1:0-Führung und einer halben Stunde in Überzahl gab Tabellenführer HSV beim Tabellenletzten Wehen Wiesbaden in der Nachspielzeit noch den Sieg aus der Hand. Trainer Dieter Hecking hatte den jungen David in der 90. Minute eingewechselt, um den Vorsprung zu verteidigen.

Schlechte Erinnerungen an Wehen Wiesbaden

Doch dessen Defensivkopfbälle verursachten zwei Eckbälle. Einen davon köpfte David vor die Füße von Törles Knöll, der zum 1:1 abstaubte. Ein Tiefschlag für den HSV eine Woche nach dem furiosen 6:2 im Spitzenspiel gegen den VfB Stuttgart.

„Wir hatten vorher aber auch genug Chancen, das Spiel zu entscheiden“, sagte Boldt zu Hoffmann vier Jahre später auf dem Flur des Landgerichts. In jedem Fall waren es zwei verschenkte Punkte, die dem HSV neben weiteren Last-minute-Niederlagen am Ende den Aufstieg kosten sollten, während Wiesbaden nach 34 Spieltagen zurück in die Dritte Liga musste.

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Während Hoffmann noch im Laufe der Saison als Vorstandsvorsitzender freigestellt worden war, nimmt Boldt aktuell seinen fünften Anlauf, den HSV zurück in die Bundesliga zu führen. Nach dem 1:0-Sieg gegen den bisherigen Tabellenführer Fortuna Düsseldorf am Freitagabend steht der HSV selbst einmal mehr zu diesem Zeitpunkt der Saison an der Spitze. Punktgleich und nur aufgrund eines um einen Treffer schlechteren Torverhältnisses hinter dem Lokalrivalen FC St. Pauli.

Am kommenden Wochenende geht es wieder nach Wiesbaden, wieder an einem Sonnabend um 13 Uhr. Eine Anstoßzeit, zu der die Hamburger in den vergangenen Jahren nicht allzu gerne auswärts bei Aufsteigern oder kleineren Clubs gespielt haben. Wie aber bekommt der HSV die wiederkehrende Problematik in den Griff?

Dritter Versuch des HSV gegen einen Aufsteiger

Dass die Hamburger in Spielen wie gegen Düsseldorf eine andere Haltung an den Tag legen, ist nicht neu. Damit der Sieg gegen die Fortuna auch nachhaltige Wirkung hat, braucht der HSV nun einen Sieg in Wiesbaden. Es wird der dritte Versuch innerhalb von vier Wochen, einen Aufsteiger zu schlagen.

Vor allem vor zwei Wochen beim 1:2 in Osnabrück hatte der HSV wieder seine zweite Seite gezeigt, die Boldt nun schon im fünften Jahr versucht zu bekämpfen. „Es ist irgendwie auch ein bisschen menschlich, auch wenn es einen ärgert“, sagte Boldt am Freitag nach dem Sieg gegen Düsseldorf. „Vielleicht war es ein Stück Erziehung, die Stellschrauben mal etwas anzuziehen.“

Spieler hoffen auf andere Trainingswoche

Trainer Tim Walter hatte in der Woche zuvor deutlich härter trainieren lassen als er es normalerweise tut. „Wir mussten unter der Woche ein bisschen leiden“, sagte Torhüter Daniel Heuer Fernandes, der bereits vor vier Jahren beim 1:1 in Wiesbaden im Tor stand und weiß, worauf es jetzt ankommt. „Wir wollen das Spiel mit der gleichen Energie angehen“, sagte der 30-Jährige über die gezeigte Reaktion. Und Jonas Meffert meinte: „Ich war die letzten Minuten völlig am Ende, andere auch. Ich denke, wir werden nicht jede Woche so trainieren. Aber jeder von uns weiß, dass wir es verdient hatten.“

Am Morgen danach glichen sich zunächst die Bilder vom Auslaufen. Walter begleitete seine Mannschaft beim Waldlauf wie schon nach der Osnabrück-Pleite auf dem Fahrrad durch den Volkspark. Doch anders als eine Woche zuvor kehrte das Team schon nach einer halben Stunde zurück.

Boldt spricht über sportliche Situation

Sieben Tage zuvor hatte Walter seine Spieler fast eine Stunde laufen lassen. „Das ist immer ein subjektives Empfinden der Spieler. Wenn es für sie zu hart ist, dann sollten sie etwas ändern“, sagte Walter unmittelbar nach dem Heimsieg gegen Düsseldorf. Der Trainer war noch immer spürbar sauer, dass ihn seine Mannschaft in Osnabrück hatte hängen lassen. „Es war etwas windig hier im Norden nach zwei Niederlagen“, sagte auch Boldt.

Ob der Wind endgültig abflaut, entscheidet sich nun vor der Länderspielpause in der Brita-Arena von Wiesbaden. „Es liegt nur an uns“, sagt Heuer Fernandes, hätte das „nur“ aber weglassen können. Denn auch im sechsten Jahr Zweite Liga bleibt es eine der größten Schwierigkeiten, dass die meisten Gegner den HSV noch immer als Spiel des Jahres empfinden und Kräfte mobilisieren, die in anderen Spielen nicht abgerufen werden.

Dompé als Beispiel für Walters Möglichkeiten

Diese Problematik wird den HSV weiter begleiten. Umso wichtiger ist es, dass Walter seine Spieler wahlweise auf der Bank lassen kann, um eine Reaktion hervorzurufen. So wie mit Jean-Luc Dompé. Der Franzose, der mit seinen Offensivqualitäten eigentlich nicht in die Zweite Liga gehört, wurde von Walter erfolgreich angespitzt.

Als Dompé gegen Düsseldorf nach einer Stunde für den schwachen Levin Öztunali kam, sorgte er mit seinen Tempodribblings für die entscheidenden Momente, die zur Gelb-Roten Karte gegen Matthias Zimmermann führten. „Diese Energie brauchen wir von allen“, sagte Heuer Fernandes. Vor allem am Sonnabend. Wenn der HSV aufsteigen will, muss er endlich einen Aufsteiger schlagen.