Hamburg. Welche Folgen der veränderte Kader hat, worauf der HSV Wert legt und wer noch gehen könnte. Kommt es in Karlsruhe zu einer Premiere?
Als Tim Walter die Profis des HSV am Donnerstag zum Training bat, fehlte Immanuel Pherai. Der Niederländer war am Mittwoch umgeknickt und hatte die Einheit mit einem dick bandagierten Knöchel abgebrochen. Tags darauf war nicht daran zu denken, dass der neue Spielmacher wieder Zweikämpfe bestreitet, weshalb er ein individuelles Programm im Kraftraum und auf dem Fahrradergometer abspulte.
Auch wenn der HSV hofft, dass es sich bei Pherai nur um eine kleine Blessur handelt, ist sein Einsatz am Sonntag gegen den Karlsruher SC weiter offen.
HSV-Kader ist breiter aufgestellt
Für mögliche Ausfälle wie diesen hat der HSV seine Kaderstruktur im Sommer verändert. Bei der Zusammenstellung der Mannschaft haben Sportvorstand Jonas Boldt und Profifußballdirektor Claus Costa den Fokus darauf gelegt, den Konkurrenzkampf zu erhöhen, indem Walter über mehr Optionen verfügt. Inzwischen ist jede Position mindestens doppelt besetzt (siehe Grafik).
Lediglich im defensiven Mittelfeld und auf der Position des Linksverteidigers sind die Hamburger zu dünn besetzt, weshalb noch zwei Neuzugänge kommen sollen. Denn die einzigen Alternativen sind momentan die beiden Talente Elijah Krahn und Nicolas Oliveira.
Beim Saisonauftakt gegen Schalke 04 (5:3) kam Moritz Heyer in der ungewohnten Rolle links hinten in der Viererkette zum Einsatz. In Zukunft sollen Experimente wie diese vermieden werden.
HSV-Trainer Walter rotiert auf Flügeln
Die Erkenntnis, den Kader breiter aufzustellen, reifte vor allem in den beiden Relegationsspielen gegen Bundesligist VfB Stuttgart. Mit ihrer hochgradig besetzten Ersatzbank um Topspieler wie Silas und Tiago Tomas konnten die Schwaben jederzeit Einfluss auf das Spiel nehmen, während der HSV-Coach mit Ransford Königsdörffer nur einen torgefährlichen Spieler einwechseln konnte.
Zwei Monate später brachte Walter gegen Schalke die bisherigen Stammspieler Bakery Jatta und Torschütze Jean-Luc Dompé von der Bank. Eine Maßnahme, die untermauert, dass es auf den beiden offensiven Flügeln in dieser Saison keine klaren Stammkräfte mehr gibt. In seinen ersten beiden Jahren hatte Walter seine Startelf nur in Ausnahmefällen verändert. Nun ist der Trainer in der Lage, je nach den Qualitäten des Gegners abzuwägen, auf welche Außenstürmer er von Beginn an setzt.
Wohl dem, der solche Optionen hat. „Ich ziehe alle Hüte vor einer Mannschaft, die Jatta und Dompé einwechseln kann“, zollt Karlsruhes Trainer Christian Eichner der Kaderplanung des HSV Respekt, weshalb er zu der Erkenntnis kommt, am Sonntag „ganz klar in der Rolle des Herausforderers“ zu sein.
HSV-Premiere in Karlsruhe?
Sollte Pherai in Karlsruhe tatsächlich ausfallen, muss sich Eichner allerdings auf Jatta oder Dompé von Beginn an einstellen. Denn dann würde Allrounder Öztunali, der gegen Schalke auf linksaußen zum Einsatz kam, ins Mittelfeldzentrum rutschen.
Eine Rotation, die zugleich als Paradebeispiel für die neue Qualität im Kader dienen würde. Da neben Wackelkandidat Pherai Landsmann Ludovit Reis (Schulter) definitiv ausfällt, könnten die beiden für Walters laufintensives Spiel so wichtigen Achterpositionen beim KSC nur mit der zweiten Garde besetzt sein.
Eine Aufstellung, die jedoch weit entfernt von einer Notlösung wäre. Denn ein Mittelfeldduo bestehend aus Öztunali und Laszlo Benes wäre bei jedem anderen Zweitligisten wohl auch ohne Verletzte erste Wahl.
HSV-Kader: Die wichtigsten Entscheidungen
Insbesondere Benes, der in seiner Debütsaison immer wieder zwischen Startelf und Ersatzbank schwankte, will in dieser Saison den nächsten Schritt machen und konstanter werden. „Ich kenne die Vorlieben meiner Mitspieler, habe unser Spielsystem voll verinnerlicht und weiß, was das Trainerteam von mir verlangt“, sagte der Slowake auf der vereinseigenen Webseite hsv.de. „Diesbezüglich haben wir generell als Mannschaft einen Vorteil, weil viele Spieler schon länger zusammenspielen und eingespielt sind.“
Zur Analyse des HSV-Kaders gehört eben auch dazu, dass die wichtigsten Personalentscheidungen des Sommers keine Transfers, sondern verhinderte Transfers waren. Mit Robert Glatzel und Reis hat der Zweitligist zwei Leistungsträger gehalten, die jeweils eine Ausstiegsklausel besaßen.
Komplettiert wird die Achse durch Torhüter Daniel Heuer Fernandes, Jonas Meffert und Kapitän Sebastian Schonlau, der allerdings auch in Karlsruhe wegen eines Faszienrisses in der Wade ausfällt.
HSV-Profi David bald auf der Tribüne?
Dafür hat sich Innenverteidiger Dennis Hadzikadunic, der gegen Schalke wegen muskulärer Probleme gefehlt hatte, fit gemeldet. Der bosnische Nationalspieler wird voraussichtlich Stephan Ambrosius aus der ersten Elf verdrängen. Sobald auch Schonlau einsatzfähig ist, bliebe für Jonas David nicht mal mehr ein Platz im 20-köpfigen Kader.
Das Eigengewächs ist inzwischen nur noch Innenverteidiger Nummer fünf. Da Walter zulasten der Offensivoptionen kaum drei Spieler für das Abwehrzentrum auf die Bank setzen würde, zeigt sich an David, welche Härtefälle durch die neue Kaderbreite entstehen.
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Neben David gelten auch Ogechika Heil und Valon Zumberi als Wechselkandidaten. Auch andere Spieler wie Heyer dürften sich genau ansehen, auf wie viele Spielminuten sie tatsächlich kommen, und ihre Schlüsse daraus ziehen, ob sie den erhöhten Konkurrenzkampf annehmen wollen.
HSV-Kader: Wer geht noch?
Folgerichtig wird das noch vier Wochen bis zum 31. August geöffnete Transferfenster von dem einen oder anderen HSV-Spieler genutzt werden.
Bei David kündigte Walter bereits zum Wochenstart an, im Falle eines Wechselwunsches „eine Lösung zu finden“. Der breite Kader könnte sich also noch verkleinern. Auch das ist eine der Folgen der neuen Mannschaftsstruktur.