Hamburg. Der HSV hat die gesamte Vorbereitung mit Verletzungen zu kämpfen. Nun droht die komplette Innenverteidigung auszufallen.

Für einen kurzen Moment herrschte Erstligaatmosphäre in der ersten Etage des Volksparkstadions. Neun TV-Kameras und 36 Reporter hatten sich im Presseraum des HSV positioniert, um ihre Fragen zum Saisonauftakt gegen den FC Schalke 04 (Freitag, 20.30 Uhr) zu stellen. Eine für einen Zweitligisten bemerkenswerte Aufmerksamkeit, von der mindestens die Hälfte aller Erstligisten wohl nur träumen kann.

Doch bevor einer der Anwesenden den Anfang machen durfte, wollte Tim Walter „etwas loswerden“, wie er seine kurze Rede selber einleitete. „Ein guter Bekannter, Felix Magath, hat heute seinen 70. Geburtstag“, sagte der HSV-Trainer über die Vereinsikone. „Ich wünsche ihm nur das Beste, alles Gute, einen schönen Tag und weiterhin ein langes, langes Leben. Felix, du bist hier immer ein gern gesehener Gast.“

HSV-Abwehrsorgen vergrößern sich

Es waren nette Worte zum Auftakt der Frage-Antwort-Runde, die sich in den folgenden rund 23 Minuten allerdings nicht mehr um den prominenten Jubilar, sondern vielmehr um die sich durch die gesamte Vorbereitung ziehenden Personalprobleme drehen sollte.

Denn nach Kapitän Sebastian Schonlau (Wade) und Ludovit Reis (Schulter) drohen mit Miro Muheim (Wade) und Dennis Hadzikadunic zwei weitere als Stammspieler eingeplante Profis gegen Schalke auszufallen. Hinzu kommen die Langzeitverletzten Anssi Suhonen (Wadenbeinbruch) und William Mikelbrencis (Muskelverletzung/Hüfte).

Bei Linksverteidiger Muheim, der seit dem Trainingsstart noch nicht eine Einheit mit der Mannschaft absolviert hat, rechnen selbst die kühnsten Optimisten nicht mehr mit einem Startelfeinsatz. Er wird voraussichtlich von Moritz Heyer ersetzt werden. Weitaus schwerer würde dagegen das Fehlen Hadzikadunics wiegen.

HSV droht Hadzikadunic-Ausfall

Nach offiziellen Angaben des HSV hatte der bosnische Nationalspieler am Dienstag aus Gründen der Belastungssteuerung eine Pause eingelegt. Nachdem der Abwehrspieler aber auch am Mittwoch im Kraftraum geblieben war, räumte Walter nun muskuläre Probleme als Ursache ein.

„Weil er erst vor Kurzem ins Training eingestiegen ist, hat er durch die Müdigkeit einen leicht erhöhten muskulären Tonus“, sagte der Trainer, der eine ernsthafte Verletzung verhindern will. „Wir müssen aufpassen, dass nichts passiert.“

Wie wahrscheinlich ein Einsatz gegen Schalke ist, könne Walter nicht prozentual beziffern. „Es kann sein, dass es bis Freitag reicht. Er entscheidet gemeinsam mit den Medizinern, ob er spielt. Wenn er dazu bereit ist, wird er spielen“, sagte der HSV-Coach. „Wir werden aber definitiv am ersten Spieltag kein Risiko eingehen, weil wir seine Qualität auch in den nächsten Spielen brauchen.“

Die Zweikampfhärte von HSV-Profi Stephan Ambrosius (r.) ist plötzlich wieder gefragt.
Die Zweikampfhärte von HSV-Profi Stephan Ambrosius (r.) ist plötzlich wieder gefragt. © imago/PA Images

HSV-Abwehrsorgen: Profitiert Ambrosius?

Sollte es für Hadzikadunic nicht reichen, stünde Stephan Ambrosius als erste Alternative bereit. Der gebürtige Hamburger, der in der zurückliegenden Saison an den Karlsruher SC verliehen worden war, und dem beim HSV eigentlich keine Zukunft mehr prophezeit wurde, hat Jonas David in der internen Hierarchie überholt.

Bislang hat Ambrosius einen guten Eindruck in der Vorbereitung hinterlassen. Auf dem Platz gibt er lautstarke Kommandos und nimmt Walters Spielidee an. Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus. „Bei Stevo ist es so: Wenn man ein Jahr weg war, weiß man zu schätzen, was man hier hat“, sagt der Trainer, der in Zukunft wieder verstärkt auf Zweikämpfer in der Defensive setzen will. Also Spielertypen wie Ambrosius.

„Er war schon immer ein sehr guter Zweikämpfer, könnte mit dem Ball aber noch besser sein, als er es schon ist“, hebt Walter das Entwicklungspotenzial hervor. „Es ist schön zu sehen, dass er als Hamburger Junge sehr, sehr gern für diesen Verein spielt.“

HSV setzt auf Zweikämpfer wie Ambrosius

Tatsächlich verkörpert Ambrosius genau die Attribute, in denen sich der HSV verbessern will, damit der Aufstieg im sechsten Anlauf gelingt. „Ein Ansatz ist, mehr Konsequenz, Kompaktheit und Gier im Zweikampfverhalten an den Tag zu legen“, kündigt Walter einen veränderten Fokus an. Eine Zielsetzung, die auch im Interesse Magaths sein dürfte.

So könnte die Viererkette des HSV aussehen: Van der Brempt, Ambrosius, Ramos, Heyer