Hamburg. Wie weit sind der HSV und Schalke vor dem Zweitligaauftakt? Taktisch könnte das Duell der Schwergewichte interessant werden.
Am Freitag wird die blaue Beleuchtungsanlage im Volksparkstadion für eine beeindruckende Lichtershow sorgen, wenn der HSV den FC Schalke 04 (20.30 Uhr) zum Auftakt der neuen Zweitligasaison empfängt. Zwei Traditionsmannschaften, die noch immer nach Bundesligaglanz klingen, obwohl die Hamburger nun schon in ihre sechste Saison im Fußball-Unterhaus gehen und Schalke zweimal in den zurückliegenden drei Spielzeiten abgestiegen ist.
Beide Vereine haben als einzige den Aufstieg als Ziel ausgegeben und treffen nun gleich am ersten Spieltag aufeinander. Bei der Anzahl der Mitglieder liegt der HSV (97.000) noch deutlich hinter Schalke (174.000). Doch wie weit sind die Mannschaften aus sportlicher Sicht vor dem Kräftemessen der beiden größten Schwergewichte der Liga? Das Abendblatt hat einen Vergleich gezogen.
HSV – Schalke: Die Personallage
Torhüter Ralf Fährmann sollte bei Schalke eines der Gesichter der neu formierten Mannschaft sein. Doch der 34-Jährige hat die komplette Vorbereitung wegen eines Muskelfaserrisses verpasst. Gegen den HSV wird deshalb Neuzugang Marius Müller zwischen den Pfosten stehen. Hinzu kommt der Kreuzbandriss des neuen Innenverteidigers Leo Greiml, für den die Saison gelaufen ist.
Noch holpriger ist der HSV durch die Präparation gekommen, in der phasenweise elf Spieler fehlten. Kapitän Sebastian Schonlau und Linksverteidiger Miro Muheim haben die gesamte Vorbereitung verpasst und werden wohl auch bis zum Schalke-Spiel nicht rechtzeitig fit.
Neben Ludovit Reis (Kapselverletzung in der Schulter) wiegt auch der wochenlange Ausfall von William Mikelbrencis (Muskelverletzung in der Hüfte) schwer, der mangels Linksverteidiger Chancen auf die Startelf hatte. Anssi Suhonen (Wadenbeinbruch) steht Trainer Tim Walter frühestens im November wieder zur Verfügung.
HSV – Schalke: Die Vorbereitung
Auf Schalke ist die Stimmung schon wieder auf Champions-League-Niveau. Als hätte es den Abstieg nicht gegeben, fiebern die Fans der neuen Saison euphorisch entgegen. Seit der Rückrunde, die Schalke als Achter abschloss, herrscht eine Art Dauerrausch im Ruhrpott. Auch die Verantwortlichen werden nicht müde, die starke Bundesliga-Halbserie zu betonen, die den Gang in die Zweite Liga allerdings nicht verhinderte.
Was bei den Königsblauen etwas untergeht: Die Gesichter der Rückrunde kommen gegen den HSV gar nicht zum Einsatz. Fährmann fällt aus, und Moritz Jenz (Wolfsburg), Tom Krauß (Mainz), Alex Kral (Union Berlin) sowie Marius Bülter (Hoffenheim) haben den Verein verlassen. Dadurch wirkt der Eindruck trügerisch, den Schwung aus der Rückrunde mitnehmen zu können. Beim jüngsten Test gegen Twente Enschede (2:2) offenbarte Schalke einige Abstimmungsprobleme.
Davon sind allerdings auch beim HSV reichlich zu beobachten. Wegen der angespannten Personalsituation lief die Vorbereitung alles andere als optimal. Den äußerst intensiven Einheiten im Kitzbüheler Trainingslager mussten einzelne Profis Tribut zollen. Ein Zeichen dafür, dass nicht nur die Sommerpause zu kurz war, sondern auch die Belastung zu schnell erhöht wurde. In den vier Testspielen holten die Hamburger zwar nur einen knappen Sieg gegen Sechstligist Verden (3:2). Die übrigen drei Gegner Pilsen, Salzburg und Glasgow waren allerdings auch von internationalem Format.
HSV – Schalke: Die Neuzugänge
Für Ron Schallenberg war Schalke bereit, zwei Millionen Euro an Paderborn zu überweisen. Der Mittelfeldabräumer geht als Schlüsselspieler in die neue Saison. Mit Lino Tempelmann (Freiburg/700.000 Euro) und Paul Seguin (Union Berlin/750.000 Euro) wurde das zentrale Mittelfeld verstärkt, auch wenn die Partie gegen den HSV für die beiden angeschlagenen Profis zu früh kommt. Der Ex-Bielefelder Bryan Lasme ist als Ergänzung zu den Topstürmern Simon Terodde und Sebastian Polter eingeplant.
Die größte Baustelle des Kaders bleibt allerdings bestehen, denn Schalke sucht einen neuen Abwehrchef, der über Tempo verfügen soll. Unions Timo Baumgartl gilt als Favorit auf die vakante Position, wahrscheinlich wird er noch vor dem Auftaktspiel verpflichtet. Als Alternative wurde der deutlich teurere Maxim Leitsch ausgemacht, den Mainz für zwei Millionen Euro abgeben würde.
Auch der HSV hat den Fokus auf schnelle und zweikampfstarke Defensiv-Neuzugänge gelegt. Zwei wichtige Eigenschaften für die Konterabsicherung, die seit der Dopingsperre für Mario Vuskovic nur noch teilweise funktionierte. Mit den neuen Innenverteidigern Dennis Hadzikadunic und Guilherme Ramos sowie Rechtsverteidiger Ignace Van der Brempt erhofft sich der HSV weniger Gegentore als die 45 in der vergangenen Saison. Immanuel Pherai und Levin Öztunali sollen die Offensive beleben.
Wo der HSV Neuzugänge sucht
Verpflichtet werden sollen noch ein Backup für Mittelfeldstratege Jonas Meffert (Magdeburgs Daniel Elfadli bleibt ein Kandidat) sowie ein neuer Linksverteidiger. Interesse hat der HSV an Michal Karbownik vom englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion.
Ein Spieler, der zuletzt an Düsseldorf verliehen war und an dem auch Schalke Interesse zeigte. Allerdings sind die Königsblauen vor dem Preisschild von 2,5 bis 3 Millionen Euro zurückgeschreckt. Das Geld, das dank der Transfereinnahmen für Bülter (3 Millionen Euro/Hoffenheim), Rodrigo Zalazar (5 Millionen Euro/SC Braga) und Marvin Pieringer (2 Millionen Euro/Heidenheim) vorhanden ist, soll für einen neuen Innenverteidiger eingesetzt werden.
Anders als vor zwei Jahren, als Schalke auch nach dem Saisonstart händeringend nach Abnehmern für seine Topverdiener gesucht hatte, gehören diesmal keine zu teuren Spieler dem Kader an. Stattdessen verfügt der Club mit Toptalent Assan Ouédraogo (17) über einen weiteren gefühlten Neuzugang, der das Potenzial hat, die größte Entdeckung der Saison zu werden.
HSV – Schalke: Die Taktik
Der in der Bundesliga defensiv spielende FC Schalke muss nun Lösungen gegen tief stehende Kontrahenten finden. Trainer Thomas Reis steht für hohes Pressing. Ähnlich wie beim HSV muss bei dieser Spielweise die Konterabsicherung gelingen. Erster Anläufer ist der frühere HSV-Torjäger Simon Terodde, der seine Qualitäten eher im Lauern auf Bälle im Strafraum hat.
„Ich habe es als Gegner mit dem HSV erlebt, wie es ist, gegen eine Mannschaft von Thomas Reis zu spielen. Man hat wenig Zeit am Ball, wird schnell gepresst“, sagt der Stürmer, der trotz seiner Kapitänsbinde nicht uneingeschränkt gesetzt ist. „Es ist eklig, gegen uns als zweikampfstarke Mannschaft zu spielen.“
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Wahrscheinlich wird der HSV am Freitag das Spiel machen und dabei von Schalke früh attackiert. Für die Hamburger ergibt sich die Problematik, dass die Defensivneuzugänge Zeit benötigen, um die Abläufe zu verinnerlichen. Im Normalfall müsste Trainer Walter seine Taktik anpassen, bis alle Neuzugänge bereit für sein kompliziertes System sind.
HSV – Schalke: Die Finanzen
Der fehlende Hauptsponsor sorgt bei Schalke am meisten für Unruhe und setzt Vorstandschef Bernd Schröder unter Druck. Zwei, drei Firmen haben zwar ihr Interesse bekundet, die Trikotbrust zu zieren, doch gegen den HSV wird der Club mit der Aufschrift „Schalke 04“ auflaufen.
Vergleichbare Sorgen hat der HSV nicht, der sich wirtschaftlich stabilisiert hat. Beim angestrebten Spieler-Etat wird Schalke auf knapp 20 Millionen Euro kommen und damit voraussichtlich unter dem Budget des HSV liegen, das höher als die 22 Millionen Euro aus der abgelaufenen Saison ausfallen dürfte.