Hamburg. Die Idee ist so konkret wie nie. HSV hat Arbeitsgruppe mit Fans gegründet. Wie ein Neubau in Altona finanziert und beantragt würde.

Am übernächsten Freitag ist es wieder so weit. Viele HSV-Fans werden mit der S-Bahn am Bahnhof Stellingen vorbeifahren und erst eine Station später in Eidelstedt aussteigen. Von dieser Haltestelle fahren zwar keine Sonderbusse direkt bis zum Volksparkstadion, in dem der HSV die neue Zweitligasaison gegen Schalke 04 (28. Juli, 20.30 Uhr) eröffnet. Dafür sind es von Eidelstedt nur noch 1,5 Kilometer zu Fuß entlang der Schnackenburgallee, an der sich ein stimmungsvoller Bierstand an dem anderen reiht.

Es ist der übliche Ablauf vor jedem Heimspiel, in Fankreisen auch „Vorglühen“ auf die Fußballparty im Volkspark genannt. Für viele Stadionbesucher gehört der gemeinsame Austausch über den HSV bei einem Kaltgetränk genauso dazu wie die 90 Minuten danach.

Ein Ritual, das längst Teil der Fankultur ist, und das in Zukunft einen neuen Standard erfahren könnte. Denn der HSV beschäftigt sich mit der groben Planung, eine Fankneipe oder ein Fanhaus in unmittelbarer Nähe zum Volksparkstadion zu errichten.

HSV-Fankneipe am Volksparkstadion? Die Details

Die Idee wird bereits seit rund zehn Jahren lose diskutiert, doch unter dem Vorstandsduo Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) ist die Umsetzung aktuell so nah wie nie zuvor.

So hat der Club nach Abendblatt-Informationen eine Arbeitsgruppe mit seinen Fans erstellt, die bereits mehrfach tagte. Dabei ging es vordergründig um die nach wie vor offenen Fragen nach dem optimalen Standort, die konkreten Öffnungstage und -zeiten, die Ausstattung des Objekts sowie den Einzug einzelner Abteilungen des HSV e.V..

Denn die Fläche soll multifunktional genutzt werden. „Wir besprechen gemeinsam mit Vertretenden unserer Vereinsgremien und der Fanszene verschiedene Varianten, um zu dem Projekt passende Sportangebote zu integrieren“, sagt Kumar Tschana, Geschäftsführer des e.V., dem Abendblatt.

Welche Abteilungen des HSV e.V. ziehen ein?

Zur Diskussion stehen unter anderem die Kneipensportarten Darts und Tischfußball sowie Skat, wodurch zugleich eine Problematik offenkundig wird. Denn momentan trainieren die Dartssportler im Alsterdorfer Roxie. Ein neuer Standort könnte zu einer längeren Anfahrt und damit zu Kündigungen führen. Gleiches gilt für die auf der Paul-Hauenschild-Sportanlage ansässigen Hobbysportler am Tischkicker. Einzig die sich in der Nähe vom S-Bahnhof Diebsteich treffenden Skatspieler stünden vor einem kurzen Umzug.

Im Gespräch ist aber auch, einen Tagungsort für alle Abteilungen des e.V. sowie einen politischen Talk über die Belange der Fans zu etablieren. Alle diese unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen, dürfte die wohl größte Herausforderung des Projekts sein.

„Eine Begegnungsstätte für HSV-Fans zu schaffen, ist für den gesamten HSV von großer Bedeutung und wird seit einigen Jahren in unterschiedlicher Intensität in Vereinsgremien, Fanszene und Mitgliedschaft diskutiert. Dabei gilt es, verschiedene Interessengruppen zu moderieren und die bestmögliche Lösung zu finden“, sagt Cornelius Göbel, Leiter Fankultur. „Die unterschiedlichen Bedürfnisse mit Blick auf eine passende Location sind in dem gesamten Prozess stets herausfordernd. Wir haben aber weiterhin große Lust und stecken voller Tatendrang, die Umsetzung zu konkretisieren.“

HSV-Fankneipe: Kauf in Eidelstedt platzte

Der HSV hat bereits mehrere Optionen für die Übernahme eines Gebäudes geprüft und dabei ein älteres Lagerhaus im Hamburger Stadtteil Lurup als Favorit ausgemacht. Das Objekt wurde bereits von Club-Verantwortlichen und einigen Fans begutachtet.

Letztlich platzte der Deal, weil der Besitzer das große Geld witterte und einen Verkauf an die Bedingung knüpfte, das Lagerhaus erst mehrere Jahre teuer an den HSV zu vermieten. Eine Forderung, die der Zweitligist nicht akzeptierte und die Gespräche abbrach.

HSV-Investoren sollen Neubau finanzieren

Wegen dieser Erfahrung sowie der fehlenden Auswahl und unterschiedlicher Interessen innerhalb des Vereins, die in einem Bestandsgebäude kaum berücksichtigt werden können, geht die Tendenz zum Neubau.

Da seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Kosten für Baumaterialien und Handwerker extrem gestiegen sind, würden die Ausgaben die Millionenmarke knacken und sich im niedrigen siebenstelligen Bereich einpendeln.

Eine Summe, die der HSV komplett mithilfe von Investoren stemmen möchte. In den noch ausstehenden Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern dürfte es daher auch um die Frage nach einem möglichen Mitspracherecht gehen.

HSV-Fankneipe? Bezirksamt erklärt Ablauf

Mit einem finalen Konzept, in dem alle offenen Fragen sowie die Finanzierung geklärt sind, ist nicht vor Ende 2024 zu rechnen. Sollte es dann zu einem Neubau kommen, müsste zudem das Bezirksamt Altona eingeschaltet werden. Das an der Jessenstraße 1-3 sitzende Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt der Hamburger Behörde würde über eine Genehmigung des Bauantrags entscheiden.

Im Vorwege müsste unter anderem ein Lärmschutzgutachten erstellt werden, um den Schutz der Anwohner zu klären. Ein bei einer Fankneipe oder einem Fanhaus nicht unwesentlicher Faktor.

Auch wenn es sich dabei um Zukunftsmusik im Konjunktiv handelt, steht schon jetzt fest, dass der HSV lediglich privates Gelände aufkaufen und bebauen dürfte. Denn öffentliches Gelände schließt das Bezirksamt für ein solches Vorhaben aus. „Für den Bau eines Gebäudes ist grundsätzlich ein Bauantragsverfahren erforderlich, im Rahmen dessen diverse Themen (Bauumfang, Art der Nutzung, Lärmschutz, Verschattung, etc.) geprüft werden“, sagt Mike Schlink, Pressesprecher vom Bezirksamt Altona auf Anfrage.

HSV braucht Schankerlaubnis für Fankneipe

Er weist zudem darauf hin, dass eine Schankerlaubnis für den Verkauf von Getränken zu beantragen sei. Ein Prozess, der nach Angaben der Stadt ein bis drei Monate Zeit in Anspruch nähme und 490 bis 590 Euro kosten würde. „Sofern der Bau einer (Fan-)Kneipe beabsichtigt ist, ist beim Bezirksamt ein Bauantrag hinsichtlich des Baus einer Schank- (nur Getränke) beziehungsweise Schank- und Speisewirtschaft (Getränke und Speisen) zu stellen“, ergänzt Schlink, der für den Ablauf der Genehmigung auf weitere Instanzen neben dem Bezirksamt aufmerksam macht.

„Im Rahmen des Bauantragsverfahrens wird grundsätzlich der gültige Bebauungsplan berücksichtigt. Je nach Bauprojekt sind neben dem Bezirksamt weitere städtische Institutionen einzubinden, gegebenenfalls muss auch der bezirkliche Bauausschuss beteiligt werden.“

Diese Antworten zeigen, dass es für den HSV noch viel zu besprechen gibt, bis das Projekt tatsächlich umgesetzt werden könnte. Einige HSV-Fans werden sich also vorerst weiterhin von Bierstand zu Bierstand entlang der Schnackenburgallee hangeln und dabei ein neues Thema besprechen: den Bau einer Fankneipe.