Kitzbühel. In Tirol sind neun U-20-Spieler des HSV dabei. Vor allem zwei Youngster überzeugen. Was Boldt und Walter jetzt verlangen.
Und plötzlich begann das Tuscheln unter den rund 150 HSV-Fans im St. Johanner Koasastadion. Zunächst fragten sich einige, wer denn dieser Mann mit dem Schnauzer sei, der so angeregt mit Sportvorstand Jonas Boldt auf der Trainerbank plaudert?
Als den Anhängern schnell klar wurde, dass es sich bei dem prominenten Gast um Sandro Wagner handelte, war die Neugierde endgültig geweckt, und die Fragen wurden nicht weniger. Was macht der frühere Star des FC Bayern im Trainingslager des HSV?
HSV-Talente in Sandro Wagners Fokus
Nun ja, zum einen kennt er Boldt seit dessen Praktikum bei den Münchnern, als Wagner zu Beginn seiner Karriere in der zweiten Mannschaft spielte. Zum anderen ist der Ex-Nationalspieler seit zwei Wochen Co-Trainer der deutschen U-20-Auswahl unter Ex-HSV-Coach Hannes Wolf. Ein Jahrgang, für den beim HSV nicht ein, sondern gleich drei Spieler infrage kommen. Tom Sanne, Nicolas Oliveira Kisilowski und Elijah Krahn (alle 19) zogen das Interesse Wagners auf sich.
Für seinen Besuch hatte sich der Münchner vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zahlreiche Informationen über die drei HSV-Talente eingeholt. Doch auch ohne seinen Spickzettel dürfte ihm aufgefallen sein, dass insbesondere Kisilowski einen guten Eindruck hinterlässt.
HSV-Talent Kisilowski überzeugt
Der auf beiden Seiten einsetzbare Außenverteidiger genießt beim HSV eine hohe Wertschätzung. In Kitzbühel überzeugt er links hinten in der Viererkette. Eine Position, auf der Trainer Tim Walter bislang den ein Jahr älteren Bent Andresen (20) mittrainieren ließ. Doch nun scheint Kisilowski seine Chance zu nutzen.
„Wir wollen ihn näher an die Profis heranführen“, sagt Boldt über den U-21-Spieler. „Er ist ein sehr fleißiger Junge, der gute athletische Voraussetzungen mitbringt. Er lernt viel, nimmt viel an und erhält unsere Unterstützung.“
Da sich Miro Muheim (Wade) noch im Aufbautraining befindet, kam Kisilowski in den Testspielen gegen Verden (3:2) und Viktoria Pilsen (3:3) über die volle Distanz zum Einsatz und überzeugte. Bestätigt er diesen Eindruck, könnte der HSV auf der Suche nach einem Linksverteidiger zu einer kostengünstigen Variante greifen, um Kisilowski nicht den Weg zu verbauen, bevor dieser überhaupt begonnen hat.
HSV-Talent Mikelbrencis entwickelt sich
„Jeder hat den Schlüssel zum Erfolg einer Karriere selber in der Hand“, sagt Boldt über die sieben HSV-Talente, zu denen auch Omar Megeed (17), Hannes Hermann (18), Felix Paschke (19), Luis Seifert (19), András Németh (20) und William Mikelbrencis (19) zählen. „Die Jungs bekommen die Unterstützung von uns, wir werden versuchen, sie heranzuführen. Talent alleine reicht nicht, aber harte Arbeit zahlt sich aus.“
Insbesondere Mikelbrencis scheint den Hinweis, hart arbeiten zu müssen, inzwischen besser anzunehmen. In Tirol wirkt der junge Rechtsverteidiger spritziger, mutiger und laufstärker als in der vergangenen Saison. Eine Beobachtung, die auch Walter gemacht hat. „Er hat Zeit gebraucht, um mit der Sprache und der Mentalität zurechtzukommen. Da sind die Franzosen etwas anders als die Deutschen“, sagt der HSV-Trainer, der in Mikelbrencis’ Debütsaison fehlende Konstanz bemängelt hatte.
„Willi ist nun mal ein bisschen Laisser-faire unterwegs, wodurch es schwierig für ihn ist, seine Mentalität anzupassen. Er hatte vielleicht auch Heimweh, inzwischen hat er sich aber super angepasst und beißt sich durch. So einem jungen Kerl muss man auch die Zeit geben, wenn er das erste Mal alleine in einem anderen Land ist.“
HSV-Talente: Walter verteilt Lob und Tadel
Zeit, die ihm der HSV gegeben habe. Walter bescheinigt dem vor einem Jahr für 700.000 Euro vom FC Metz verpflichteten Franzosen, im Sommer „einen großen Schritt“ gemacht zu haben. Nun scheint Mikelbrencis auf dem besten Weg, eine ernsthafte Alternative für den Trainer zu werden, nachdem er in seiner ersten Saison beim HSV nur sechsmal zum Einsatz kam.
„Natürlich können die Jungs noch einen Tick mehr dazulernen und etwas schlauer spielen, aber ich bin grundsätzlich mit der Bereitschaft, dem Einsatz und der Art und Weise, wie sie als junge Spieler etwas zurückhaltender auftreten, sehr zufrieden“, sagt Walter über seine Talente.
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Bei Spielformen pickt sich der HSV-Coach immer wieder die Youngster heraus, um sowohl Lob als auch Tadel zu verteilen. Am Donnerstag bekam Krahn die klare Ansprache zu spüren, nachdem er dem ballführenden Spieler entgegengelaufen war und dadurch in eine Pressingfalle tappte, die zum Ballverlust führte.
Eine Situation, die Walter gar nicht gern sieht und die auch Wagner gezeigt hat: Die HSV-Talente sind erst am Anfang ihres Weges.
Tim Walter hat Wechselkandidat Stephan Ambrosius die Tür für einen Verbleib geöffnet. „Er hat sehr viel dazugelernt und ist eine klare Option für uns“, sagte der HSV-Trainer.