Hamburg. HSV bemüht sich neben Sazonov auch um Castro-Montes, um die Abwehr zu verstärken. Doch der Belgier hat weitere Optionen.

Am Mittwoch kommen die HSV-Profis nach einem dreiwöchigen Urlaub wieder zusammen. Jeder Spieler erhält ein Zeitfenster, wann er für seine sportmedizinische Untersuchung im UKE sowie die Leistungstests im Volkspark erscheinen soll. Neben Immanuël Pherai und Guilherme Ramos, der nach seiner komplizierten Schulterverletzung noch nicht voll belastbar ist, wird noch ein dritter Neuzugang mit dabei sein, denn der HSV hat Levin Öztunali (27) verpflichtet.

Der Enkel von Uwe Seeler wird nicht der letzte Neuzugang bleiben. Verstärkt werden soll vor allem die Abwehr, die sich in der Rückrunde selten aufstiegsreif präsentiert hatte. Neben dem georgischen Innenverteidiger Saba Sazonov (21) hat der HSV nach Abendblatt-Informationen auch Interesse an Rechtsverteidiger Alessio Castro-Montes (26) vom belgischen Topclub KAA Gent.

Mit beiden potenziellen Zugängen stehen die Hanseaten bereits seit Monaten in Kontakt, also zu Zeiten, als der Bundesligaaufstieg noch möglich war.

HSV-Kandidat Castro-Montes war schon in Hamburg

Der Belgier Castro-Montes, der seinen klangvollen Namen seinem spanischen Großvater zu verdanken hat, soll schon zu persönlichen Verhandlungen in Hamburg gewesen sein. Auch wenn sein Karriereplan einen Wechsel zu einem Erstligisten vorsah, werden dem HSV gute Chancen eingeräumt, den Zuschlag zu erhalten.

Zurzeit prüft der Profi neben dem Hamburger auch mehrere Angebote aus der französischen Ligue 1, der italienischen Serie A und der zweitklassigen englischen Championship. In der nächsten Woche will er eine Entscheidung treffen, mit welchem Verein seine beiden Berater die Verhandlungen intensivieren sollen.

Sicher ist bislang nur, dass der ebenfalls interessierte FC Augsburg aus dem Rennen ist. Castro-Montes hat sich vor ein paar Wochen das Trainingsgelände des FCA angesehen, sich aber letztlich gegen den Bundesligisten entschieden. Weil er, wie schon Pherai, lieber zum HSV möchte?

HSV: Castro-Montes hat seinen Preis

Fest steht lediglich, dass der Abwehrspieler Gent trotz eines noch ein Jahr gültigen Vertrags in diesem Sommer verlassen wird, weil der Club auf Transfererlöse angewiesen ist. Der Verein des Georgiers Giorgi Chakvetadze (23), den der HSV im Winter 2022 für die Rückrunde per Leihe aus Gent verpflichtete, würde Castro-Montes wohl deutlich unter seinem Marktwert (3,8 Millionen Euro; Quelle: transfermarkt.de) ziehen lassen. Gent soll eine Ablöse von rund zwei Millionen Euro aufgerufen haben.

Eine Summe, die der HSV am Verhandlungstisch noch versuchen würde zu reduzieren. Das Geld scheint in jedem Fall vorhanden, und auch ein Blick in die Vergangenheit beim Wechsel von Linksverteidiger Miro Muheim für 1,5 Millionen Euro zeigt, dass der Zweitligist generell bereit ist, die Millionengrenze für einen Außenverteidiger zu überschreiten.

HSV treibt Internationalisierung voran

Die Hamburger sind finanziell gut aufgestellt, weshalb erstmals in den nun schon sechs Vorbereitungen auf die Zweite Liga kein Leistungsträger verkauft werden muss, um Neuzugänge zu refinanzieren. Sollten sowohl Sazonov als auch Castro-Montes zum HSV wechseln, würden beide Personalien die Internationalisierung des HSV weiter vorantreiben, die seit gut zwei Jahren intensiv verfolgt zu werden scheint.

Wurde in den ersten Zweitligaspielzeiten noch Wert auf deutschsprachige Führungsspieler wie die vor drei Jahren verpflichteten und bis auf Moritz Heyer längst nicht mehr im Volkspark spielenden Simon Terodde, Sven Ulreich, Toni Leistner und Klaus Gjasula gelegt, fanden in den zurückliegenden zwei Jahren zunehmend internationale Talente den Weg nach Hamburg.

Vor zwei Jahren waren es Mario Vuskovic (Kroatien), Muheim (Schweiz), Mikkel Kaufmann (Dänemark), Tommy Doyle (England), Chakvetadze (Georgien) und Torhüter Marko Johansson (Schweden). Einen Sommer zuvor lockte der HSV die Franzosen Jean-Luc Dompé und William Mikelbrencis sowie den Ungarn András Németh in die Zweite Liga. Schließen sich Sazonov und Castro-Montes diesem Weg an?

Warum Castro-Montes zum HSV passt

Der Belgier würde zumindest optimal zur ballbesitzorientierten Spielweise von Trainer Tim Walter passen, darin sind sich alle Experten einig. Castro-Montes ist ein vielseitig einsetzbarer Spieler, der alle Positionen der Viererkette sowie beide offensiven Außenbahnen besetzen kann. Am wohlsten fühlt sich der technisch versierte und dribbelfreudige Profi als Rechtsverteidiger.

Also dort, wo der HSV mit Heyer seine Schwachstelle in der abgelaufenen Rückrunde hatte. Dem einst aus Osnabrück geholten Defensivallrounder, der in Hamburg vom Innen- zum Außenverteidiger umgeschult wurde, wurden im Saisonendspurt und in der Relegation die Grenzen aufgezeigt. In Zukunft soll ein schnellerer Spieler seine Rolle einnehmen, der zudem seine Mitspieler besser in Szene setzen kann als Heyer. Denn mit dem weiterhin gesetzten Flügelstürmer Bakery Jatta besetzt bereits ein Profi die rechte Außenbahn, dessen Stärken nicht gerade im Flanken liegen.

Castro-Montes könnte die optimale Ergänzung zu Jatta sein. Der bei Standard Lüttich und Anderlecht ausgebildete Profi verteidigt aggressiv nach vorn und schaltet sich dauerhaft ins Angriffsspiel mit ein. Ihm wird ein hohes Spielverständnis nachgesagt. In Gent, wo er auch die Standards schoss, wurde er zuletzt häufig als linker Schienenspieler vor einer Dreierkette eingesetzt. Beim HSV könnte er wieder auf seine Lieblingsposition rechts hinten in die Viererkette rücken.

HSV-Kandidat Sazonov ein Führungsspieler

Möglicherweise agiert er dort bald an der Seite von Sazonov, der sich mit Georgien als Gruppensieger für das Viertelfinale der U-21-EM qualifiziert hat. Der Innenverteidiger gilt als absoluter Führungsspieler, dem Experten großes Potenzial bescheinigen. Unter Trainer Willy Sagnol debütierte Sazonov bereits für die A-Nationalmannschaft, die er perspektivisch als Kapitän anführen soll.

Wegen der wohl einmaligen Chance Georgiens, eine U-21-EM auszutragen, entschied sich der Verband aber, den zweikampfstarken und schnellen Verteidiger ein letztes Mal im Nachwuchs einzusetzen. Der Sohn eines Russen hatte auch ein Angebot der russischen U21 vorliegen, doch er entschied sich für das Heimatland seiner Mutter.

Wie Castro-Montes wollte der bis 2024 bei Dinamo Moskau unter Vertrag stehende Sazonov zu einem Erstligisten wechseln. Doch in Georgien gilt der HSV noch immer als Topadresse, weshalb es so aussieht, als nähme er den Umweg Zweite Liga in Kauf. Die Hamburger Viererkette könnte also perspektivisch von einem Deutschen (Sebastian Schonlau), einem Schweizer, einem Georgier und einem Belgier gebildet werden.