Hamburg. HSV-Aktionär einigt sich mit dem Club auf einen neuen Deal. Der Investor will seine Anteile erhöhen – wird die Rechtsform geändert?
Es ist rund zehn Monate her, dass Klaus-Michael Kühne mit einer E-Mail an seinen Presseverteiler für Aufsehen sorgte. „Kühne Holding AG bietet finanzielle Unterstützung von 120 Millionen Euro an“, stand im Betreff der Mail, auf die selbst der HSV nicht vorbereitet war. Kühne beschrieb ein „Zehn-Punkteprogramm zur Sanierung des Hamburger Traditionsvereins“. Der Logistik-Unternehmer bot darin unter anderem 25 Millionen Euro für die fällige Stadionsanierung, 20 Millionen für den Schuldenabbau und 20 Millionen für die Verstärkung der Mannschaft.
Sein Angebot knüpfte Kühne an mehrere Bedingungen, unter anderem die Erhöhung seiner Anteile an der HSV Fußball AG von aktuell 15,21 auf 39,9 Prozent. „Mit diesem Angebot möchte die Kühne Holding AG insbesondere die Nachhaltigkeit in der Entwicklung der HSV Fußball AG absichern und den soliden Grundstein für den schon lange angestrebten sportlichen Erfolg legen.“
HSV-Investor Kühne ist der zweitreichste Deutsche
Seit diesem 11. August 2022 ist beim HSV viel passiert. Ein monatelanger Machtkampf im Vorstand und anderen Vereinsgremien lähmte den Club über Monate, eine Hauptversammlung der Aktionäre eskalierte, und der zwischenzeitlich sicher geglaubte Bundesliga-Aufstieg wurde erneut verspielt. Eines aber ist trotz aller Turbulenzen rund um den HSV geblieben: Klaus-Michael Kühne, mit einem geschätzten Vermögen von 33,8 Milliarden US-Dollar der zweitreichste Deutsche, unterstützt seinen Lieblingsclub weiterhin.
Am Dienstag saßen die Gesellschafter bei der Hauptversammlung rund drei Stunden im Volkspark zusammen. Finanzvorstand Eric Huwer präsentierte die Zahlen des am 30. Juni endenden Geschäftsjahres und gab einen Ausblick auf die kommende Saison. Und dabei spielt auch Kühne wieder eine große Rolle.
Kühne-Darlehen soll später in Anteile umgewandelt werden
Der HSV verkündete am späten Abend das Modell: Demnach gibt Kühne dem Club ein neues Darlehen in Höhe von 30 Millionen Euro. Dieses soll dann später per „Wandelschuldverschreibung“ in weitere Anteile an der HSV Fußball AG übertragen werden. Bereits im April habe man sich auf diesen Deal geeinigt. „Dieses besondere Engagement der Kühne Holding AG im besten Interesse des Clubs garantiert im besonderen Maße die nachhaltige Entwicklung, erhöht die finanzielle Agilität und trägt mit Weitsicht zur effektiven Risikovorsorge unseres HSV bei“, sagte Huwer. Der Zinsatz soll bei 3,5 Prozent liegen, die Laufzeit des Darlehens gilt bis 2028.
Auch Kühne kommt in der Mitteilung zu Wort. „Meine Kühne Holding AG fühlt sich der HSV Fußball AG als einer ihrer maßgeblichen Aktionäre eng verbunden. Die Stärkung ihres finanziellen Fundaments ist uns ein besonderes Anliegen. Es wäre wünschenswert, wenn in größerem Umfang von verschiedenen Seiten Kapitalzuflüsse erfolgen“, sagte Kühne.
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Unmittelbar nach der Hauptversammlung der Gesellschafter tagte am Dienstag auch der Aufsichtsrat des HSV. Die Kontrolleure stimmten einstimmig für das Angebot, über das zuvor bereits die Aktionäre abgestimmt hatten. Mit dem Geld soll die finanzielle Basis des HSV weiter gestärkt werden. Auch der Kader soll mit Kühnes Hilfe verbessert werden. Damit das Darlehen später umgewandelt werden kann, bedarf es einer neuen Struktur.
Arbeitsgruppe Rechtsform plant beim HSV die Strukturreform
Daran arbeitet die Arbeitsgruppe Rechtsform um den Vizepräsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Papenfuß. Seit Monaten feilt der 68-Jährige unter anderem mit Sven Freese (Supporters Club), Patrick Ehlers (Beirat), Anne Gnauk (e. V.), Andreas Peters (Ehrenrat) sowie einem externen Experten an der Strukturreform. Ihre Idee: Bei der Mitgliederversammlung im Januar soll über den Rechtsformwechsel abgestimmt werden.
Weil der Vorstand um Jonas Boldt aber nicht auf das Ergebnis und die Umsetzung der KGaA warten kann, sollen die Kühne-Millionen schon früher fließen. Nun wurde schließlich bekannt, wie hoch die Summe sein wird. Ein Deal, mit dem der HSV ein deutliches Zeichen setzt. Kühne ließ sich bei der Hauptversammlung wie gewohnt von seinem Vertrauten Karl Gernandt vertreten. Die HSV-Verantwortlichen Boldt und Huwer hatten bereits im März persönlich das Gespräch mit Kühne gesucht und ihm ihre Pläne präsentiert.
Glatzel-Verlängerung soll erst der Anfang gewesen sein
Mit der Vertragsverlängerung von Robert Glatzel bis 2027 hatte Boldt am Montag bereits ein wichtiges Signal gesendet. Trotz des verpassten Aufstiegs will der HSV den Großteil seiner Mannschaft und seiner Leistungsträger zusammenhalten. Neben Glatzel soll auch Torhüter Daniel Heuer Fernandes bleiben. Der 30-Jährige, der am Dienstag von den Fans zum HSV-Spieler der Saison gewählt wurde, verfolgt nach wie vor das große Ziel, mit den Hamburgern in der Bundesliga zu spielen. Sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus. Der HSV befindet sich mit dem Torhüter in Gesprächen über eine Vertragsverlängerung.
Etwas schwieriger dürfte diese Mission bei Ludovit Reis werden. Der Niederländer will nach seiner dritten Relegationsniederlage in Folge den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen. Doch sein Herz hängt auch an Hamburg. „Ich kann nicht sagen, ob ich beim HSV bleiben oder gehen werde. Das ist eine sehr schwere Entscheidung und ich kann sie zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten“, sagte der 23-Jährige am Dienstag in einem Interview mit der „Hamburger Morgenpost“.
Reis kann den HSV in diesem Sommer per Ausstiegsklausel für eine Summe von 7,5 Millionen Euro verlassen. Doch selbst bei einer geringeren Ablöse könnte sich der ehemalige Barcelona-Profi mit dem HSV über einen Wechsel einigen.
Reis kann sich bei der U21-EM ins Rampenlicht spielen
Reis, der vor zwei Jahren ablösefrei zum HSV kam, kann sich bei der am 21. Juni beginnenden U-21-Europameisterschaft in Rumänien und Georgien vor den Scouts der nationalen und internationalen Topclubs ins Rampenlicht spielen. Auch der HSV wird mit seinen Scouts vor Ort sein. Nicht wegen Reis, sondern vor allem wegen potenzieller Neuzugänge. Bei der Suche nach Verstärkungen legt der Club seinen Schwerpunkt auf dem Transfermarkt weiterhin auf Spieler, die noch am Anfang ihrer Entwicklung stehen.
Der Schwerpunkt des HSV liegt aktuell auf der Innenverteidigung. Neben Kapitän Sebastian Schonlau soll künftig wieder ein Spieler der Kategorie Mario Vuskovic verteidigen. Mit dem Kroaten, den der HSV vor einem Jahr für drei Millionen Euro von Hajduk Split fest verpflichtete, können die Hamburger aufgrund des nicht vor Oktober beginnenden Doping-Prozesses vor dem Cas (siehe Text unten) in diesem Jahr nicht mehr planen.
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Grundsätzlich lag der HSV mit den Transfers wie dem von Vuskovic oder auch Reis aber richtig. Und so soll es auch mit der Hilfe von Kühne nicht wie 2016 darum gehen, vermeintliche Namen zu holen, sondern das Geld sinnvoll anzulegen und gleichzeitig den Kader aufstiegsfähig zu gestalten. Aus den Fehlinvestitionen wie denen in Alen Halilovic, Bobby Wood oder auch den Brasilianer Walace sollte nicht nur der HSV gelernt haben, sondern vor allem auch Kühne. Die kommenden Wochen werden das zeigen.