Hamburg. Die Hamburger Fans hatten bereits den Platz gestürmt in Sandhausen, aber Heidenheim schlug in der Nachspielzeit zurück und steigt auf.

Was für eine Dramatik, was für Bilder, was für ein brutales Finale für den HSV! Die Hamburger standen kurz vor dem Aufstieg in die Bundesliga, aber der 1. FC Heidenheim schlug in der neunten Minute der Nachspielzeit zurück und steigt durch den 3:2 (0:0)-Sieg bei Jahn Regensburg als Zweitliga-Meister in die Bundesliga auf. Tim Kleindienst sticht dem HSV und allen Fans mit seinem späten Tor ins Herz.

Die Hamburger Anhänger hatten in Sandhausen nach dem 1:0-Sieg bereits den Rasen gestürmt, aber das Spiel zwischen Regensburg und Heidenheim war noch nicht zu Ende. Dabei hatte der Stadionsprecher in Sandhausen schon den Aufstieg des HSV vermeldet. Doch schließlich schafften die Schwaben in Regensburg tatsächlich noch den Siegtreffer. Nach 90 Minuten hatte es noch 2:1 für Regensburg gestanden. Unfassbar!

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Für den HSV geht es zum vierten Mal in der Vereinsgeschichte in die Relegation. Dort wartet am Donnerstag im Hinspiel der VfB Stuttgart. "Wir haben so viele Rückschläge erlebt. Wir werden wieder aufstehen", sagte Sportvorstand Jonas Boldt. 66 Punkte reichen den Hamburgern nicht zum direkten Aufstieg. Das passierte bislang nur Eintracht Braunschweig 2017.

HSV-Fans stürmten schon den Platz und feierten

Doch für den HSV wird es sehr schwer, sich von diesem Rückschlag innerhalb von vier Tagen wieder zu erholen. Die Spieler erlebten nach dem Schlusspfiff, wie die Fans ihnen schon zum Aufstieg gratulierten. Am Ende lagen die HSV-Anhänger in Sandhausen auf dem Rasen und konnten es nicht fassen. "Glückwunsch nach Heidenheim. Jetzt schütteln wir uns kurz, aber dann geht´s weiter", sagte Trainer Tim Walter und versuchte, sich kämpferisch zu geben. "Wir werden morgen wieder aufstehen und angreifen. Wir haben nicht viel Zeit", so Walter. "Dieses Jahr werden wir unsere Chance nutzen."

Sogar Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher meldete sich nach diesem denkwürdigen Zweitligafinale zu Wort. "Knapper geht´s nicht. Schade. Jetzt mit voller Kraft in die Relegation. Viel Erfolg für die beiden Spiele", schrieb HSV-Fan Tschentscher bei Twitter.

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Und der HSV? "Man hat gestern ja schon einiges erlebt", sagte Boldt, der auch mit dem Schiedsrichter in Regensburg haderte. "Das ist maximal bitter. Elf Minuten Nachspielzeit? Das gab es in der gesamten Saison noch nicht." Boldt gab sich aber auch als fairer Sportsmann. "Das gehört zum Sport dazu. Ganz großes Kompliment an Heidenheim. Das haben sie sich über Jahre erarbeitet. Es zeigt, wenn man kontinuierlich eine Idee hat und immer wieder aufsteht, wird es irgendwann reichen", so Boldt. "Wir müssen jetzt die ganze Energie mitnehmen und aus der Relegation des vergangenen Jahres die richtigen Schlüsse ziehen."

Tom Mickel und Daniel Heuer Fernandes feiern bereits den sicher geglaubten Aufstieg. Es kam anders...
Tom Mickel und Daniel Heuer Fernandes feiern bereits den sicher geglaubten Aufstieg. Es kam anders... © Witters

Die HSV-Spieler verschwanden nach der Entscheidung in der Kabine. "Der Tag sollte heute schnell zu Ende gehen. Wir wussten, dass diese Situation entstehen kann. Wie sie entstanden ist, ist natürlich brutal", sagte Kapitän Sebastian Schonlau. "Aber egal was heute ist: Wir haben noch eine Chance. Wir werden es versuchen. Wir haben noch zwei Spiele. Wir werden uns drauf freuen."

HSV erwischte optimalen Start in Sandhausen

Der HSV erwischte in Sandhausen wie schon beim Auswärtsspiel zuvor in Regensburg einen optimalen Start. Vor allem auch dank Ransford Königsdörffer, der durch die Sperre von Bakery Jatta zum ersten Mal seit Wochen wieder in der Startelf stand. Der Flügelstürmer setzte sich auf der rechten Seite bis zur Grundlinie durch und flankte maßgenau auf den zweiten Pfosten.

Dort stand Jean-Luc Dompé unbewacht und traf mit einem wuchtigen Volleyschuss zum frühen 1:0 für den HSV (3.). Der langjährige HSV-Verteidiger Dennis Diekmeier hatte den Franzosen im Rücken übersehen. In der Blitztabelle war der HSV Bundesligist.

Hier geht es zur Einzelkritik:

Die rund 10.000 HSV-Fans unter den 15.000 Zuschauern im BWT-Stadion am Hardtwald feierten von Beginn an eine Party. Fast alle Hamburger Anhänger waren angelehnt an die Europapokalsieger von 1983 vor 40 Jahren in rot-weiß gekleidet und machten die Auswärtspartie zu einem Heimspiel für den HSV. Die gesperrten Ludovit Reis und Jatta waren auf der Tribüne ebenso dabei wie der wegen Dopings gesperrte Mario Vuskovic.

Für Laszlo Benes war die Partie allerdings früh vorbei. Der Slowake verletzte sich bei einem Torschuss in der 17. Minute am Oberschenkel und zeigte sofort an, dass es für ihn nicht weitergeht. Anssi Suhonen kam für ihn rein und war direkt Zeuge, wie Robert Glatzel seine erste Chance vergab. Nach einer feinen Flanke von Dompé setzte der HSV-Stürmer einen Kopfball aus kurzer Distanz knapp am rechten Pfosten vorbei (21.). Genauso wie Kapitän Sebastian Schonlau, der nach einer Suhonen-Flanke (28.) über das Tor köpfte.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Aber auch Sandhausens Janik Bachmann machte es nicht besser, als er völlig unbedrängt zum Kopfball kam. Der HSV hatte Glück, dass der Mittelfeldmann die beste Chance der Hausherren leichtfertig vergab. Die Hamburger ließen es in dieser Phase zu ruhig angehen. Sandhausen übernahm sogar kurzzeitig die Spielkontrolle, der HSV hatte zu viele Ballverluste und spielte seine Konterchancen nicht gut aus. Im Abschluss waren Suhonen und Glatzel zu eigensinnig.

Zur Halbzeit lief alles für den HSV

Kurz vor der Pause hätte Diekmeier sogar ausgleichen können, traf den Ball aber nicht richtig (45.+1). Auf der Gegenseite hatte Sonny Kittel seine erste Aktion, als er per Direktabnahme an Sandhausens Torwart Patrick Drewes scheiterte (45.+2). So ging es mit der 1:0-Führung in die Halbzeit. Weil Heidenheim in Regensburg zu diesem Zeitpunkt kein Tor erzielt hatte, durften die HSV-Fans vom Aufstieg träumen.

Im zweiten Durchgang fand der HSV zunächst wieder besser ins Spiel und drängte auf das zweite Tor. Heyer hätte aus 16 Metern beinahe zum 2:0 getroffen, traf aber nur den linken Innenpfosten (49.). Der HSV setzte nach und hätte nach einem Foul an Kittel durchaus Elfmeter kriegen können, stattdessen gab es Geld für Kittel wegen Reklamierens (50.).

Wenig später jubelten die HSV-Fans dann wie aus dem Nichts. Im Stadion machte die Botschaft aus Regensburg die Runde. Heidenheim lag mit 0:1 zurück. Alles lief jetzt für Hamburg. Und es wurde noch viel lauter, als Regensburg sogar mit 2:0 führte. So dicht vor dem Aufstieg war der HSV noch nie. Aber noch war eine halbe Stunde zu spielen. Und Heidenheim verkürzte auf 1:2.

Der HSV bekam natürlich mit, was auf den Rängen passierte, und war bemüht, Ruhe ins Spiel zu kriegen. Sandhausen gab sich nicht geschlagen und kämpfte, bis die Krämpfe kamen. Mit dem Aufstieg vor Augen wurden die Beine auch beim HSV schwerer – und die Pässe unsauberer. Es war jetzt ein reines Zitter- und Nervenspiel, wie so oft unter Trainer Tim Walter.

Sandhausen wollte sich mit Würde in die Dritte Liga verabschieden und kam vor allem durch Standards noch einmal vor das Tor. Und der HSV wurde immer nervöser. Die Hamburger kamen nur noch selten vor das Sandhäuser Tor. Glatzel verpasste eine Hereingabe von Dompé knapp (88.). Danach versuchte Walters Elf die Zeit von der Uhr zu nehmen.

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© Imago

Schiedsrichter Florian Badstübner pfiff das Spiel schließlich ab, aber der HSV musste noch warten, bis auch die Partie in Regensburg zu Ende war. Im Stadion verfolgten die Fans und die Spieler schließlich, wie Heidenheim den Siegtreffer erzielte. Was für ein Drama, das Erinnerungen an 2001 weckt, als Schalke 04 bereits die Meisterschaft feierte, aber die Bayern in Hamburg noch den Siegtreffer erzielten.

  • Sandhausen: Drewes - Diekmeier, Dumic, Zhirov, Diakhite - Bachmann, El-Zein, Calhanoglu, C. Kinsombi, Papela - Evina.
  • HSV: Heuer Fernandes - Heyer, David, Schonlau, Muheim - Meffert - Kittel (87. Krahn), Benes (19. Suhonen) - Königsdörffer (72. Bilbija), Glatzel, Dompé.
  • Tore: 0:1 Dompé (3.).