Hamburg. In Regensburg muss der HSV seine Abwehr- und Auswärtsschwäche in den Griff bekommen. Ein Entscheidender Faktor: Bakery Jatta.

Es war keine zwei Minuten her, dass Tim Walter einen Mannschaftskreis gebildet hatte, um intensiv auf seine Spieler einzureden. Doch nachdem der HSV-Trainer recht viele horizontale und wenig vertikale Pässe zu sehen bekam, unterbrach er die Einheit erneut.

„Was habe ich gesagt? Was sind eure Aufgaben?“, fragte Walter mit energischer Mimik. Immer wieder gestikulierte er in Richtung Tor und wiederholte, auf was es aus seiner Sicht ankomme, um einen tief stehenden Gegner zu bespielen: eine zielstrebige Offensive und schnelle Ballgewinne, wenn das Spielgerät mal verloren gehen sollte.

Es dürfte wenig überraschen, dass Walter für das Duell am Sonntag beim Tabellenvorletzten Jahn Regensburg (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) einen Gegner erwartet, der die Aufgabe mit Leidenschaft und Aggressivität, aber wenig Ballbesitz angehen wird.

HSV-Trainer Walter schaut Dritte Liga

Was hingegen überraschte: Für seine Spielvorbereitung hat sich Walter auch die eine oder andere Drittligapartie des FSV Zwickau angesehen, bei dem Regensburgs neuer Trainer Joe Enochs bis vor drei Monaten im Amt war.

„Es geht darum, analytisch alles vorzubereiten und da gehört die Dritte Liga dazu, wenn der Trainer dort vorher tätig war“, sagte Walter, der erst vor vier Wochen nach dem 0:2 in Kaiserslautern in Bezug auf den zwei Tage später spielenden FC St. Pauli gesagt hatte, nie die Zweite Liga zu schauen. Nein zur Zweiten, aber Ja zur Dritten Liga?

HSV: Wo nur Sandhausen schlechter ist

In jedem Fall sieht sich Walter bestens gerüstet für die Hürde Regensburg, wo der HSV in der vergangenen Saison das erste Mal nach drei missglückten Versuchen gewann – und das nur dank zwei Toren in der Nachspielzeit (4:2). Trotz des Trainerwechsels erwartet der HSV-Coach kaum Veränderungen im Spiel der Regensburger.

Auch Enochs habe mit Zwickau viel Wert auf Kompaktheit und lange Bälle gelegt, genauso wie es unter dem frisch beurlaubten Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic der Fall war. „Es sind Parallelen erkennbar. Wir sind gut vorbereitet auf den Gegner und wissen, was sie machen“, sagte Walter, der den Schwerpunkt in dieser Woche darauf legte, seine Spieler besser auf Defensivarbeit vorzubereiten.

17 Gegentore kassierte der HSV in den zurückliegenden acht Spielen. Schlechter war in diesem Zeitraum nur die Abwehrleistung des Tabellenletzten SV Sandhausen (18). Das Problem wird längst innerhalb der Mannschaft thematisiert, auch Walter hat sich darüber Gedanken gemacht. „Wir kritisieren intern und sprechen Fehler knallhart an“, sagt der Coach. „Wir haben zuletzt viele Fehler gemacht, aber das passiert. Wir arbeiten hart daran und versuchen alles, um solche Fehler abzustellen.“

Rückkehrer Jatta hilft HSV-Defensive

Wie aber soll das gelingen? Personelle Veränderungen schließt Walter aus: „Im Sport ist es wichtig, seinen Spielern zu vertrauen.“ Eine Möglichkeit, selber tiefer zu stehen, um die defensive Anfälligkeit zu minimieren, kommt für den von seiner offensiven Ausrichtung überzeugten Walter ebenfalls nicht infrage. „Für Zweifel herrscht definitiv kein Platz“, sagt der Coach. „Wir beschäftigen uns nur mit dem Positiven und sind sehr zielorientiert. Wir blicken nur nach vorn.“

Manchmal hilft allerdings auch ein kurzer Blick in den Rückspiegel, um Gefahren zu erkennen. So fiel beim jüngsten Heimspiel gegen Paderborn (2:2) auf, dass der Bakery Jatta (Gelbsperre) auf Rechtsaußen ersetzende Sonny Kittel deutlich weniger Wege nach hinten zurücklegte als der Gambier. In der Folge wirkte Rechtsverteidiger Moritz Heyer überfordert.

In Regensburg kehrt Jatta auf seine angestammte Position zurück, worüber sich nicht nur Heyer, sondern auch Walter freut. „Baka ist bei mir ein sehr wichtiger Part. Das merkt man in der Arbeit nach hinten und nach vorne sowie seiner Präsenz auf dem Platz. Ich finde, er hat sich noch mehr zu einem gestandenen Spieler herauskristallisiert“, sagt der 47-Jährige. „Das merkt man häufig erst, wenn er nicht auf dem Platz steht.“

Bakery Jatta (3.v.l.) kehrt nach abgesessener Gelbsperre zurück. Er soll HSV-Torjäger Robert Glatzel (2.v.l.) mit Bällen füttern.
Bakery Jatta (3.v.l.) kehrt nach abgesessener Gelbsperre zurück. Er soll HSV-Torjäger Robert Glatzel (2.v.l.) mit Bällen füttern. © imago/Christian Schroedter | imago/Christian Schroedter

Tim Walter kontert HSV-Auswärtsschwäche

Mit Jatta, aber auch Kittel, der für den diesmal gelbgesperrten Laszlo Benes ins Mittelfeld rückt, muss der HSV nicht nur seine Defensiv-, sondern auch seine Auswärtsschwäche überwinden, wenn die Relegation nicht doch noch in Gefahr geraten soll.

In der Fremde sind die Hamburger nun bereits sechsmal in Folge sieglos. Ein Trend, dem der gewohnt selbstbewusste Walter nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken will. „Wir sind immer noch Dritter in der Auswärtstabelle“, konterte der Coach. In dem Punkt hat er recht.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

  • SSV Jahn Regensburg: Urbig – Saller, Breitkreuz, Elvedi, Günther – Gimber – Caliskaner, Thalhammer – Singh, Owusu, Yildirim.
  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer, David, Schonlau, Muheim – Meffert – Reis, Kittel – Jatta, Glatzel, Dompé.