Hamburg. Katterbach wurde erfolgreich am Knie operiert. HSV-Arzt erklärt, wie es für ihn weitergeht und wie seine Comeback-Chancen stehen.
Am Dienstagnachmittag bekam Götz Welsch eine Nachricht von Peter Schäferhoff. Der Mannschaftsarzt des 1. FC Köln informierte den Mannschaftsarzt des HSV über den erfolgreichen Eingriff bei Noah Katterbach. Der von Köln nach Hamburg verliehene Linksverteidiger wurde in seiner Heimatstadt fünf Tage nach seinem Kreuzbandriss am linken Knie operiert.
Das Fußballjahr 2023 ist für Katterbach damit beendet. Rund acht Monate wird der 22-Jährige ausfallen. Aber: Die Chancen stehen gut, dass der U-21-Nationalspieler wieder sein körperliches Niveau erreicht wie vor der Verletzung.
HSV-Profi Katterbach: Prognose nach Kreuzband-OP
„Die Prognose für ihn ist sicher gut in dem Alter mit der Verletzung“, sagt Welsch, als er wenige Stunden zuvor im Podcast-Studio des Abendblatts sitzt. In der neuen Folge von „HSV – wir müssen reden“ erklärt der Mediziner des UKE den Heilungsverlauf nach einem Kreuzbandriss.
„Noah hatte Glück, dass er keinen anderen Schaden im Knie erlitten hat. Man muss ihm sicher die Zeit geben, um zurückzukommen und darf danach nicht erwarten, dass er in den ersten Spielen schon wieder bei einhundert Prozent ist“, sagt Welsch.
Warum Katterbach nicht in Hamburg operiert wurde
Rückblick: Beim Training am vergangenen Donnerstag bleibt Katterbach bei einer Drehbewegung im Rasen hängen und verdreht sich das Knie. Welsch bekommt von den Physiotherapeuten einen Anruf. Die beiden Teamärzte des HSV, Welsch und Wolfgang Schillings, sind beim Training nicht dabei, aber täglich im Wechsel für den HSV im Einsatz.
Noch bevor Welsch den HSV-Profi im Volksparkstadion untersucht, bekommt er von den Analysten die Szene im Video zugeschickt. „Ich hatte leider schon die Befürchtung, dass etwas Schlimmeres passiert sein könnte“, sagt Welsch nach Ansicht der Videobilder. Und so kam es dann auch. Die im UKE erstellten MRT-Bilder bestätigen die Vermutung: Kreuzbandriss.
„Die Diagnose hat mich sehr hart getroffen. Es ist aktuell schwer in Wort zu fassen, was ich empfinde“, schrieb Katterbach auf seiner Instagram-Seite. Am Dienstag postete er nach der Operation ein Bild aus dem Kölner Krankenhaus mit einem Daumen nach oben. Normalerweise werden die HSV-Spieler in Hamburg bei Karl-Heinz Frosch operiert. Katterbach entschied sich aber für Schäferhoff.
„Er kennt Peter schon seit Jahren kennt. Am Ende ist es die Entscheidung des Spielers“, sagt Welsch, der sich mit Schäferhoff zuvor eng abgestimmt hat. Unklar ist dagegen noch, wo Katterbach seine Reha bestreiten wird. Schließlich wird er noch bis Saisonende vom HSV bezahlt, gehört aber eigentlich dem 1. FC Köln. Womöglich wird er den Rehaort zwischenzeitlich auch wechseln. „Der Plan ist, dass er erst einmal zurückkommt“, sagt Welsch.
HSV-Profi Katterbach hatte Glück im Unglück
Bei 95 Prozent aller Kreuzbandrisse handelt es sich um das vordere Kreuzband. So auch bei Katterbach. Wäre das hintere Kreuzband gerissen, würde die Reha komplizierter verlaufen. Weil der Faserverlauf verletzt ist, muss sich der Chirurg lediglich entscheiden, ob er das Ersatzband aus der Semitendinosussehne aus der Kniekehle, der Patellasehne oder der Quadrizepssehne entnimmt. In jedem Fall soll Katterbach die Zeit erhalten, wieder vollständig fit zu werden.
„Es ist heutzutage schwer, dass die Spieler auch diese Zeit bekommen. Und dann weiß man leider schon, dass eben nicht 100 Prozent der Spieler wieder bei 100 Prozent landen“, sagt Welsch, der beim HSV schon viel Kreuzbandrisse erlebt hat. Zuletzt bei Tim Leibold, Stephan Ambrosius, Rick van Drongelen, Jairo und Nicolai Müller. Sie alle erreichten nach der Verletzung nicht mehr ihr vorheriges Niveau.
HSV hat Hoffnung bei Nemeth
Während der Kreuzbandriss nach wie vor die schwerste der häufigen Fußballerverletzungen ist, sind die Brüche heutzutage viel einfacher zu behandeln. Eine Woche vor Katterbach hatte sich auch Andras Nemeth eine schwere Verletzung zugezogen.
Der im Winter verpflichtete Stürmer aus Ungarn hatte sich ebenfalls im Training bei einer Drehbewegung verletzt. Unüblicherweise schon beim klassischen Aufwärmspiel 5 gegen 2. Diagnose: Bruch des Innenknöchels.
Eine seltene Verletzung, da in der Regel der Außenknöchel bricht. Das Glück im Unglück: Nemeth wird nach seiner Operation nicht lange ausfallen. „Die Verletzung ist nicht so schwer. Der Knöchel wurde stabilisiert mit zwei Schrauben. Ich denke, dass er in der Vorbereitung wieder einsteigen kann.“
HSV-Profis am Saisonende häufiger verletzt
Dass die beiden Verletzungen von Katterbach und Nemeth zu diesem Zeitpunkt der Saison passierten, ist zwar einerseits Pech, aber auch kein Zufall. „Es gibt Statistiken darüber, dass die Verletzungshäufigkeit am Ende der Saison am höchsten ist“, sagt Welsch.
Der HSV merkt das insbesondere durch die kleineren Verletzungen. Jonas Meffert schleppt sich seit Wochen mit Knieschmerzen durch die Spiele, Sebastian Schonlau und Jean-Luc Dompé litten an Sprunggelenksproblemen. Und auch der unzerstörbare Bakery Jatta bekam zuletzt Ibuprofen, um nach seiner Verletzung im Stadtderby in Magdeburg schmerzfrei spielen zu können.
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Im Alltag versuchen die HSV-Mediziner allerdings auf den Einsatz von Schmerztabletten wie Ibuprofen nach Möglichkeit zu verzichten. Laut einer kürzlich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichten Studie nehmen 54,2 Prozent aller Profifußballer regelmäßig Schmerzmittel ein.
Welsch hat aber eine andere Wahrnehmung der Entwicklung. „Der Trend geht auch wissenschaftlich im Sport dahin, möglichst wenig Ibuprofen oder Voltaren einzusetzen“, sagt Welsch. Stattdessen setzt auch der HSV-Arzt vermehrt auf Pflanzenstoffe wie Kurkuma oder Weihrauch. Aber auch Vitamin D und Omega drei seien gute Mittel.
HSV setzt auf Cannabis
Was nur wenige wissen: Auch Cannabis kommt beim HSV zum Einsatz. Cannabidiol, ein Phyto-Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf, wird von der Nationalen-Anti-Doping-Agentur als Wirkstoff akzeptiert. Welsch nutzt ihn für die Wundheilung und die Muskelregeneration in Form von Salben.
„Cannabis ist ein guter Wirkstoff, wenn er medizinisch entsprechend angewendet wird“, sagt Welsch.
HSV-Klinik kommt vor der EM
Moderne medizinische Methoden wie die Unterwassertherapie wird der Mannschaftsarzt des HSV auch im neuen Athleticum anwenden, das gerade auf dem Parkplatz vor dem Volksparkstadion entsteht. Der 15 Millionen Euro teure Bau soll im ersten Quartal 2024, rechtzeitig vor der Europameisterschaft, eröffnen.
„Die Spieler kommen dann aber noch schneller an eine optimale Diagnostik und eine optimale Therapie, um sie nicht schneller, aber vielleicht in einem noch besseren Zustand zurückzubringen.“
Für Katterbachs Reha kommt das neue Athleticum zu spät. Aber möglicherweise spielt er dann wieder für den HSV, wenn das neue Zentrum 2024 eröffnet.