Magdeburg. Nach der 2:3-Niederlage in Magdeburg steigt der Druck auf die sportliche Führung. Welches Problem der HSV nicht in den Griff kriegt.

Als die HSV-Profis nach der enttäuschenden 2:3-Niederlage beim 1. FC Magdeburg mit hängenden Köpfen zum Auswärtsblock schlichen, passierte Erstaunliches: Die Fans applaudierten. Keine Pfiffe, keine kritischen Rufe, stattdessen nur Aufmunterung.

Womöglich hatten die HSV-Anhänger noch nicht vergessen, dass ihre Mannschaft acht Tage zuvor mit dem 4:3-Sieg im Stadtderby gegen den FC St. Pauli dafür gesorgt hatte, dass die Fans eine angenehme Woche an ihrem Arbeitsplatz verbringen konnten. Den Applaus hatten sich die HSV-Spieler an diesem Nachmittag eigentlich nicht verdient.

HSV kann den Derbyschwung nicht mitnehmen

Und nach der bereits zweiten 2:3-Niederlage gegen den Aufsteiger aus Magdeburg in dieser Saison muss man festhalten: So hat die Mannschaft – im Gegensatz zu ihren Fans – den Aufstieg in die Bundesliga auch nicht verdient. Anstatt den Schwung aus dem Derbysieg mitzunehmen und den defensiv extrem anfälligen FCM von Beginn an unter Druck zu setzen, spielte der HSV uninspiriert und phasenweise pomadig.

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Nichts mehr war zu sehen von der Leidenschaft, mit der die Hamburger vor einer Woche St. Pauli in der zweiten Halbzeit in die Knie gezwungen hatten. Stattdessen ergab sich der HSV in der zweiten Halbzeit in sein Schicksal und kassierte am Ende erneut drei Gegentore.

Trainer Tim Walter gelingt es seit Wochen nicht, für defensive Stabilität zu sorgen. 41 Gegentore sind die meisten unter den ersten sieben Mannschaften in der Tabelle. Zuletzt waren es acht in drei Spielen. Zu viel für eine Mannschaft, die den direkten Aufstieg als klares Ziel für sich ausgesprochen hat. Und am Freitag kommt mit Paderborn die torhungrigste Offensive der Liga.

Fehlerhafte Positionierung in der HSV-Abwehr

Es ist eine Schwäche, die natürlich auch am Fehlen des gesperrten Mario Vuskovic liegt – aber nicht allein damit zu erklären ist. Die aber sehr wohl etwas zu tun hat mit der Spielweise des HSV. Wenn wie beim ersten Gegentor in Magdeburg im Moment des Passes von der Grundlinie beide Innenverteidiger im Strafraum fehlen, liegt das ganz offensichtlich an der fehlerhaften Positionierung der Abwehrspieler.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Dieses Risiko muss man einkalkulieren, wenn Walter der Trainer ist. Das weiß auch Jonas Boldt, der gar nicht darüber nachdenken will, auf der Trainerposition etwas zu verändern. Bislang hat es der HSV unter Walter auch immer wieder geschafft, nach Rückschlägen zurückzukommen. Weil Walter die Spieler auf seiner Seite hat – und die Offensive im Zweifel immer wieder ihre Tore gemacht hat.

Aber vier Spieltage vor Schluss hat der Club jetzt kaum noch Zeit, den Rückstand auf Platz zwei aufzuholen. Hinzu kommt: Auch in der Offensive hemmt nun der Schuh – zumindest in den Auswärtsspielen. Sowohl beim 0:2 in Kaiserslautern vor zwei Wochen als auch in Magdeburg war der HSV im Angriff völlig harmlos. Robert Glatzel leistet sich ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase eine Formschwäche. Er wird von den Außenspielern, insbesondere Jean-Luc Dompé, aber auch nicht mehr so bedient wie in der Hinrunde.

Die Geduld der HSV-Fans ist endlich

Man mag Walter zugutehalten, dass er Mut hat. In Magdeburg stellte er das junge Eigengewächs Elijah Krahn (19) als alleinigen Sechser für den gesperrten Jonas Meffert auf. Das hätten sich viele HSV-Trainer vor ihm nicht getraut. Und das honorieren auch die Fans. Doch die Geduld der HSV-Anhänger ist endlich, wenn auch im fünften Anlauf der Aufstiegstraum zu platzen droht. Da nützen auch die bislang geholten 56 Punkte nichts – immerhin so viele wie nie zuvor in den bisherigen fünf Zweitligajahren.

Was also tun, vier Spieltage vor Schluss? Darauf hoffen, dass Walter noch einmal die Kurve kriegt? Die Rufe nach Felix Magath werden in den sozialen Netzwerken bereits größer. Aber geben diese das Stimmungsbild aller HSV-Fans wieder?

Jonas Boldt wird die Trainerfrage in jedem Fall noch einmal für sich beantworten müssen. Schließlich geht es auch um seine eigene Zukunft über die Saison hinaus. Er hat mit seinen Transfers vor der Saison klar gemacht, dass für den HSV in dieser Saison nur der Aufstieg zählt. Soll dieser noch gelingen, darf der HSV sich so einen Auftritt wie in Magdeburg in jedem Fall nicht mehr erlauben.