Kaiserslautern. Bei 0:2 in Kaiserslautern wurde dem HSV seine eigene Spielweise zum Verhängnis. Manche Profis scheinen zudem außer Form.

Als die Spieler des HSV am Sonntagvormittag durch den Volkspark liefen, konnten sie möglicherweise in der Ferne die ersten Geräusche vom Millerntor hören. Es dürfte sich wie eine Bedrohung angefühlt haben. Schließlich hatte der Stadtrivale FC St. Pauli sechs Kilometer Luftlinie entfernt die Chance, dem HSV ganz nah zu kommen.

Am Ende des Nachmittags sorgte zumindest das Ergebnis vom Heiligengeistfeld für ein wenig Erleichterung an einem gebrauchten Wochenende für den HSV, an dem es in den Köpfen der Spieler schon ein wenig spukte. „Wir hatten heute Probleme mit der Spielweise von St. Pauli“, sagte etwa Sebastian Schonlau, der Kapitän des HSV, nach der 0:2-Niederlage am Sonnabend beim 1. FC Kaiserslautern. Ein freudscher Versprecher, der aber durchaus tief blicken lässt in die aktuelle Gefühlslage rund um den HSV. Oder mit anderen Worten: Die Angst ist zurück im Volkspark.

HSV News: Vorsprung auf St. Pauli schrumpfte zusammen

So sehr Trainer Tim Walter und seine Spieler sich seit Wochen darum bemühen, den in der Tabelle immer dichter kommenden Stadtrivalen zu ignorieren, so sehr ist St. Pauli bereits in den Köpfen der HSV-Profis präsent. Waren es nach der Winterpause noch 17 Punkte Vorsprung auf die Mannschaft vom Millerntor, könnte dieser am Freitag im direkten Duell auf drei Punkte schrumpfen.

HSV-Trainer Tim Walter hält an seiner Spielweise fest. Fällt ihm das irgendwann auf die Füße?
HSV-Trainer Tim Walter hält an seiner Spielweise fest. Fällt ihm das irgendwann auf die Füße? © Witters

Schonlau wird unmittelbar nach dem Schlusspfiff geahnt haben, was in dieser Woche in Hamburg los sein wird, und versuchte entsprechend verbal gegenzusteuern. „Wir müssen uns auf uns besinnen und nicht gucken, was geredet oder geschrieben wird. Wir haben nächste Woche ein richtig geiles Spiel. Da können wir uns drauf freuen, egal was heute passiert ist“, sagte Schonlau.

Zeitpunkt der Niederlage enorm ungünstig

Passiert war am Sonnabend die siebte Saisonniederlage des HSV. Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte sich der HSV nicht aussuchen können. Schließlich wird am Freitag im 109. Stadtderby auch das Selbstvertrauen eine große Rolle spielen. Davon war am Sonnabend auf dem Betzenberg aber nicht viel zu spüren. „Wir haben nicht die Lösungen gefunden und unsauber gespielt. Es waren viele Fehler. Wir müssen die Gründe finden“, sagte Schonlau nach der erneuten Auswärtsenttäuschung. Zum fünften Mal in Folge fand der HSV in der Fremde nicht zu seinem Spiel. Weil die Gegner wissen, wie sie Walters Mannschaft vor Probleme stellen.

Der Chefcoach und sein verlängerter Arm: Tim Walter mit Kapitän Sebastian Schonlau nach dem 0:2 gegen Kaiserslautern.
Der Chefcoach und sein verlängerter Arm: Tim Walter mit Kapitän Sebastian Schonlau nach dem 0:2 gegen Kaiserslautern. © Witters

Der FCK hatte sich offenbar beim Karlsruher SC abgeschaut, dass man den HSV vor allem mit langen Bällen und einer aggressiven Spielweise bezwingen kann. Und der HSV? Der machte auch in Kaiserslautern das, was er immer macht. Aber das macht er seit Wochen vor allem auswärts nicht mehr gut. Bezeichnend waren die beiden Gegentore, denen individuelle Fehler vorausgingen.

Ludovit Reis machte ein schwaches Spiel

Ausgerechnet Ludovit Reis, der neben Torwart Daniel Heuer Fernandes kon­stanteste Spieler der Saison, verlor vor den beiden Treffern von Terrence Boyd (72.) und Aaron Opoku (85.) den Ball. In der ersten Szene suchte der HSV wie immer trotz Gegnerdrucks nach der spielerischen Lösung von hinten heraus. Ein unsauberer Ball von Heuer Fernandes und eine falsche Entscheidung von Reis reichten, um das Spiel zu verlieren.

Schonlau reagierte gereizt bei der Frage nach einer möglichen Fehlerquelle durch die Spielidee. „Wir spielen dieses Spiel seit eineinhalb Jahren. So richtig viele Gegentore haben wir daraus nicht bekommen“, sagte Schonlau und verteidigte den spielerischen Ansatz. „Natürlich kann man sagen, spiel den Ball lang oder lass den Ball ins Aus. Es ist aber unsere Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen. Das ist unsere Identität. Davon werden wir kein Stück abweichen, egal ob wir mal ein Tor kassieren.“

HSV kassierte zuletzt zu viele Gegentore

In den vergangenen Wochen kassierte der HSV aber deutlich zu viele einfache Gegentore, die eben auch mit der Spielweise zu tun haben. Stürmer Robert Glatzel ließ nach der Niederlage gegen den FCK durchblicken, dass er sich in manchen Situationen weniger spielerische Lösungen wünschen würde. „Wir schenken uns die Tore selbst rein. Das darf nicht passieren. Wir müssen einfach den Ball nach vorne dreschen. Kaiserslautern macht es auch nicht anders“, sagte Glatzel, dem die Einfachheit vor allem des ersten Gegen­tores sichtbar nervte.

Auffällig war, dass dem HSV ohne Jonas Meffert, der aufgrund von Wadenproblemen kurzfristig ausfiel, die Stabilität fehlte. Aber auch mit dem Sechser hatte die Mannschaft in den Wochen zuvor – abgesehen vom 6:1 gegen das derzeit desolate Hannover 96 – nicht überzeugend gespielt. „Wir müssen aber als Mannschaft in der Lage sein, das aufzufangen“, sagte Schonlau. Doch dafür sind aktuell zu viele Spieler außer Form. Miro Muheim schwächelte erneut, Jonas David kam mal wieder bei einem Gegentor zu spät, Laszlo Benes fand kaum statt.

Mit Meffert und Moritz Heyer will der HSV am Freitag gegen St. Pauli nun die richtige Reaktion zeigen. „Hier braucht keiner den Kopf runterzunehmen“, sagte Schonlau. Auch Torhüter Daniel Heuer Fernandes sieht keinen Anlass zu Sorgen. „Welche Sorgen? Wir haben ein Spiel verloren. Wir glauben an unsere Qualität. Ich habe keinen Zweifel, dass wir St. Pauli schlagen werden.“ .